1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Fahrrad-Diebstahl trotz GPS: Polizei Halle machtlos bei Fahrradklau – Tipps für Radfahrer

Hallenser ärgert sich über Polizei Fahrradklau in Halle: Warum die Polizei auch bei konkreten Hinweisen teils machtlos ist

Eigentlich wollte Otto Behle Anfang Februar nur sein Feierabendbier genießen. Doch als der Hallenser am Abend das Lokal verließ, war sein Fahrrad weg. Dank GPS konnte er sein Rad zwar noch orten, und wusste ganz genau, wo es stand. Doch die Polizei war in seinem Fall machtlos. Wie er sein Fahrrad am Ende wiederfand und was er nun fordert.

Von Stephan Lohse Aktualisiert: 03.07.2023, 14:48
Sein Fahrrad wurde in Halle gestohlen - und trotz GPS-Ortung war die Polizei machtlos. Dieser Hallenser ist sauer auf die fehlenden Befugnisse der Polizei gegenüber Fahrraddieben - und nahm die Sache schließlich selbst in die Hand.
Sein Fahrrad wurde in Halle gestohlen - und trotz GPS-Ortung war die Polizei machtlos. Dieser Hallenser ist sauer auf die fehlenden Befugnisse der Polizei gegenüber Fahrraddieben - und nahm die Sache schließlich selbst in die Hand. Foto: Dirk Skrzypczak

Halle (Saale)/DUR – Beim Schutz seines Fahrrades ist der Hallenser Otto Behle (Name von der Redaktion geändert) gründlich. Zum Schutz seines E-Bikes hat er ein teures Schloss, das E-Bike-Display lässt er grundsätzlich nicht am Rad, und Teile, die leicht abzubauen sind, hat er mit Spezialschrauben geschützt. Doch manchmal hilft das alles nicht.

Anfang Februar wollte der 45-Jährige, der selbst im Fahrradhandel tätig ist, nach Feierabend noch mit Freunden ein Bier trinken. Sein Rad stand ordentlich gesichert vor dem Lokal, er selbst saß hinter der Scheibe, nur zwei bis drei Meter vom Rad entfernt.

Doch als er nach Hause wollte, war das Rad weg. „Man sitzt ja daneben“, ärgert er sich noch immer über die dreisten Diebe, die das Fahrrad und auch das geknackte Schloss mitgenommen hatten.

Fahrraddiebe in Halle: Opfer kann Rad per GPS verfolgen

Was die Täter aber nicht ahnten: Als Profi hatte Behle sein Rad mit einem GPS-Tracker versehen. Per Handy konnte er sein Rad auf wenige Meter genau orten und in der Kirchnerstraße lokalisieren. Der 45-Jährige rief sofort die Polizei, doch die Beamten konnten nichts machen. Denn das geklaute Rad stand nicht öffentlich einsehbar. So waren die Beamten machtlos. Hinzu kam, dass die Ortung zeitweise aussetzte.

Lesen Sie auch: GPS-Tracker fürs Fahrrad - Tüftler aus Halle wollen mit Fahrrad-Tracker durchstarten

„Am nächsten Tag ist es gewandert“, beschreibt Behle, wie es weiterging. In der Nacht wurde sein Fahrrad von der Kirchnerstraße in die nahe Streiberstraße transportiert. Wieder rief er die Polizei, doch wieder blieb sein Rad verschollen. „Die waren schon ein bisschen genervt“, schildert der Hallenser seinen Eindruck von der Arbeit der Polizisten. „Die sind vorn ins Haus rein, aber die können nichts machen.“

Die Streiberstraße in der Südlichen Innenstadt von Halle. In gleich zwei Häusern dieser Straße wurde das gestohlene E-Bike lokalisiert.
Die Streiberstraße in der Südlichen Innenstadt von Halle. In gleich zwei Häusern dieser Straße wurde das gestohlene E-Bike lokalisiert.
Foto: Stephan Lohse

Fahrradbesitzer macht Dieben Druck - so bekommt er sein Rad zurück

Also nimmt der Fahrrad-Profi die Sache selbst in die Hand. Im Viertel veröffentlicht er Zettel, zeigt den Dieben so, dass er sein Rad orten kann und nicht locker lässt. Das Fahrrad wechselt daraufhin noch einmal den Standort, in ein anderes Grundstück der gleichen Straße. Dann bekommt Behle einen Anruf: Er könne sein Fahrrad abholen – aber ohne Polizei.

Sofort macht er sich mit einem Begleiter auf den Weg – und tatsächlich steht sein Rad in einem Hinterhof an der Streiberstraße. Die Täter wollten die heiße Ware offenkundig loswerden. Nach insgesamt sieben Tagen hat er sein Rad zurück – allerdings beschädigt.

Lesen Sie auch: Knapp die Hälfte der Fahrradbesitzer gegen Diebstahl versichert

Die Diebe hatten den Rahmen angesägt, offensichtlich um den GPS-Tracker zu finden. Am Ende dauert es für den 45-Jährigen drei Monate, bis er endlich wieder mit seinem Rad unterwegs ist. Auch wenn sein Rad versichert war, für ihn überwiegt der Ärger.

