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Franckesche Stiftungen Franckesche Stiftungen: Eine Kammer voller Wunder

Von FRAUKE HOLZ 24.03.2011, 15:26

Halle (Saale)/MZ. - Vier Meter lang, 96 Zentimeter breit und 65 Zentimeter hoch - das sind die Eckdaten des Nil-Krokodils (crocodilus niloticus), welches in der Mitte des Bildes über dem Apothekentisch hängt. Das mit Holz und Stroh ausgestopfte Reptil kam vor 1741 aus Nordafrika in die Franckeschen Stiftungen und ist seitdem in der Kunst- und Naturalienkammer vor allem von seiner Bauchseite zu betrachten. Auf welchem Weg es kam und vor allem wer das Krokodil nach Halle gebracht hat, ist nicht bekannt. Allerdings wirft nicht nur die Herkunft des Krokodils Fragen auf. Viele der rund 3 000 Naturalien, Kuriositäten und Artefakte konnten noch nicht zweifelsfrei bestimmt werden. So auch einige der Totenmasken, die sich im Münz- und Wachsmaskenschrank, hier links im Bild, befinden. Sicher ist nur, dass sie von Personen aus dem pietistischen Umfeld stammen.

Heutzutage gilt die 300 Jahre alte Sammlung deutschlandweit als älteste und einzig original erhaltene ihrer Art. Im Zeitalter des Barock hingegen waren Kunst- und Naturalienkammern nichts Ungewöhnliches. Ende des 17. Jahrhunderts begann auch der Theologe und Pädagoge August Hermann Francke (1663-1727), unterstützt vom brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III., eine solche Kammer zu Unterrichtszwecken in seinem Waisenhaus einzurichten. Ziel war es, einen Mikrokosmos zu schaffen, um die "Wunder der Schöpfung" besser verstehen und untersuchen zu können.

Die Kammer ist in zwei Bereiche geteilt: Natur - Gegenstände natürlicher Herkunft - und Kunst - von Menschenhand gefertigte Dinge. Da die Sammlung immer weiter anwuchs, wurde 1736 der Kunstmaler und Kupferstecher Gottfried August Gründler (1710-1775) unter Vertrag genommen, um die Sammlung umzugestalten. Er ordnete die Objekte, katalogisierte sie und ließ 16 neue Schränke bauen, deren Bemalung Bezug auf den jeweiligen Inhalt nimmt.

Im Laufe der Jahre geriet die Sammlung zunehmend in Vergessenheit und verfiel. Seit nunmehr 20 Jahren arbeiten Wissenschaftler wieder daran, die letzten Geheimnisse des "Raritäten-Kabinetts" zu lüften.

Franckeplatz 1, Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr