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Halle-Neustadt Ein Zuhause im Wirrwarr der Nummern

Neustädter erinnern sich ans Sytem der Blockzahlen, ihr erstes Telefon und Kinderwagen, die während des Einkaufs unbeaufsichtigt vor der Kaufhalle geparkt worden.

Von Denny Kleindienst 03.07.2024, 14:00
Elfriede Ifland
Elfriede Ifland Foto: Denny Kleindienst

Halle (Saale)/MZ - Die Nummer ihres Blocks hat Annerose Bierling nicht vergessen. „462“, sagt die 79-Jährige, die 1968 aus der Nähe von Gera nach Halle-Neustadt zog und bis 1998 dort lebte.

„An die Nummerierung habe ich mich schnell gewöhnt“, erzählt sie. Denn Straßennamen gab es anfangs nicht in Neustadt. Nur Blocknummern. Sie erinnert sich noch an den ersten Besuch ihrer Mutter. „Sie war verzweifelt.“ Anders als die Tochter habe die Mutter sich überhaupt nicht orientieren können. Als sie schließlich auf der Straße um Hilfe bat, habe eine Frau – zufällig die Nachbarin ihrer Tochter – den Weg gewiesen.

 Annerose Bierling
Annerose Bierling
Foto: Denny Kleindienst

An diese Hilfsbereitschaft damals denkt Annerose Bierling gern zurück. Auch daran, dass das Wohnen günstig und die Schule der Kinder in unmittelbarer Nähe war. Wenngleich ihr Sohn anfangs nicht sehr angetan vom Umzug gewesen sei. „Keine Berge, keine Bäume. Er fand es hier nicht schön.“ Block 462 befindet sich am heutigen Ernst-Barlach-Ring, und Annerose Bierling wohnt mittlerweile in Bennstedt.

„Ich verteidige meine Neustadt“

Elfriede Ifland ist dagegen in Neustadt geblieben. Frisch verheiratet zog sie 1969 mit ihrem Mann in den damaligen Block 563 am heutigen Rennbahnring. Die Nummer hat auch sie noch parat. Das System der Blocknummern empfand sie stets als „logisch aufgebaut“. Sie arbeitete als Chemiefacharbeiterin, ihr Mann als Ingenieurchemiker in Leuna.

Im Briefkasten haben dann ein Zettel gelegen. Ob sie einen Fernsprechanschluss möchten? Sie wollten. Weil sie 1972 mit Kind aber in eine größere Wohnung umzogen – im Block 398 an der heutigen Feuerwache – wurde das Telefon dort angeschlossen. Zu einer Zeit, als Telefone selten waren, seien in Neustadt flächendeckend Anschlüsse gelegt worden, so Elfriede Ifland. Sie erinnert sich auch daran, den Kinderwagen vor der Kaufhalle stehengelassen zu haben. „Das wäre heute unvorstellbar, aber haben damals alle gemacht.“

Die 76-Jährige wohnt nach wie vor gern in Neustadt, auch wenn sie sich über Dreck und einfach vor Wohnblöcken entsorgte Möbel ärgert. Sie sagt: „Ich verteidige meine Neustadt.“