Suche nach Fahrraddieben: An der Kellertür endet die Macht der Polizei

Die Polizei habe nicht einmal versucht, in den Hausfluren oder in den Kellern zu suchen, obwohl er dank GPS genau nachweisen konnte, dass sein geklautes Rad vor Ort war, sagt Behle im Gespräch. „Wenn man den Beweis per GPS hat, kann man doch mal klingeln“, findet er.

Für die Polizei Halle ist die Sache jedoch nicht ganz so einfach. Um eine Wohnung oder auch einen Keller zu durchsuchen, benötige es einen richterlichen Beschluss zu Durchsuchung der Wohnung. Hier müsse dann auch die Staatsanwaltschaft eingebunden werden, teilt die Polizeiinspektion Halle auf Anfrage mit.

„Die Durchführung der Maßnahmen ist nicht zuletzt von den tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten und konkreten Eigentumsverhältnissen im jeweiligen Einzelfall abhängig“, heißt es weiter.

Geklautes Fahrrad wiedergefunden? Unbedingt Polizei hinzuziehen

Wenn jemand sein gestohlenes Rad auf eigene Faust findet, empfehlen die Beamten, auf jeden Fall die Polizei zu informieren. „Dadurch kann man Missverständnisse umgehen und ermöglicht der Polizei den Täter zu ermitteln. Lassen sich die Eigentumsverhältnisse zweifelsfrei klären, wird das Fahrrad dem Inhaber übergeben. Möglicherweise wird zuvor eine Spurensicherung durchgeführt um Hinweise zum letzten Nutzer und somit möglicherweise dem Täter zu erlangen“, teilt die Polizei mit. Hier kommen zum Beispiel auch DNA-Tests zum Einsatz.

Lesen Sie auch: Die wichtigsten Schritte nach einem Fahrraddiebstahl

„In der Regel wird über eine Spurensicherung und -auswertung versucht, einen Tatverdächtigen zu ermitteln. Die Ermittlungen zu dem jeweiligen Tatverdacht müssen für jedes einzelne Fahrrad geführt werden. Dabei ist eine schlüssige Beweiskette erforderlich, um einen Tatverdächtigen bestimmte Straftaten zuordnen zu können. Dies ist eine große Herausforderung bei Eigentumsdelikten jeglicher Art“, so die Beamten weiter.

Jedes Jahr werden in Halle Tausende Fahrräder gestohlen - und kaum eines taucht wieder auf

In Halle kümmert sich eine spezielle Gruppe von Beamten aus dem Bereich „Eigentum/Betäubungsmittel“ speziell um Fahrraddiebstähle. „Die Stärke dieses Team orientiert sich an den aktuellen Fallzahlen“, teilt die Polizei zur Stärke dieses Teams mit.

Zudem arbeitet die Polizei im Bereich Prävention und berät Bürger, wie diese sich vor Fahrraddiebstahl schützen können. Weiter achten Streifenpolizisten vor allem nachts auf potenzielle Fahrraddiebe.

Allzu erfolgreich sind die Beamten dabei aber nicht. Vor allem E-Bikes sind im Visier der Diebe. Zwar sinkt die Zahl der gestohlenen Fahrräder seit 2020 leicht, doch die Aufklärungsquote lag im vergangenen Jahr weiter nur bei 8,6 Prozent.

So viele Fahrräder werden in Halle pro Jahr gestohlen

Jahr
erfasste Fälle
Aufklärungsquote
2019
2664
11,8 %
2020
2968
5,8 %
2021
2429
7,5 %
2022
1846
8,6 %

(Quelle: Polizeidirektion Halle)

Otto Behle kennt neben seiner eigenen Geschichte durch seinen Job auch unzählige andere Fälle. „Die kennen keine Skrupel mehr“, sagt er. Ein Verwandter von ihm habe beobachtet, wie Fahrraddiebe mitten in der Stadt am helllichten Tag unterwegs waren.

Einer habe mit der Flex die Schlösser aufgesägt, ein zweiter Täter die Räder dann in einen Transporter geräumt, den ein Dritter fuhr.

Fahrradklau in Halle: Gibt es regelrechte Hotspots der Diebe?

Behle glaubt zudem, die Polizei kenne das Täterklientel ganz genau. Als er sein Rad in der Streiberstraße abholte, hätten dort „Fahrräder ohne Ende“ gestanden. Er vermutet, dass auch da Diebesgut dabei war – ohne dass die Polizei dies unter die Lupe genommen habe.

Die Polizei Halle teilt dazu mit, dass es durchaus vorkomme, dass man dort, wo ein geklautes Rad gefunden wird, auch andere gestohlene Räder findet. Zu möglichen Hotspots der Diebe werde man sich aber nicht äußern.

Für Otto Behle bleibt am Ende vor allem Enttäuschung. Man könne heutzutage sein Rad so gut sichern, wie man will. Am Ende sei jedes Schloss für die Diebe zu knacken. Umso unverständlicher für ihn, dass die Polizei nicht schnell handeln könne. Er findet: „Es muss eigentlich mal was gemacht werden hier in Halle.“