Deutschland-Grand-Prix im Motocross Deutschland-Grand-Prix im Motocross: Max Nagel in Teutschenthal vom Glück verlassen

Teutschenthal - Hubert Nagl hatte keinen Grund zur Sorge. Also plauderte er entspannt über die Erfolgsaussichten seines Sohnes Max. Bei andauerndem Wind und immer wieder einsetzendem Nieselregen in Teutschenthal hatte sich das deutsche Motocross-Urgestein ins geschützte Zelt des Husqvarna-Teams zurückgezogen und erklärte, wie es dem Junior gelingen könnte, Weltmeister zu werden. Die Formel sei ganz einfach: „Er braucht kein spezielles Glück. Es reicht, wenn er kein Pech hat.“
Fans reagieren bestürzt
Hubert Nagl konnte zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen, welch bitteren Beigeschmack seine Sätze noch erhalten sollten. Nur drei Stunden später hatte der Deutschland-Grand-Prix nämlich seinen größten Star verloren: Im Qualifying zu seinem Heimrennen stürzte WM-Spitzenreiter Max Nagl nach einer Kollision.
Der Italiener David Philippaerts konnte hinter ihm nicht rechtzeitig ausweichen und erwischte ihn voll. Nagl wurde sofort nach Halle ins Krankenhaus gebracht, dort noch am Abend operiert. Die Diagnose: Knöchelbruch im linken Fuß.
„Ein Start beim Heimspiel in Teutschenthal ist dadurch nicht möglich, wie sich die Verletzung auf die weitere Saison auswirkt, ist derzeitig noch nicht klar“, hieß es am Samstagabend in einer Pressemitteilung. Heute soll die Reha in Belgien beginnen.
Die Fans reagierten in den sozialen Netzwerken bestürzt auf den Ausfall des besten deutschen WM-Fahrers. Vor dem Qualifying hatte der 27-Jährige den Zuschauern im Talkessel noch ausdauernd für Fotos und Autogramme zur Verfügung gestanden. Auch gestern pilgerten wieder viele Fans zum Zelt des IceOne Husqvarna Factory Teams, dessen Besitzer Formel-1-Pilot Kimi Räikkönen ist.
Es blieben nur Fotos von Nagls aufgebocktem Motorrad mit der Nummer zwölf. Wo am Tag zuvor regsame Betriebsamkeit geherrscht hatte, saßen während des ersten MXGP-Rennens lediglich zwei Mechaniker. Einer spielte anteilnahmslos mit seinem Handy.
Der Deutschland-Grand-Prix sollte zu Max Nagls Saisonhöhepunkt werden. Auf dem Weg zum WM-Titel wollte der 27-Jährige auch im Talkessel seine Klasse unter Beweis stellen. „Viele Fans sind nur wegen ihm gekommen“, erklärte Vater Hubert. Drei Jahre vor der Geburt seines Sohnes war Nagl Senior bei einem Motocross-Rennen schwer gestürzt und ist seitdem querschnittsgelähmt.
Ein WM-Titel von Max wäre auch für ihn eine Krönung. Doch dieser Traum ist nun erst einmal in die Ferne gerückt. Wie viele der verbleibenden acht Rennen Nagl noch absolvieren wird, ist fraglich.
Dass der Titelanwärter ausgerechnet im Talkessel, auf der „wunderschönen Naturstrecke“, wie Hubert Nagl sie bezeichnet, stürzte, ist besonders bitter. „Teutschenthal hat für uns eine lange Geschichte“, sagte Hubert Nagl, „hier hat Max seinen ersten DM-Lauf gewonnen, hier hat er die ersten WM-Punkte geholt, hier war er das erste Mal bei einem Masters-Lauf auf dem Podium.“
Und hier sollte er sein Heimrennen in der Königsklasse gewinnen. Das gelang stattdessen Romain Febvre. Durch seinen Sieg zog der Franzose in der Gesamtwertung an Nagl vorbei. Der Deutsche ist nun in der Verfolgerrolle - und verletzt.
Verletzung verhindert Historisches
Max Nagl wäre der erste Deutsche gewesen, der als WM-Führender bei einem MXGP-Lauf gestartet wäre. Etwas Historisches, das zum Bedauern aller nicht zustande kam. „Es ist ja in allen Sportarten so“, sagte Joachim Jahnke, Vorsitzender des MSC Teutschenthal, „wenn ein Deutscher vorne mit dabei ist, dann steigt das Interesse.“
Das war auch in Teutschenthal zu beobachten. Zumindest am Samstag. Nagls Verletzung schwebte gestern dann wie eine dunkle Wolke über dem Talkessel.
32.000 Zuschauer sahen die Rennen am Wochenende insgesamt. Trotzdem eine gute Zahl. Zumal andere Deutsche wie Henry Jacobi vom MSC Teutschenthal, guter Zehnter in der MX2, oder Lokalmatador Angus Heidecke, 16. in der MXGP, respektable Ergebnisse erzielten. Doch trotzdem: Alle vermissten Max Nagl. „Guck mal, da ist der Tony“, sagte ein begeisterter Vater zu seinem Sohn, als der italienische Star Tony Cairoli an ihnen vorbeifuhr. Doch den kleinen Mann, vielleicht zehn Jahre alt, interessierte nur einer: „Wo ist Max?“ (mz)