"Es liegt uns am Herzen" "Es liegt uns am Herzen": So hilft Kinderhaus "Schnitte" Halles benachteiligten Kindern

Halle (Saale) - „Es kann nicht sein, dass viele Kinder heutzutage kein regelmäßiges Mittagessen haben“, beklagte Friedhelm Fitz vom Christlichen Verein Junger Menschen (CVJM) schon 2005. Der Vorstandsvorsitzende des halleschen Ortsvereins hatte damals die Idee, mit einer neuen sozialen Einrichtung in Neustadt etwas gegen diesen Missstand zu unternehmen, und rief das erste Kinderhaus „Schnitte“ ins Leben. Mittlerweile gibt es gleich vier „Schnitten“ in Neustadt, in die täglich rund 50 Kindern kommen, oft sogar mehr. In Neustadt leben aktuell mehr als 60 Prozent aller Kinder von Hartz-IV-Leistungen.
Mehr als nur eine warme Mahlzeit: „Schnitten" helfen Kindern in der Neustadt
Wie ist es heute? Ist noch immer das Essen der Grund für den Besuch der Einrichtung? „Eine ordentliche Mahlzeit für die Kinder liegt uns am Herzen“, sagt Sörenchristlieb Stuwe, als Anleiter für die in dem Kinderhaus beschäftigten Ein-Euro-Jober faktisch der Chef der „Schnitte“.
Mittlerweile stehe aber mehr die Unterstützung der Kinder im Vordergrund, angefangen von der Hausaufgabenbetreuung bis dahin, dass jeder mit kaputten Schuhen oder einer zerrissenen Jacke hier etwas Passendes aus gebrauchten und gespendeten Dingen bekommt.
Wir möchten, dass für die Kinder ein schönes Umfeld geschaffen wird, sagt Stuwe.
Ab und an komme es jedoch auch vor, dass ein Kind erzählt, dass zuhause der Kühlschrank leer ist - dann darf es Lebensmittel mitnehmen. Die vier Schnitten - eine in einer ehemaligen Sparkasse, die anderen in ganz normalen Wohnungen - funktionieren nach einem einfachen Prinzip: Kinder im Alter von sechs bis 13 Jahren sind hier willkommen.
Entbindet Sozialeinrichtung „Schnitte" Eltern von ihren Pflichten?
Die Eltern müssen lediglich unterschreiben, dass sie ihren Kindern den Besuch erlauben. Weder für das kostenlose Mittagessen noch für all die anderen Angebote müssen Extra-Anträge ausgefüllt werden. Einmal die Woche wird auch ein Elterncafé angeboten, wenn es Probleme gibt, gehen die Mitarbeiter aber auch von sich aus auf die Eltern zu. „Manche Eltern sehen unsere Hausaufgabenhilfe als Pflichtaufgabe der Schnitte an“, berichtet Stuwe.
Über diesen Anspruch sei er etwas irritiert, „aber wir machen es gerne, wenn zuhause nicht bei den Hausaufgaben geholfen wird.“ Werden hier Eltern von ihren ureigensten Aufgaben wie der Versorgung ihrer Kinder mit Essen oder Hilfe bei Schulaufgaben entbunden? Sozialarbeiterin Antje Truwitzsch sieht das nicht so: Es ist nicht unserer Aufgabe, die Eltern zu bewerten, das ist Aufgabe des Jugendamtes. In der Schnitte gehe man auf die Kinder ein und versuche, ihnen etwas Gutes zu tun.
Ziel der Sozialeinrichtung: Kindern Zufluchtsort und Chancen geben
Eine Gratwanderung, das räumt sie ein, sei es schon, einem Kind aus dem Fundus der Schnitte einen Füller oder einen Schulranzen zur Verfügung zu stellen, wenn sich die Eltern nicht darum kümmern. „Aber es gab auch Fälle, wo uns die Lehrer darum gebeten haben.“ Das Ziel, Kindern einen Zufluchtsort zu geben, soziale Defizite abzumildern und ihnen Chancen zu geben, findet in der Stadt viele Unterstützer. So spendet die Tafel Essen für die Einrichtung, ebenso auch Kirchgemeinden oder das Krankenhaus Dölau, das einmal pro Woche Essen liefert.
16 Ein-Euro-Jobber, finanziert vom Jobcenter, helfen den Kindern bei den Hausaufgaben, beim Basteln und anderen Freizeitaktivitäten. Einige Ehrenamtliche unterstützen dies. Alles in Butter also in der „Schnite“? Fast: Ein großer Wunsch sind Tische, die für kleine Kinder geeignet sind. Derzeit sitzen auch die Kleinsten an Tischen, die auf Erwachsenenhöhe sind.
Weitere Infos unter: cvjm-halle.de/schnitte (mz)