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Gefahr aus der Tiefe Erdbeben in Halle (Saale) und Leipzig: Forscher warnen vor große Schäden

Von Tilo Krippendorf 18.05.2018, 08:51
Forscher warnen vor starken Erdbeben rund um Leipzig und Halle.
Forscher warnen vor starken Erdbeben rund um Leipzig und Halle. dpa/Symbolbild

Halle (Saale) - Wissenschaftler befürchten in der Zukunft starke Erdbeben rund um Leipzig und Halle und damit schwere Schäden in der Metropolregion.

Wie ein Forscherteam aus Leipzig, Potsdam, Halle und Hannover herausgefunden hat, befinden sich im Untergrund der beiden Städte die Ausläufer einer großen tektonische Störungszone, die jederzeit durch ein Erdbeben aktiviert werden könnte.

Erdbebeben in Region Halle/Leipzig: Enorme Zerstörungen an der Oberfläche möglich

Dieser geologische Vorgang könnte zu starken Bodenbewegungen und somit auch zu enormen Zerstörungen an der Oberfläche führen, warnen die Forscher. „Auf solche Ereignisse sind wir nicht gut vorbereitet“, erklärt Sigward Funke, Leiter der Erdbebenüberwachung an der Universität Leipzig. Der Geologe mahnt deshalb stärke Forschung in diesem Bereich an.

Ausgangspunkt der jetzt vorgestellten Studie sind zwei Erdbeben in der Grenzregion zwischen Sachsen-Anhalt und Sachsen vom April 2015 und vom April des vergangenen Jahres.

Die Erdstöße in der Nähe von Schkeuditz (Sachsen) hatten damals eine Stärke von ungefähr drei auf der Richterskala. Für Anwohner waren die Erschütterungen deutlich spürbar, auch klirrten beispielsweise Gläser in den Schränken. Schäden blieben aber aus.

Die Geowissenschaftler haben diese beiden Beben näher untersucht. Das Ungewöhnliche: Beide Erdbebenherde waren die bisher stärksten gemessenen Beben in der Region und zudem in einer recht großen Tiefe von 22 und 29 Kilometern.

Forscher: „Erdbeben in dieser Tiefe beunruhigen uns Seismologen“

„Erdbeben in dieser Tiefe beunruhigen uns Seismologen, da sie die Möglichkeit von stärkeren Erdbeben wahrscheinlicher machen“, sagt Funke. Außerdem lagen beide Beben offenbar in etwa zehn Kilometern Abstand auf derselben Bruchzone. Das ist ein Bereich im Gestein, der durch Risse geschwächt ist. Das Forscherteam sieht nun die Gefahr, dass es in diesem Bereich zu weitaus schwereren Beben kommen könnte.

Um die Folgen eines großen Bebens in Mitteldeutschland besser abschätzen zu können, haben Wissenschaftler des Geoforschungszentrums Potsdam ein neues Rechenmodell entwickelt. „Wir haben die Wellenausbreitung sowie erwartete Bodenbewegungen simuliert“, erklärt Torsten Damm, Hauptautor der Studie und Professor am Geoforschungszentrum Potsdam.

Die Ergebnisse alarmieren die Experten. Ein Beben der Stärke 5,2 oder 5,3 wäre demnach in der Region denkbar - damit würde etwa die 1.000-fach stärkere Energie freigesetzt werden als bei den beiden kleineren Beben.

Schwärme von hunderten kleinen Beben im Vogtland

Die Forscher ziehen den Vergleich zu einem schweren Erdbeben in Roermond im niederländisch-deutschen Grenzgebiet im Jahr 1992 mit der Stärke von 5,3. Bei dem 15-Sekunden-Beben kam es zu großen Schäden an Gebäuden, darunter am Kölner und am Aachener Dom. Es gab Erdrutsche und Spalten taten sich im Boden auf. 30 Menschen wurden durch herabfallende Dachziegel verletzt. Die Schäden gingen in die Millionen.

Damm warnt aber vor Panik: „Bereits in der Vergangenheit hat es schwere Beben in der Region um Leipzig gegeben.“ Das belegten historische Aufzeichnungen. So gab es im Jahr 1616 ein schweres Erdbeben in der Stadt, allerdings mit einer geschätzten Stärke von 4,0. Und derzeit bebt es auch ordentlich, allerdings im Vogtland. Dort messen Seismologen gerade ganze Schwärme von hunderten kleinen Beben. (mz)