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Zukunft ungewiss Flüchtlingsaufnahmestelle im ehemaligen Maritim-Hotel Halle schließt

Von Michael Falgowski 16.11.2016, 21:55
Schon jetzt ist das ehemalige Maritim-Hotel am Riebeckplatz als Erstaufnahmestelle von Flüchtlingen kaum mehr genutzt.
Schon jetzt ist das ehemalige Maritim-Hotel am Riebeckplatz als Erstaufnahmestelle von Flüchtlingen kaum mehr genutzt. Holger John

Halle (Saale) - Die Zentrale Aufnahmestelle für Flüchtlinge im ehemaligen Maritim-Hotel soll März nächsten Jahres geschlossen werden. Das frühere Vier-Sterne-Hotel wird vom Land nicht mehr gebraucht, weil die Zahl der Asylsuchenden deutlich gesunken ist: Ende 2015, nach Eröffnung der Flüchtlingsunterkunft, waren hier etwa 640 Asylsuchende untergebracht, aktuell sind es 113.

335.000 Euro Miete kostet das Maritim-Hotel im Monat

Die Schließung der Unterkunft am Riebeckplatz beschert dem Land nun ein finanzielles Problem: Denn Sachsen-Anhalt zahlt inklusive Vorauszahlung auf die Betriebs- und Nebenkosten monatlich 335.000 Euro Miete an die Maritim-Hotelgesellschaft!

Weil aber der Mietvertrag bis September 2018 gilt, könnte das Land ab April mehr als sechs Millionen Euro an den Vermieter zahlen, ohne dass ein einziges Zimmer mit Flüchtlingen belegt ist. Um dies zu verhindern, soll nun verhandelt werden. „Das Ministerium für Inneres und Sport steht mit dem Vermieter der Liegenschaft im Kontakt. Es bleibt abzuwarten, ob und in welchem Umfang eine vorzeitige und einvernehmliche Beendigung des Mietverhältnisses möglich ist“, sagt Denis Vopel, Sprecherin des Landesverwaltungsamtes.

Der Vermieter indes hält sich bedeckt: „Sicher wird es zukünftig Gespräche geben, wie das Haus weiter genutzt werden soll“, sagt Gerd Prochaska, Geschäftsführer der Maritim Hotelgesellschaft

Übergangsnutzung des Maritim-Hotels dank Landesverwaltungsamt

Für einen kleinen Teil des Hauses ist indes bereits eine wenigstens vorläufige Nutzung gefunden: „Das Landesverwaltungsamt wird ab 1. Dezember Mitarbeiter unterbringen, so dass es eine Übergangsnutzung während des bestehenden Vertrages gibt“, sagt Vopel. Dabei handelt es sich offenbar um die Mitarbeiter des Referats „Rückführungsmanagements“, dessen Bildung Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) in der vergangenen Woche angekündigt hatte.

Vom DDR-Interhotel zum Vier-Sterne-Maritim-Hotel, zur Flüchtlings-Erstaufnahme-Einrichtung und nun zur Behördenaußenstelle, die Abschiebungen organisiert - das Hotel hat eine erstaunliche Wandlung erfahren. Doch wie soll es weitergehen? Wird das Maritim abgerissen? Maritim-Chef Gerd Prochaska blockt ab: „Da der Mietvertrag für drei Jahre abgeschlossen wurde, haben wir aktuell noch keine endgültige Entscheidung hinsichtlich der Nutzung der Immobilie getroffen.“

Stadt will Nutzung von leerstehendem Maritim-Hotel vorantreiben

Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) hat jetzt die Maritim-Gruppe aufgefordert, mit dem Land unverzüglich über eine Auflösung des Mietvertrags zu verhandeln. „Darauf wollen wir auch selbst in einem Gespräch hinwirken. Denn städtebaulich ist ein Leerstand des Gebäudes am Riebeckplatz nicht zu vertreten.“ Die Stadt habe ein großes Interesse an einer schnellen Nutzung des Areals.

„Ich favorisiere ein großes Hotel und Kongresszentrum; die Stadt braucht dringend weitere Hotel- und Übernachtungskapazitäten, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden.“

Zahl der Asylsuchenden hat im Saalekreis rapide abgenommen

Die Umwandlung des zwar sichtlich in die Jahre gekommenen, aber betriebenen Vier-Sterne-Hotels am Riebeckplatz in eine zentrale Anlaufstelle für Asylbewerber hatte deutschlandweit für Aufsehen gesorgt. Der Mietvertrag wurde vom Land unter großem Zeitdruck abgeschlossen. „Ab Mitte 2015 stand die menschenwürdige Unterbringung der Flüchtlinge im Vordergrund, so dass kurzfristig Unterkunftskapazitäten für die Erstaufnahme gebraucht wurden. Die Unterbringung in Zelten während des Winters sollte vermieden werden“, sagt Denis Vopel, Sprecherin des Landesverwaltungsamts.

Noch im Januar dieses Jahres kamen rund 3.000 Asylsuchende in einem Monat nach Sachsen-Anhalt. Heute sind es nur noch 400 bis 450. Sachsen-Anhalt will deshalb künftig nur noch zwei Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge betreiben, in Halberstadt und Stendal. Die Zahl der Plätze wird von derzeit 4.000 auf etwa 2.400 fast halbiert. (mz)