Dorfkirche Dorfkirche: Kunst und Kuchen
mücheln/MZ. - Eigentlich hat jeder darauf gewartet, dass die 1780 erbaute kleine Dorfkirche oder besser, das, was von ihr übrig war, mit lautem Getöse einstürzt. Seit das Gotteshaus in Sichtweite der Templerkapelle Mücheln (Stadt Wettin-Löbejün) in den 1960er Jahren mangels Kirchengemeinde entweiht worden war, hat sich hier nichts Gutes mehr getan.
Viel später, aber dennoch bereits vor zehn Jahren, entdeckte der Architekt Veit Jäger das Kirchlein und fasste den Entschluss: "Ich baue das Haus wieder auf." Anfangs teilten noch viele Freunde seinen Optimismus, meint er rückblickend, aber mit der Zeit habe das doch nachgelassen, weil: "Wir haben geschuftet wie verrückt und lange kein Ergebnis gesehen."
Ganz anders heute. Inzwischen haben Veit Jäger, seine Lebensgefährtin Undine Hannemann und das zweijährige Töchterchen Runa in der einstigen Kirche ein Zuhause gefunden. Mehr noch: Undine Hannemann, Studentin der Malerei und textilen Kunst an der Hochschule Burg Giebichenstein in Halle, hatte die Idee, im Kirchgarten zum "Picknick am Wegesrand" einzuladen.
Und weil Kunst zu Kaffee und Kuchen (selbstgebacken, versteht sich) außerordentlich gut passt, hat die junge Frau das frühere Kirchenschiff zur Galerie für regionale Künstler bestimmt. Hier findet man auch Bücher in Regalen, ein Klavier und - die Küche fürs Café und die kleine Familie. Die Wohn- und Schlafräume sowie das Büro des Architekten liegen darüber auf den Etagen zwei und drei, zu erreichen über eine Wendeltreppe aus Metall.
Das Gartencafé bietet 16 Gästen Platz. "Die Stühle haben wir vor der Möbelpresse bewahrt und bunte Kissen dafür selber genäht", erzählt Undine Hannemann.
Bunt ist überhaupt ein Stichwort. Der einstige Leiterwagen, der heute die Kühlvitrine mit den Kuchen trägt, ist rot-weiß angestrichen. Eine Trinkwasserleitung führt in den Garten, wo sich die Radfahrer und Wanderer erfrischen können. Der Wasserhahn ist umgeben von einem fröhlichen Mosaik "Adam und Eva", das hat die Studentin selbst entworfen und angefertigt. Das Mosaik ziert auch alle Info-Karten für "Picknick am Wegesrand". Und nicht zuletzt machen bunte Mosaiken auf den "stillen Örtchen" einfach nur gute Laune.
Der Garten ist eine Oase. Veit Jäger hat einen Kirchteich angelegt, in dem sich gerade rosa Seerosen entfalten. Kleine Treppen führen in die unterschiedlichen Ebenen mit wildem Wein, Johanniskraut, Kirschbäumen, Beerensträuchern und kleinen, sehr aromatischen Erdbeeren. "Die Früchte verarbeite ich in meinen Kuchen und lasse dabei einfach meiner Experimentierfreude freien Lauf", sagt Undine Hannemann.
Das Paar hat in Mücheln ein Paradies auf einer Müllkippe geschaffen - so nennt es der Architekt selbst. Von April bis Oktober können Kunst- und Naturfreunde daran teilhaben, dieses Paradies am Saale-Radwanderweg erkunden.
Geöffnet ist das Galerie-Café in Mücheln freitags ab 14 Uhr, samstags und sonntags ab 10 Uhr.