1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Forschungsstipendium: Forschungsstipendium: Zwei Nachwuchswissenschaftler in Halle

Forschungsstipendium Forschungsstipendium: Zwei Nachwuchswissenschaftler in Halle

Von Peter Godazgar 21.05.2014, 19:52
Der hallesche Bibelwissenschaftler Stefan Schorch (Mitte) mit „seinen“ Stipendiaten: Jonathan Bourgel (links) und Jan Dusek
Der hallesche Bibelwissenschaftler Stefan Schorch (Mitte) mit „seinen“ Stipendiaten: Jonathan Bourgel (links) und Jan Dusek Felix Adler Lizenz

Halle (Saale)/MZ - Während die hallesche Humboldt-Professur für den Experimentalphysiker Stuart Parkin weltweit in Wissenschaftskreisen für Aufsehen gesorgt hat, ist die Ankunft zweier weiterer „Humboldtianer“ deutlich stiller verlaufen. Der israelische Wissenschaftler Dr. Jonathan Bourgel und sein tschechischer Kollege Dr. Jan Dusek forschen für neun beziehungsweise zwölf Monate am Uni-Institut für Bibelwissenschaften in den Franckeschen Stiftungen - allerdings „nur“ im Rahmen eines Humboldt-Stipendiums.

Aber was heißt schon „nur“? Auch das Humboldt-Stipendium gilt in Wissenschaftler-Kreisen als große Auszeichnung. Und so sieht der Dekan der Theologischen Fakultät, Prof. Stefan Schorch, die Entscheidung seiner neuen Kollegen, in Halle arbeiten zu wollen, auch als Ausweis für die Qualität der hiesigen Forschung.

Tatsächlich gehört ja gerade dies zu den Besonderheiten des Stipendiums: Deren Nutznießer dürfen ihre Gastgeber und Kooperationspartner völlig frei wählen. Dass sich Bourgel und Dusek für Halle entschieden haben, hängt indes wiederum mit Prof. Schorch selbst zusammen. Die drei kennen sich - auch weil sie auf eng verwandten Gebieten arbeiten. Sie beschäftigen sich mit der Religionsgemeinschaft der Samaritaner, genauer: mit deren Entwicklung seit den Anfängen. Noch genauer: Bourgel forscht zur Frage, wie sich die Religionsgemeinschaft in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten entwickelt hat; Dusek untersucht die Beziehungen zwischen dem nordisraelitischen Königreich von Samaria und den altaramäischen Königreichen in Syrien zwischen dem zehnten und achten vorchristlichen Jahrhundert. Ziel des Ganzen ist letztlich, auch die Geschichte des Judentums besser zu verstehen. Das gehe nur, wenn man danach frage, wie es von anderen gesehen wurde, erklärt Stefan Schorch.

Der Experimentalphysiker Stuart Parkin zählt zu den bedeutendsten Wissenschaftlern der Welt. Im April wurde er auf eine Humboldt-Professur an der Uni Halle berufen und zum Direktor am hiesigen Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik ernannt. Parkin setzt materialwissenschaftliche Grundlagenforschung in technologische Anwendungen um, so kreierte er unter anderem einen neuen Typ von Leseköpfen für Computerfestplatten. Auch aktuell arbeitet er an den Speicherformen von morgen. Zeichen seiner Kreativität sind rund 90 Patente, die er hält. Stuart Parkin wurde 1955 im britischen Watford geboren. Zuletzt arbeitete er an der Universität Stanford, Kalifornien, in unmittelbarer Nähe zum berühmten Silicon Valley.

Ins Menschheitsgedächtnis eingegangen sind die Samaritaner natürlich vor allem durch das berühmte Gleichnis aus dem Lukas-Evangelium vom barmherzigen Samariter. Heute bilden die Samaritaner die wohl kleinste Religionsgemeinschaft der Welt - weltweit gibt es nur 800, weiß Jonathan Bourgel. Und Stefan Schorch ergänzt: „Im Vergleich zu den Samaritanern bilden die Sorben ein Riesenreich.“

Das Stipendium sehen alle drei als große Möglichkeit: Als Wissenschaftler habe man ja inzwischen oft per Internet Zugang zu fast allen wichtigen Quellen. Umso wichtiger sei das gemeinsame Nachdenken, das mitunter erst zur Entwicklung neuer Fragen führe.

Das Humboldt-Stipendium führt die beiden Forscher zum ersten Mal nach Halle. Was sie bisher von der Stadt gesehen haben, gefällt ihnen sehr. Übrigens sind die Bibelwissenschaftler mit ihren Familien an die Saale gereist. Dusek hat drei kleine Kinder, das schlägt sich auf die Freizeitaktivitäten nieder: Der 35-Jährige hat jedenfalls mit seinen Kindern schon eine Rundfahrt mit dem Peißnitzexpress gemacht. Sein 34-jähriger Kollege, jüngst zum ersten Mal Vater geworden, will indes einen anderen persönlichen Pflichttermin abarbeiten: Als Beatles-Fan ist für ihn ein Besuch im Museum am Eselsbrunnen Ehrensache.