Explosion in Stephanusstraße Explosion in Stephanusstraße: Urteil macht schnell die Runde

Halle (Saale) - Der hochverschuldete 41-Jährige wollte die millionenschwere Versicherungssumme kassieren.
"Der Mann hat doch in Kauf genommen, dass dabei Menschen sterben", erregte sich Blumenhändler Hans-Joachim Büsching. Zum Glück gab es damals keine Toten. Büschings Frau Christine, die während des Prozesses als Zeugin ausgesagt hatte, hat noch das Bild nach der Explosion vor Augen: "Es sah aus wie nach einem Bombenangriff." Ihr Sohn Frank rettete mit anderen Helfern einen Schwerverletzten aus den Trümmern des Hauses Stephanusstraße 2.
Das Urteil machte schnell die Runde. Ilka Dietrich erfuhr beim Blumenkauf davon. "Sogar bei uns haben damals durch die Wucht der Explosion die Wände gewackelt", erzählte die Kundin, die in der Senefelder Straße wohnt, also etwa sieben Minuten zu Fuß vom Unglücksort entfernt. "Mir ist die Strafe zu milde - meist müssen die Verurteilten doch nur die Hälfte der Zeit absitzen", meinte sie. Genugtuung dagegen empfand Gerhard Doll. Der 73-Jährige wohnt schräg gegenüber von dem Haus, in dem die Gasleitung explodierte: "15 Jahre - das ist in Ordnung." Von seinem Fenster im Hochparterre hat er die Stelle, die nun ein freier Fleck ist, täglich im Blick. Nachdenken, was hätte passieren können, will er nicht. "Wären wir in der Küche gewesen, hätte uns die Balkontür, die nach innen flog, womöglich erschlagen."
Etliche Bewohner des Viertels verfolgten den Richterspruch im Gericht; Marielies Riebesel nicht. Die Künstlerin verlor ihre Wohnung in der Stephanusstraße, lebt nun im Paulusviertel. "Ich hatte große Sorge, dass der Mann ungestraft davonkommt und auch noch die Versicherungssumme kassiert, weil die Beweissuche so kompliziert war", sagte sie. Aber offenbar gebe es doch noch Gerechtigkeit. Der Gobelin, der damals auf ihrem im Staub versunkenen Webstuhl war und von Nachbarn gerettet wurde, sei inzwischen fertig geworden - wenn auch durch das Unglück mit Verzögerung.