Fachkräftemangel in Halle Fachkräftemangel in Halle: Ausländer füllen die Lücken

Halle/MZ - Die Ferien haben begonnen, die Schule ist vorbei. Für viele Schüler in Sachsen-Anhalt sogar für immer, denn sie haben ein Abitur, einen Haupt- oder Realschulabschluss in der Tasche. Die heiße Phase, in der zukünftige Azubis um jede Lehrstelle kämpfen, hat begonnen - sollte man jedenfalls meinen. Denn in Wirklichkeit sind es die Handwerksbetriebe, die sich in Zeiten des Fachkräftemangels händeringend um Nachwuchs reißen und deshalb gezwungen sind, völlig neue Wege zu gehen.
Im Honda-Autohaus Schmidt in Halle, das Kfz-Mechatroniker und Automobilkaufleute ausbildet, hat man inzwischen auf die angespannte Lage reagiert: Vor zwei Jahren nahm das Unternehmen das erste Mal an einem Austauschprogramm teil, das jungen Ausländern hier ein Praktikum ermöglichte. „Wir waren vom Engagement und der Leistung der jungen Leute dermaßen begeistert, dass wir seitdem verstärkt nach ausländischen Auszubildenden suchen“, sagt Mario Nowakowski, Prokurist in dem Autohaus. Obwohl sich die Firma auf Ausbildungsmessen in Deutschland präsentierte und für eine Lehre mit möglicher Übernahme warb, war die Resonanz eher schwach. Zudem fehlte den Bewerbern oft der nötige Biss. „Die Ausländer, die sich bei uns bewerben, bringen dieses Engagement mit“, so Olaf Schmidt, einer der Geschäftsführer.
So kommt es auch, dass momentan zwei junge Ungarn ein zweiwöchiges Praktikum in der Werkstatt an der Merseburger Straße absolvieren. „Wir sind mit der Leistung, die sie bis jetzt erbringen mehr als zufrieden. Am Ende ihres Praktikums werden wir ihnen womöglich einen Ausbildungsplatz anbieten“, so Schmidt.
Die beiden Nachwuchsmechatroniker, beide 27, stammen aus Veszprém, einer mittelgroßen Stadt im Nordwesten des Landes. „Mir gefällt es sehr gut hier. Deutschland bietet so viele Möglichkeiten, um meinen Traumberuf zu erlernen“, sagt Aniko Gal, die zuvor extra einen Deutschkurs besucht hatte. Ihr Freund Csaba Santa war in Ungarn durch Bekannte auf das Austauschprogramm aufmerksam geworden und hatte sich sofort beworben. Nun wohnen beide zusammen und hoffen, dass sie hier auch einen Ausbildungsplatz ergattern können.
Mögliche Konkurrenten sind die 15 000 jungen Menschen, die dieses Jahr in Sachsen-Anhalt die Schule beenden. Doch was sich erst einmal nach viel anhört, ist in Wirklichkeit nur ein Bruchteil der Zahl, die früher üblich war. „Vor zehn Jahren hatten wir in Sachsen-Anhalt noch etwa 40 000 Schulabgänger, von denen sehr viele ins Handwerk gegangen sind“, sagt Heiko Fengler, Ausbildungsberater bei der Handwerkskammer Halle.
Die Gründe, warum Betriebe es immer schwieriger haben, Azubis zu finden, seien vielfältig: „Da haben sie zum einen den demografischen Wandel. Es gibt einfach weniger Schulabgänger“, so Fengler. „Dazu kommt, dass viele junge Menschen heute lieber studieren wollen.“ Die Möglichkeiten, die eine gute Ausbildung böte, zum Beispiel später einen Betrieb zu übernehmen, seien vielen Schülern gar nicht bekannt. So gesehen stehen die Dinge für Aniko und Csaba gar nicht schlecht.