Diesel-Fahrverbot Diesel-Fahrverbot: Warum Halle mit einem blauen Auge davon kommen könnte

Leipzig/Halle - 15 Millionen Diesel-Pkw sind auf deutschen Straßen unterwegs - doch nach Lage der Dinge wird der größte Teil von ihnen bald nicht mehr immer und überall fahren dürfen: Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am Dienstag Diesel-Fahrverbote für grundsätzlich zulässig erklärt. Zunächst müssen die Städte Stuttgart und Düsseldorf ihre Luftreinhaltepläne entsprechend nachbessern und auf Verhältnismäßigkeit überprüfen.
Stickoxid-Belastung in Halle sehr hoch
In Sachsen-Anhalt ist Halle die einzige Stadt, die von einem Fahrverbot betroffen sein könnte. Hier wird seit Jahren der zulässige Jahresmittelwert für Stickoxid-Emissionen überschritten.
40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft sind im Jahresdurchschnitt erlaubt. 2017 lag der Wert mit 43 Mikrogramm knapp über dem Grenzwert. Für die Stickoxid-Belastung gelten Dieselfahrzeuge als Hauptursache.
Sachsen-Anhalts Umweltministerin Claudia Dalbert (Grüne) begrüßte die Entscheidung der Richter. „Das ist die Quittung für jahrelanges Nichtstun der Bundesregierung“, sagte die Ministerin. Die Bundesregierung müsse nun endlich die Autokonzerne zu Nachrüstungen bei Dieselfahrzeugen verpflichten.
„Klar ist: der Gesundheitsschutz der Menschen steht an oberster Stelle.“ Stickstoffoxide, so Claudia Dalbert, können krank machen. „Aktuelle Zahlen des Umweltbundesamtes gehen von jährlich 6.000 Sterbefällen aus, die auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurückzuführen sind, ausgelöst durch Stickstoffoxid.“
Kein Diesel-Fahrverbot in Halle?
Ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge in Halle hält die Ministerin derweil für nicht verhältnismäßig. „In Halle wurden ganz konkrete Maßnahmen ergriffen, die eine Einhaltung des Grenzwertes ab dem Jahr 2019 ermöglichen“, betonte Dalbert.
Das Problem ist bislang, dass der einzige Messpunkt in der ohnehin stark befahrenen Paracelsusstraße zwischen zwei Ampeln liegt. Durch das ständige Anfahren und Abbremsen steigt dort der Schadstoffausstoß. Doch hier ist ab Ende 2018 Entspannung in Sicht. „Mit der Eröffnung der Haupterschließungsstraße Ost wird die Paracelsusstraße vom Verkehr entlastet werden und die Stickstoffoxidbelastung wird sinken.“
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Der Städte- und Gemeindebund fordert ebenso wie Dalbert, die Autohersteller in die Pflicht zu nehmen. „Das Urteil ist ein Fingerzeig, dass sich die Bundesregierung noch einmal ernsthaft mit der Autoindustrie auseinandersetzen muss“, erklärte Geschäftsführer Jürgen Leindecker.
„Denn die bestehenden Probleme dürfen nicht einfach auf dem Rücken der kommunalen Verwaltungen ausgetragen werden.“
Viele wirtschaftliche Betriebe fahren mit Diesel-Fahrzeugen
Sachsen-Anhalts Verkehrsminister Thomas Webel (CDU) forderte von den Kommunen grundsätzlich „Außenmaß“ beim Umgang mit Dieselfahrern. In jedem Fall gelte es, auch wirtschaftliche Belange zu berücksichtigen. „Viele Handwerksbetriebe sind ausschließlich in Dieselfahrzeugen unterwegs. Bei Fahrverboten wäre das ein echtes Problem.“
Besitzer alter Diesel-Fahrzeuge können sich unterdessen keine Hoffnung auf finanzielle Entschädigung machen, wenn sie mit ihren Autos nicht mehr uneingeschränkt fahren dürfen.
„Gewisse Wertverluste sind hinzunehmen“, erklärten die Leipziger Richter. Besitzer moderner Euro-6-Dieselautos sowie von Benzinern müssen derweil nicht damit rechnen, von Fahrverboten betroffen zu sein. (mz)