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Diesel-Krise trifft Händler Diesel-Krise trifft Händler: Honda-Schmidt in Halle kann Löhne nicht mehr zahlen

Von Oliver Müller-Lorey 10.03.2018, 08:00
Honda-Händler in Halle ist insolvent
Honda-Händler in Halle ist insolvent dpa

Halle (Saale) - Der massiv eingebrochene Verkauf von Diesel-Autos in Folge des Abgasskandals hat offenbar erste schwerwiegende Auswirkungen für einen Händler in Sachsen-Anhalt. Wie am Donnerstag bekannt wurde, hat das Auto- und Motorradhaus Schmidt mit Sitz in Halle und Rothenschirmbach bei Eisleben (Mansfeld-Südharz) einen vorläufigen Insolvenzantrag gestellt. Die Löhne für die rund 60 Mitarbeiter hätten zum 1. März zum ersten Mal nicht mehr gezahlt werden können, sagte der vorläufige Insolvenzverwalter, Herbert Feigl. Für die Mitarbeiter sei, wie in solchen Fällen üblich, die Arbeitsagentur mit Insolvenzgeld eingesprungen. Vermutlich müsse eine der drei Filialen geschlossen werden.

Honda-Schmidt in Halle: Der Absatz bricht ein

Feigl führt die wirtschaftlich angeschlagene Lage des Unternehmens hauptsächlich auf die Diesel-Affäre zurück. „Die Diesel-Diskussion seit dem letzten Jahr führte zu enormen Einbußen“, sagte er der MZ am Freitag. 400 bis 500 Fahrzeuge, ein Großteil davon mit Diesel-Antrieb, würden bei den drei Filialen vom Autohaus Schmidt in Halle und Rothenschirmbach Hof stehen und mittlerweile schwer verkäuflich sein. „Das ist bitter. Die Diesel-Diskussion hat ja im vergangenen Jahr schon begonnen. Das Gerichtsurteil des Bundesverwaltungsgerichts ist zusätzlich schlimm für die Händler“, erklärt Feigl.

Am 27. Februar hatte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden, dass Städte als letztes Mittel Fahrverbote für Dieselfahrzeuge erlassen können, um die Luftqualität zu verbessern. Bereits Monate vorher sanken die Verkaufszahlen von Diesel-Autos. Laut Kraftfahrtbundesamt wurden im vergangenen Jahr deutschlandweit 13,2 Prozent weniger Diesel-Pkw neu zugelassen als 2016. Auch in Sachsen-Anhalt bricht der Absatz ein. Im Januar des aktuellen Jahres wurden hierzulande gerade einmal 1.374 Diesel zugelassen. Im Vorjahresmonat waren es noch 1.623.

Kraftfahrzeug-Verband Sachsen-Anhalt schlägt Alarm

Händler haben dabei gleich mit zwei Problemen zu kämpfen: Wegen der großen Verunsicherung der Kunden sinkt nicht nur der Wert der Fahrzeuge, sie stehen auch zunehmend lange bei den Händlern und kosten Geld. Laut dem „Dieselbarometer“ der Deutschen Automobiltreuhand (DAT) standen Diesel-Autos im Januar 2018 durchschnittlich 102 Tage beim Händler, bevor sie verkauft wurden. Autos mit Benzin-Motor warteten nur 89 Tage auf einen Käufer.

Frank Groß, Geschäftsführer des Kraftfahrzeug-Verbands Sachsen-Anhalt, der rund 1.800 Kfz-Betriebe vertritt, schlägt deshalb Alarm. „Deutschlandweit stehen etwa 300.000 Fahrzeuge bei Händlern, die praktisch unverkäuflich sind“, sagte er. Pro Tag würde ein Auto auf dem Hof den Händler rund 28 Euro kosten: Es muss gesäubert werden, nimmt Platz für besser verkäufliche Autos weg und das Material altert und verliert an Wert. Auch wenn Groß keine anderen Händler in Sachsen-Anhalt bekannt seien, die wegen der Diesel-Affäre Insolvenz angemeldet hätten, so schätzt er die Situation für manche durchaus als „existenzbedrohend“ ein. Seit dem Diesel-Urteil sei außerdem weiterer Wertverlust möglich. „Die höchstrichterliche Entscheidung, Fahrverbote, wenn auch als Ultima Ratio, zuzulassen, trägt nicht dazu bei, sich für ein neues oder gebrauchtes Diesel-Auto zu entscheiden.“ Groß zufolge würden viele Händler in Sachsen-Anhalt bereits erhebliche finanzielle Rücklagen für den Wertverlust bilden.

Insolvenzverwalter sieht eine Zukunft für das Autohaus

Welche weiteren Gründe möglicherweise zusätzlich für die Insolvenz des Autohauses Schmidt verantwortlich sind, will der vorläufige Insolvenzverwalter Herbert Feigl in den kommenden Tagen prüfen. Er sei am Montag bestellt worden und müsse sich einen Überblick verschaffen. Für die Zukunft des Autohauses, das mit Honda startete, inzwischen auch Marken wie Kia, Alfa Romeo, Jeep und Fiat vertreibt, sehe er aber gute Chancen. „Es sieht gut aus. Ich denke, wir werden das Geschäft stabilisieren und den Laden wieder zum Laufen bringen“, sagte er. „Wir haben gute Chancen, dass das Autohaus weitergeführt und nicht zerschlagen wird.“ Kunden würden eventuelle Gewährleistungsansprüche also nicht verlieren. Vom Autohaus selbst hieß es am Donnerstag, man sei über die Insolvenz überrascht und arbeite mit Hochdruck an einer Lösung. Namentlich wollte sich niemand aus dem Unternehmen äußern, man verwies auf den vorläufigen Insolvenzverwalter.

Honda-Schmidt in Halle setzt auf Gesundschrumpfung

So wie in den vergangenen Jahren werde das Unternehmen wohl nicht weiterbestehen können. „Wir werden wohl etwas schrumpfen und das Geschäft auf kleinerer Flamme weiterfahren“, sagte Feigl. Dazu gehöre, dass eine Filiale wohl geschlossen werden müsse. Welche, sagte Feigl nicht. Nach eigenen Angaben hat er einige hallesche Autohäuser in den vergangenen Jahren als Insolvenzverwalter saniert.

Die gute Nachricht für Kunden immerhin: Sie könnten ihre Fahrzeuge weiterhin in die Werkstatt bringen und bei der Firma auch Autos kaufen. (mz)