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Deutsche Küche in Halle (Saale): Das "Leidenschaften" in der Nikolaistraße

Von Iris Stein 04.11.2013, 15:53
Nicht im dunklen Keller, sondern im hellen Gewölbe empfängt das „Leidenschaften“.
Nicht im dunklen Keller, sondern im hellen Gewölbe empfängt das „Leidenschaften“. Andreas Stedtler

Halle (Saale) - Fast hätte es nicht geklappt, denn beim ersten Anlauf, dem Café und Hofrestaurant „Leidenschaften“ einen Besuch abzustatten, hatten sich die Betreiber gerade für den Feierabend entschieden. Den ganzen Tag über hatte es Strippen geregnet und kein einziger Gast war bis zum Abend eingekehrt. Also traten auch wir den Rückzug an, aber nur, um wenige Tage später erneut einen Versuch zu wagen. Welch kluge Entscheidung!

Kontakt

Große Nikolaistraße 5, 06108 Halle (Saale)

Telefon: 0345/ 58 29 87 77

Netz: www.leidenschaften-haendelhaus.de

Erfrischung auf der Terasse des „Leidenschaften“ in Halle

Ein wundervoller Herbstnachmittag, mit Sonne und Wärme wie man sie nur vom Sommer kennt empfängt uns diesmal und verlockt dazu, den Aperitif - Aperol Spritz (5 Euro) natürlich - und ein frisches Weizenbier auf den bequemen Korbmöbeln im Hof einzunehmen.

Sachte segeln vom Trompetenbaum herbstlich gefärbte Blätter, mild kitzeln die letzten Sonnenstrahlen - es genießt sich gut im Hof des halleschen Händelhauses. Dass da die gewünschte Zitronenscheibe im Hefeweizen fehlt, fällt kaum ins Gewicht, zumal die freundliche Bedienung sich charmant entschuldigt.

Kaffeespezialitäten in Halle: Tortenkreationen, die den Atem stocken lassen

Wir hätten zeitiger kommen sollen, wird bei einem Blick in die Karte deutlich und vor allem bei einem aufs Kuchenangebot. Elf verschiedene Tee- und jede Menge Kaffeespezialitäten buhlen um Gästegunst, vor allem aber Tortenkreationen, die ob ihrer Größe und Opulenz den Atem stocken lassen.

„Hochstaplertorten“ genannt, heißen sie nicht etwa so, weil sie mehr versprechen als halten, sondern im Gegenteil tatsächlich hoch aufgetürmt daherkommen. Aber eine Kaffeerunde soll es nicht werden und so ziehen wir vom lauschigen Hof, als die Sonne schwindet, und nehmen Platz im Kellergewölbe unter dem Händelhaus.

Blick in die Speisekarte des „Leidenschaften“: Für jeden Geschmack etwas dabei

Schneeweiß sind Decke und Wände, viel Weiß bestimmt auch die geschmackvolle Dekoration, flink ist die Karte bei der Hand. Die besticht gleich zweifach. Zum einen mit wohltuender Übersichtlichkeit und zum anderen mit überraschender Originalität. Sieben Fleisch-, sechs Fisch- und vier vegetarische Gerichte - da sollte sich für jeden Geschmack etwas finden lassen.

Wir versuchen ein Kartoffelschaumsüppchen mit gebratener Chorizo (5,50 Euro), eine Suppe von der jungen Erbse mit Hühnerschaschlik und Chilischaum (6,50 Euro) sowie einen mediterranen Tomaten-Brot-Salat (8,50 Euro) mit lauwarmem Balsamico. Fein cremig und kräftig gewürzt die beiden Süppchen, eine tolle neue Erfahrung der Salat.

Die kross gebratenen Brotstücken schmecken köstlich nach Butter und Mittelmeerkräutern - da möchte man kein einziges Häppchen abgeben. Und auch die Tomaten bestechen mit fruchtigem überzeugendem Geschmack - dass das durchaus nicht immer so ist, hat mancher schon leidvoll erfahren müssen.

Übersichtliche Weinkarte im „Leidenschaften“: Kein Wein aus der Region

Unauffällig und flink hat die Bedienung inzwischen den Wein serviert: eine Hullabaloo genannte Cuvée von Sauvignon Blanc und Chardonnay aus der Pfalz (Schoppen zu 5,50 Euro), die leider nicht so recht überzeugen konnte. Ganz im Gegensatz dazu der Volratz 1573, ein Riesling (4,80 Euro), der perfekt gekühlt an den Tisch kommt und einen sehr gelungenen Eindruck hinterlässt.

Bei der Weinkarte ist die Übersichtlichkeit, die auch hier herrscht, nicht unbedingt von Vorteil und dass es aus der Region kein einziges Angebot gibt, ist schon bedauerlich. Im Keller des Händelhauses sollte es vielleicht sogar etwas aus Händels Weinberg sein. Genau das würde sich bei einem nächsten Besuch finden lassen, ist zu erfahren , denn die Händelweine gehören künftig zum Standard, wie überhaupt das gesamte Angebot ausgebaut wird.

Mehr Programm im „Leidenschaften“

Das hat sich Inhaber Ricky Baumgarten fest vorgenommen und seine Gäste können sich darauf verlassen, dass der ideenreiche Gastronom dieser Ankündigung schnell Taten folgen lässt. Seit Mai ist der 37-jährige Norddeutsche Pächter des „Leidenschaften“ und dabei, sein Konzept erfolgreich umzusetzen.

In den tiefen Gewölben finden sich Händelstube und Café, gegenüber öffnet in wenigen Tagen ein weiteres Restaurant mit gleichzeitigem Cafébetrieb und auch im Innenhof kann man verweilen. Mit diesen Standbeinen will der Betriebswirtschaftler, den es der Liebe wegen nach Halle verschlagen hat, Gäste locken.

38 Veranstaltungen gab es in der kurzen Zeit seit der Eröffnung bis jetzt, darunter Musikalisches, Lesungen, Gespräche. „Bei uns soll es nicht nur normale Gastronomie geben, sondern mehr: Unterhaltung und Kultur“, lässt der Chef wissen. Von Kaffeeklatsch ist die Rede, Puppentheater und einer Strohbar mit winterlichen Genüssen ab 29. November auf dem Hof.

Hauptgericht: Jakobsmuschel auf den Punkt

Allein, jetzt kommen erst einmal die Hauptgerichte auf den Tisch und die halten, was die Karte versprochen hat. Die Seealgenspaghetti leicht süßlich und perfekt ergänzt mit Jakobsmuscheln und Scampi, die taufrisch und auf den Punkt gebraten sind (13,80 Euro). Das will gekonnt sein.

Das Rinderfilet mit Rotweinschalotten, Kirschtomaten und Rosmarinkartoffeln (24 Euro) lässt sich schneiden wie Butter und ist ohne Fehl und Tadel. Und auch die Maishähnchenbrust in Preiselbeersauce mit Wirsingrahm, Butterspätzle und Salat (13,90 Euro) überzeugt. Nicht zuletzt durch den Wirsingrahm.

Es ist eigentlich schon zuviel des Guten, aber aufs Dessert verzichten? Das geht gar nicht und so darf es noch eine Schokoladentarte (6,50 Euro) sein, die feucht-schwer den rechten Schlusspunkt setzt. Und auch das Millefeuille, eine köstlich süße lauwarme Creme mit Fruchtpürree im Glas serviert (6 Euro) findet Gefallen. Klares Fazit: Vielleicht wird ja eine Leidenschaft aus dem Besuch im „Leidenschaften“.

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