Schnell und unkompliziert? Die neuen HAVAG-Automaten im Test der MZ

Halle (Saale) - In den Straßenbahnwagen 699 und 700 ist die schöne neue Automatenwelt der Halleschen Verkehrs AG (Havag) schon Realität: Neue Ticketautomaten ermöglichen auch in Halle, was andernorts längst selbstverständlich ist: Fahrscheine im Wagen kaufen und die Tickets bar oder mit EC-Karte bezahlen.
Bisher war dies in Bus und Bahn nur mit einer eigens aufladbaren Geldkarte möglich. Oder mit Aufschlag direkt beim Fahrer. Von Anfang an hat das für Verärgerung gesorgt. Doch wie die Automaten selbst landet dieses völlig veraltete Bezahlsystem nun auf dem Schrott. Nach und nach sollen dieses Jahr alle Fahrzeuge mit der neuen Technik ausgerüstet werden. Die MZ ist für den Praxistest auf der Linie 1 zugestiegen – und hat bar bezahlt.
Der erste Eindruck
Der neue Automat ist größer als der alte Geldkartenkasten, aber kleiner als die Modelle beispielsweise in den Berliner Straßenbahnen. Zwei Klappsitze müssen dennoch weichen. Rund 150 Kilo wiegt der Neue, wenn er mit Münzen gefüllt ist. Seine Montage dauert übrigens rund drei Tage samt der Vorbereitung der Datenleitungen und Elektronik. Auch finanziell ist das Gerät keine Kleinigkeit: Mit 15 000 Euro hängt da der Wert eines Kleinwagens. Für die 144 „mobilen“ Automaten in den Havag-Fahrzeugen legt die Stadtwerke-Tochter also 2,1 Millionen Euro hin. Die größeren, rund 30 stationären Automaten werden 2018 ersetzt.
Bedienung
Einfacher und intuitiver soll die Bedienung sein, hatte Havag-Vorstand Vinzenz Schwarz angekündigt. Das hat geklappt. Schon rein „mechanisch“: Das größere 15-Zoll-Display reagiert bei Berührung tatsächlich sofort. Das Bild ist zudem schärfer, die höhere Auflösung beträgt 1024 mal 768 und ist viel heller. Auf dem Startbildschirm erscheinen neben den Symbolen für Einzelfahrkarte und Vierfahrtenkarte auch die für Tages-, Wochen- und Monatskarte. Die kann man nämlich nun auch in der Bahn kaufen. „Es wurden auch bereits Monatskarten gekauft und die 61,60 Euro bar bezahlt“, sagt Alexander Jentzsch, Abteilungsleiter Vertriebsservice der Havag.
Schnellauswahl
Direkter zum Ziel gelangt der Fahrgast durch Berühren des großen Kreuzes, rechts unten auf dem Startfeld. Dieses Kreuz öffnet das sogenannte Vier-Ecken-Menü, in dem die am häufigsten nachgefragten Fahrausweise direkt angewählt werden können (siehe oben). Zur Wahl stehen Einzelfahrten in Halle nach Merseburg und Leipzig sowie die Kurzstrecke. Nach der Auswahl „springt“ man sofort in eine Bezahlmaske. So wird Zeit gespart.
Münzen und Scheine
Bezahlt werden kann mit Münzen von fünf Cent bis zwei Euro, mit Geldscheinen bis 50 Euro – und mit EC-Karten. Im MZ-Test wurde für einen Einzelfahrschein eine 20-Euro-Note akzeptiert. Auch das Scheine-Wechseln ist in Halle eine Neuerung. Dadurch bleibt der Münzvorrat im Automat länger erhalten. Die Ausgabe eines Einzelfahrscheins dauerte im MZ-Test nach dem Münzeinwurf gut vier Sekunden. Das gehe aber noch schneller, man sei ja noch in der Testphase, sagt Jentzsch.
Geldkarten
Etwas verwirrend: An drei Stellen steht „Karte“. Neben dem normalen „Schlitz“ für die EC-Karten-Zahlung, gibt es auch noch an einen „Knopf“ über dem Ausgabefach. Dort wird künftig „kontaktloses Bezahlen“ mit EC-Karte möglich sein. Allerdings erst im Laufe des Jahres. An anderer Stelle soll später die ABO-Chipkarten der Havag gemanagt werden können. Gut: Das Tastenfeld ist durch einen Sichtschutz wenigstens notdürftig vor Blicken geschützt und damit besser als an manchen stationären Automaten.
Barrierefreiheit
Das Schnellmenü hilft durch die Größe der Felder auch sehschwachen Fahrgästen. Außerdem ist die Oberfläche des Automaten mit Braille-Schrift versehen, zur Orientierung am Gerät. Ein Sprachhinweis ist aber nichtaktiviert.
Vierfahrten
Endlich ist ein Problem beseitigt: Die Vierfahrtenkarte wird nun auf einem einzigen Schein ausgedruckt. An den Havag-Automaten werden bisher zwei getrennte Zettel ausgeworfen. Was für Missverständnisse sorgte.
Fazit
Nach dem die Lieferung sich über Monate verzögerte, weil die Software nicht funktionierte, scheint dieses Problem nun behoben. Das ist gut. Denn vor allem für Gelegenheitskunden ist es wichtig, schnell, unkompliziert und direkt im Fahrzeug eine Fahrkarte kaufen zu können. (mz)
