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Fernziel Bier-"Schwemme" Fernziel Bier-"Schwemme": Hoffnung: Endlich wieder ein echtes Halle-Bräu!

Von Detlef Färber 06.07.2018, 10:08
Noch ist es anderswo  gebraut und abgefüllt worden. Doch das Jubiläumsbier der althalleschen Sorte „Pelikan“ macht Appetit auf mehr.
Noch ist es anderswo  gebraut und abgefüllt worden. Doch das Jubiläumsbier der althalleschen Sorte „Pelikan“ macht Appetit auf mehr. Silvio Kison

Halle (Saale) - Der Vogel gilt als Symbol für Aufopferung - also noch für etwas mehr als das, was man heute Engagement nennt. Denn das Mythostier Pelikan nimmt keine Rücksicht auf sich und hackt sich selbst die Brust auf, um mit dem heraustropfenden Blut seine durstigen Jungen wieder zum Leben zu erwecken. Was insofern nicht zu Pelikans Nachteil war, als der Vogel es dank dieser mythologischen Empfehlung auf das Etikett von so manchem - nun ja - lebendig machenden Flüssigprodukt geschafft hat: auf Bierflaschen nämlich.

Jubiläumsbier aus der Schwemme heißt natürlich „Pelikan“

Und so heißt auch eine traditionsreiche hallesche Biermarke „Pelikan“. Oder sollte man sagen, hieß - denn bekanntlich ist das Thema Bier in Halle das reinste Trauerspiel (ohne Reinheitsgebot). Denn seit Jahrzehnten muss Halle alle seine Biere aus der Nähe und der Ferne herankutschen lassen und selbst die so genannten Festbiere werden anderswo gebraut und in der Saalestadt allenfalls mal abgefüllt.

Doch das soll sich mittelfristig ändern - worin eins der Ziele eines Vereins besteht, der sich um die Rettung eines kleineren einstigen Brauerei-Ensembles in der Stadt bemüht, der so genannten Schwemme. Dort wird gerade ein Jubiläum gefeiert, denn vor genau 300 Jahren war dem Haus das Brauprivileg erteilt worden. Aber was sind schon Privilegien, wenn man sich ihrer nicht bedient? Also wird dieser Tage bei diversen Anlässen ein Jubiläumsbier angeboten, das natürlich wieder „Pelikan“ heißt - wohl nicht zuletzt, weil das zum aufopferungsvollen Engagement der Schwemme-Retter passt. Und zu Leuten wie Henryk Löhr.

15-köpfiger „Schwemme“-Verein will Ensemble revitalisieren

Anfang der Woche hatte der an der Universität tätige Diplom-Archäologe Halles Geschichts- und Denkmalfreunde in den romantischen Hof gegenüber der Händel-Halle zu einer Veranstaltung der Reihe „Freiluftvorträge“ eingeladen und dabei informiert über die Baugeschichte des Ensembles, das lange nahezu in Vergessenheit geraten war - und ebenso Einblicke gewährt in die ehrgeizigen Pläne des derzeit 15-köpfigen „Schwemme“-Vereins.

Dazu gehören natürlich Kultur mit Theateraufführungen und Ausstellungen und - gleichsam um dies erst zu ermöglichen - auch immer wieder Arbeitseinsätze. Auf dem Programm stehen auch Begegnungen mit ehemaligen Bewohnern des Viertels, und für den 20. August, 15.30 Uhr, ist ein Ideencafé angesetzt. Denn Ideen sind hier nötig, aber zugleich ist vieles möglich, was hier vielleicht eher als anderswo verwirklicht werden könnte.

Eins dieser Ziele ist, dass in der Schwemme wieder Bier gebraut werden soll. Erst mittelfristig - ein Fernziel also, das frühestens in zwei bis drei Jahren umsetzbar ist - und bei dem auch nicht von großen Brau-Mengen die Rede sei, so Henryk Löhr.

Heimisches Bier stiftet Identität und wirbt auch für die Stadt

Also zumindest eine kleinere Bierschwemme? „Für den Eigenbedarf zunächst“, sagte der Mann vom Schwemme-Verein - und ließ sich und die Seinen beim Freiluftvortrag noch von der Historikerin Christine von Blankenburg, die einst zur Geschichte des Brauereiwesens promoviert hatte, motivieren. Insbesondere die hohe Symbolik der regionalen Bierherstellung oder gar des Exports von Brauprodukten machte die Referentin deutlich - sowie die Bedeutung, die die Bierherstellung für ihre Produzenten und Braustandorte hatte. Und womöglich wieder haben könnte?

Auch Stadtarchivar Ralf Jacob war beim jüngsten Termin in der Schwemme zugegen - und setzt ebenfalls Hoffnungen in das Projekt - nicht zuletzt in den Plan der Wiederbelebung der alten originalhalleschen Biermarke - denn: Auch das heimische Bier stifte und stärke einerseits „heimische Identität“, so Jacob. „Anderseits wirbt es auch für seine Stadt“. (mz)

Ein Ort mit Aura ist die Schwemme - und wird auch jetzt schon gelegentlich genutzt für Kultur und Geselligkeit. Doch es bleibt für Vereinsmitglieder wie Marcel Naumann noch viel zu tun, um die ehrgeizigen Ziele umzusetzen.
Ein Ort mit Aura ist die Schwemme - und wird auch jetzt schon gelegentlich genutzt für Kultur und Geselligkeit. Doch es bleibt für Vereinsmitglieder wie Marcel Naumann noch viel zu tun, um die ehrgeizigen Ziele umzusetzen.
 Silvio Kison