Französisch Backen Französisch Backen: Delikate Tartelettes aus Halle

Halle (Saale) - Zunächst muss die Formfrage geklärt werden. Wer Tartelettes backen will, braucht Tarteletteförmchen, klar. Das ist ja leider mitunter kompliziert bei Rezepten: Man will etwas nachbacken, aber hat nicht die passenden Formen parat. Mal soll es eine Tarteform mit herausnehmbarem Boden sein, mal eine Springform mit 26 Zentimetern Durchmesser, dann eine mit 28 Zentimetern. Nun also Tarteletteförmchen. Denn Aurélie Bastian, die in Schiepzig im Salzatal bei Halle lebende Französin und bekannte Bloggerin in Sachen französisch Kochen und Backen, zeigt uns in ihrer Küche, wie das feine Gebäck aus ihrem Heimatland gemacht wird. Die Rezepte hat sie längst im Kopf, denn gerade ist ihr zweites Buch erschienen - es widmet sich allein Tartes und Tartelettes.
Die sind viel unkomplizierter gemacht als gedacht, wie sich an diesem Backvormittag herausstellt. Und das fängt schon mit der Formfrage an. „Man kann nehmen, was man da hat“, sagt die Expertin, die am liebsten Tartelette-Ringe verwendet. Der Teig für eine Tarte entspreche etwa sechs Tartelettes. Die Formen können entsprechend ausgetauscht oder durch ähnlich große ersetzt werden - etwa Auflauf- oder Crème-brûlée-Formen. Nur: Bei größeren Formen verlängert sich die Backzeit.
Boden ist das Aufwendigste
Der Boden ist das Aufwendigste an den französischen Törtchen. Für Aurélie Bastians Basisteig werden Mehl, Butter, Zucker, Ei und Vanillemark verknetet, bis die Masse geschmeidig ist, dann wird ausgerollt und in der gefetteten Form platziert. Sehr praktisch: „Man kann den Teig im Voraus zubereiten, er lässt sich gut einfrieren“, sagt die aus der nordfranzösischen Region Lothringen stammende Bloggerin und Autorin, die inzwischen eine eigene Kochshow im MDR hat. Wichtig: Der Teig muss erst mit Hülsenfrüchten blindgebacken werden.
Und, so Aurélie Bastian: „Der Boden soll sehr dünn sein.“ Das sei auch der größte Unterschied etwa einer klassischen französischen Tarte aux pommes zum klassischen deutschen Apfelkuchen, bei dem der Teig deutlich dicker ist. „Der dünnere Boden ist die perfekte Ausrede für uns Franzosen, um viel Füllung zu essen - und auch ein Stückchen mehr zu schaffen“, sagt sie und legt ihr charmantes Lächeln auf. In Frankreich würden solche Tartes häufig zum Kaffeetrinken mit der ganzen Familie serviert - typisch sind zum Beispiel jene mit Äpfeln oder auch Tarte au chocolat beziehungsweise Tarte Mont Blanc mit einer Maronencreme.
Nun geht es denn auch an die Füllungen. Nichts leichter als das! Für Tartelettes mit Äpfeln werden die Früchte geschält und in Scheiben geschnitten. Auf den blindgebackenen Teig kommt eine Masse aus Crème fraîche, Ei, Zucker und Vanille. „Statt Crème fraîche kann man auch griechischen Joghurt nehmen“, sagt Aurélie Bastian, „der hat nur halb so viele Kalorien.“ Dort, wo sie herkommt, im Norden Frankreichs, sei die Tarte aux pommes mit solch einer Vanillecreme verbreitet.
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„Im Süden nimmt man stattdessen Apfelmus“, erzählt die Frau, die der Liebe wegen - ihr Mann ist Musiker der Staatskapelle Halle - vor sieben Jahren in die Nähe von Halle gezogen ist und in der Stadt ein Koch- und Backatelier betreibt. Dort zeigt sie Erwachsenen und Kindern, wie französische Küche geht. Aus ihrem viel geklickten Blog franzoesischkochen.de ist bereits im vorigen Jahr ein Backbuch über Macarons, das kleine, runde, bunte französische Gebäck, entstanden. Es hat sich inzwischen mehr als 30 000 Mal verkauft, wie der Verlag vermeldet. Und nun also die Tartes und Tartelettes. Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einer Tarte und einer Quiche? Im Grunde sind es doch beides französische Kuchen. Die Expertin erklärt: „Eine Tarte ist süß, eine Quiche salzig.“
Und dann verschwindet sie kurz in ihrem Garten mit den Worten „Ich hole noch den Rosmarin.“ Der wird für eine Variante mit Aprikose benötigt. Dafür kann die für die Apfeltartelettes verwendete Crème genutzt werden. Jedoch verfeinert die Mutter eines Sohnes, der mit Vorliebe vom Tarteteig nascht, diese eben noch mit den Kräutern. Rosmarin im Kuchen? „Klar. Kräuter sind nicht auf süß oder herzhaft festgelegt. Wir sind es nur so gewohnt“, sagt sie. Der Rosmarin wird in Sahne oder Milch gekocht, diese dann durch ein Sieb gegossen und mit der Crème verrührt. Auf den Teig, eine Aprikosenhälfte darauf („mit Haut, damit es nicht matscht“) und bei etwa 190 Grad Celsius in den Ofen - wie auch die anderen Tartelettes, deren Füllung gebacken wird.
Ähnlich edel kommen Himbeer-Lavendel-Tartelettes daher, deren Duft sofort Bilder vom Frühsommer in der Provence aufkommen lässt. Aurélie Bastian, die eigentlich studierte Sozial- und Heilpädagogin ist, greift nach einem Kochtopf, füllt ihn mit Milch - „sie sollte nicht zu fettarm sein“. Dann streut sie frische Lavendelblüten hinein, kocht das Ganze auf. Man kann auch getrocknete Blüten nehmen. Die Milch wird durch ein Sieb gegossen, mit verquirltem Eigelb und Zucker sowie etwas Stärke vermischt und nochmals gekocht - zum Eindicken. Später kommt die Füllung in den gebackenen Teig, die Himbeeren und einige Lavendelblüten drauf. Fertig.
Ab in den Kühlschrank
Doch was wäre eine bunte Tartelette-Kollektion ohne eine Sorte mit Schokolade? Wir machen uns an eine mit Salzkaramell, das man fertig kaufen kann. Das ist in Frankreich sehr geläufig. Es wird zur Hälfte ins Küchlein gefüllt, darauf eine Schokomasse, für die ein Teil Halbbitterschokolade in einem Teil Sahne im Wasserbad geschmolzen wurde. „Dann ab in den Kühlschrank damit“, so Aurélie Bastian.
Schließlich Variante fünf: Tartelettes mit frischen Pflaumen und Streuseln. Dafür werden einfach geviertelte Pflaumen auf den gebackenen Teig gelegt, mit Streuseln aus Butter, Mehl und Zucker bestreut und gebacken.
Als schließlich alle Tartelette-Sorten auf dem großen Küchentisch stehen, sagt die Französin, die sich Back- und Kochkünste selbst beigebracht hat: „Jetzt muss probiert werden.“ Hier die duftig-fruchtigen mit Himbeere und Aprikose, dort die satt-schokoladigen, süß-salzigen, und dann die herbstlich-saftigen mit Apfel oder Pflaume. Ein Traum! (mz)
Aurélie Bastians Blog im Internet: www.franzoesischkochen.de

