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Einweihung in Halle Einweihung in Halle: Lebenshilfe jetzt mit Café

Von Silvia Zöller 03.03.2016, 13:04
Am Böllberger Weg steht der Neubau der Lebenshilfe.
Am Böllberger Weg steht der Neubau der Lebenshilfe. Holger John

Halle (Saale) - Selbst gebackenen Kuchen, frische Brötchen, Frühstück und Mittagessen - das alles bietet das schick und modern eingerichtete „Café und mehr“ ab Mitte des Monats. 36 Behinderte haben in dem Café der Lebenshilfe am Böllberger Weg einen spannenden Job und bedienen nicht nur ihr Kollegen der Werkstätten - vielmehr ist hier demnächst täglich außer montags für alle geöffnet.

Allerdings war der Weg lang zu dem 2.500 Quadratmeter großen zweistöckigen Neubau, in dem auch eine Lagerhalle und elf Wohnungen für Behinderte entstanden sind. Wenn man nach zehn Jahren Bauzeit ein neues Haus einweihen kann, dann dürfen die Reden auch etwas länger sein. Viele Schwierigkeiten gab es, wie Horst Heyroth, Vorsitzender der Lebenshilfe Halle, vor zahlreichen Gästen bei der Einweihung erläuterte: „Es gab seit 2006 acht verschiedene Konzeptionen und zahlreiche Förderanträge, aber keine Förderung“, berichtete Heyroth.

Eigenfinanzierung durch Kredite

Weder der Plan, auf dem Areal der ehemaligen städtischen Kinderbücherei ein Lesecafé einzurichten, noch eine Beratungsstelle zu bauen oder eine Ausbildungsstätte für Behinderte fanden einen Zuspruch. Also startete der Verein das Bauprojekt 2014 mit einer Eigenfinanzierung durch Kredite. Und ohne Förderung. Denn irgendwie musste es voran gehen, schließlich hatte der Verein das Grundstück wegen der Neubaupläne bereits vor Jahren von der Stadt gekauft.

Doch während das Café nun in wenigen Tagen eröffnet, ist die Nutzung der elf behindertengerechten Ein- und Zweiraumwohnungen noch nicht klar geregelt. Fest steht, dass hier Mitarbeiter der Lebenshilfs-Werkstätten den Schritt in die Unabhängigkeit ohne jegliche Betreuung machen können. „Es soll ein Mutter-Kind-Wohnbereich werden“, erklärt Lebenshilfe-Geschäftsführerin Martina Staude. Wie dies genau realisiert werden soll, müsse noch mit dem Jugendamt diskutiert werden. Denn die Lebenshilfe kann nicht einfach Träger der Jugendhilfe werden, dafür müssten auch Nicht-Behinderte in die Mutter-Kind-Wohnungen einziehen dürfen - aber in der Satzung der Lebenshilfe ist lediglich die Förderung behinderter Menschen festgeschrieben. „Wir suchen nach einer Lösung“, so Staude.

Café und Wäscherei

Insgesamt 368 Behinderte sind in den Werkstätten der Lebenshilfe beschäftigt. Neben dem Café wird unter anderem eine Wäscherei betrieben, auch Bier für die Wippraer Brauerei wird hier abgefüllt. Ein großes Projekt der Behindertenwerkstatt ist auch die Anfertigung von Lattenrosten für Ikea - mehrmals die Woche holen Laster hier große Stückzahlen für das schwedische Möbelhaus ab. Das neu entstandene Lager dient auch dem Training der Beschäftigten, die hier Logistik per Computer lernen: „Wir wollen hier Arbeitsmöglichkeiten schaffen, die sehr nah am Arbeitsmarkt sind und damit den Schritt auf den Arbeitsmarkt ermöglichen“, erläutert die Geschäftsführerin der Lebenshilfe.

Insgesamt werden rund 500 behinderte Menschen von dem Verein betreut, die zum Teil wegen ihrer schwersten Behinderungen nicht arbeiten können. Sie leben in mehreren Wohnheimen der Lebenshilfe und in betreutem Wohnen. Die elf jetzt eingeweihten Wohnungen sind die ersten, in denen Behinderte in völliger Selbstständigkeit leben können. (mz)