Ehrenamtspreis „Der Esel, der auf Rosen geht“ Ehrenamt braucht mehr Recht - Welche Mängel ein Jurist aus Halle sieht
Die nächste Runde zum Engagementpreis „Der Esel, der auf Rosen geht“ startet. Der Jurist Winfried Kluth hat für die Bundesregierung ein Gutachten erstellt: Wo braucht es Verbesserungen?

Halle (Saale)/MZ. - Ehrenamtliches Engagement ist wichtig: Seit 2009 lässt der Bundestag daher in jeder Legislaturperiode einen Engagementbericht erarbeiten, den eine unabhängige Expertenkommission zusammenstellt. Zum Thema des Berichts 2024 „Zugangschancen zum freiwilligen Engagement“ gab es erstmals ein Rechtsgutachten. Der hallesche Uniprofessor Winfried Kluth hat untersucht, welche rechtlichen Barrieren es gibt, die den Zugang zum bürgerschaftlichen Engagement einschränken.
„Vor allem das kommunale Ehrenamt und das Ehrenamt im Bereich der Sozialversicherung hat der Gesetzgeber detailliert ausgestaltet“, sagt der Jurist, der Experte für den Bereich öffentliches Recht ist. „Niemand darf in der Übernahme oder Ausübung eines Ehrenamts behindert oder benachteiligt werden,“ heiße es etwa im Sozialgesetzbuch – doch das bezieht sich eben nur auf die ehrenamtliche Selbstverwaltung im Bereich der Sozialversicherung. Nicht klar geregelt sei dagegen das Ehrenamt in Sport, Kultur oder anderen Bereichen.
Klare Regeln müssen sein
Das bedeutet: Sowohl die Mitglieder eines Stadt- oder Gemeinderats sowie die ehrenamtlichen Mitglieder in den Selbstverwaltungsorganen von Krankenkassen, der Rentenversicherung oder der kassenärztlichen Vereinigungen haben klare Regeln zur Freistellung von der Arbeit oder zu Weiterbildung. Das ist im Sozialgesetzbuch festgeschrieben. „Dieser Paragraf ist der Goldstandard“, sagt Kluth. „Ich würde mir wünschen, dass zum Beispiel Weiterbildungen auch für andere Bereiche des Ehrenamts klar geregelt werden, damit es keine Konflikte mit dem Arbeitgeber gibt.“
In der Pflege habe man dies mittlerweile erkannt: Wer seine Angehörigen zu Hause pflegt, habe nun auch Anspruch auf Urlaub. Und gerade in diesem Bereich sei Fachkunde wichtig, betont der Jurist. Da deutschlandweit ungefähr ein Drittel aller Ehrenamtlichen im Sozialbereich tätig seien, „wird hier die gesamtgesellschaftliche Bedeutung relevant“, so Kluth. Er empfiehlt in seinem Gutachten, dass die im Sozialgesetzbuch festgeschriebenen Regeln für den Bereich der Sozialversicherungen auch für diesen Bereich anwendbar sein sollten. Eine weitere Hürde für ehrenamtliches Engagement sieht er in der Bürokratie. Oft verbringe ein Engagierter mehr Zeit am Schreibtisch als bei seiner ehrenamtlichen Aufgabe. „So findet man keinen Nachfolger, das ist ein Problem“, erläutert er.
Kluth regt an, generell größer zu denken: In Zeiten des Fachkräftemangels sei auch ein gutes Freizeit- und Sportangebot, möglich gemacht durch Ehrenamtliche, bei der Entscheidung wichtig, wo man arbeiten wolle. „Mit einem guten Kultur- und Sportangebot kann man auch Arbeitnehmer anlocken.“ In einem Punkt sei da Sachsen-Anhalt schon auf einem guten Weg: Es gibt seit dem Jahr 2013 ein Sportfördergesetz, das klare, transparente Regeln vorgibt. Doch anders als in Sachsen und Nordrhein-Westfalen verfügt Sachsen-Anhalt bisher noch über kein Gesetz, das die Kulturförderung regelt, obwohl sie im Koalitionsvertrag steht.
Führungszeugnisse im Sport?
Genauer hinschauen müsse man in einem anderen Bereich: bei den Führungszeugnissen. Hier habe sich der Blickwinkel der Gesellschaft verändert. Während es im Sport früher kein Thema war, stehe das Thema Missbrauch heute im Fokus. In seinem Rechtsgutachten betont der Wissenschaftler aber, dass die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses nur „ausnahmsweise verhältnismäßig“ sei, wenn dies unter anderem auch für Hauptamtliche im Bereich gelte.
Immerhin: Laut Kluth braucht es keine neuen rechtlichen Regelungen, was die Diskriminierung von Frauen im Ehrenamt betrifft. Denn eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts konnte in der Untersuchung nicht festgestellt werden. Ebenso gebe es auch keine Erkenntnisse zu Altersdiskriminierung. Vielmehr sei es richtig, im Ehrenamt Altersgrenzen anzugeben, wenn es diese auch im entsprechenden hauptamtlichen Bereich gebe – wie etwa bei der Feuerwehr. „Jedoch muss man sich fragen, ob diese Altersgrenzen angesichts von Fitnessstatus und Lebenserwartung der Menschen noch stimmen“, gibt Kluth zu bedenken.
Abstimmung ab sofort möglich
Ab sofort können MZ-Leser wieder Vorschläge machen, wer den Bürgerpreis „Der Esel, der auf Rosen geht“ für sein ehrenamtliches Engagement erhalten soll. Vorgeschlagen werden können sowohl Einzelpersonen als auch Vereine oder Organisationen sowie mehrere Engagierte, die in einem Projekt vereint aktiv sind. Ob das in Sport, Kultur oder im Sozialen ist, spielt keine Rolle. Einzige Bedingung ist, dass das Ehrenamt in Halle oder dem Saalekreis ausgeübt wird. Eine Jury wählt die Preisträger aus. Einsendeschluss ist der 12. April 2025. (Nominierungen für den Bürgerpreis unter: www.esel-auf-rosen.de)
Die Preisverleihung findet in diesem Jahr am Freitag, 13. Juni, im Neuen Theater Halle statt. Eingeladen werden wieder alle Nominierten. Die Moderation übernimmt erneut Matthias Brenner, der bis 2023 Intendant des Neuen Theaters war. Aktuell arbeitet er als Regisseur und Schauspieler auf der Bühne und im Fernsehen.