19. Auflage „Der Esel, der auf Rosen geht“ Ehrenamtspreis: Warum ein Esel für Halle und den Saalekreis so wichtig ist
Seit 2003 vergeben MZ, nt und Volksbank für Engagierte eine besondere Auszeichnung. Matthias Brenner, Intendant im neuen theater, spricht über den Wert der Veranstaltung.
Halle (Saale)/MZ - Der Weg durch das „neue theater“ (nt) in das Büro des Intendanten Matthias Brenner ist wie ein Irrgarten. Über verwinkelte Flure geht es hinauf, vorbei an Requisiten und einer Bilder- und Fotogalerie. Seit 2011 ist der 65-Jährige das Herz und der Kopf des Schauspielhauses und mit dem nt neben der Mitteldeutschen Zeitung und der Volksbank einer der Initiatoren des wichtigsten Ehrenamtspreises für Halle und den Saalekreis: „Der Esel, der auf Rosen geht“. In diesem Jahr endet Brenners Amtszeit in Halle. Der „Esel“ als gesellschaftliche Institution wird bleiben. Über die mittlerweile 19. Auflage hat Dirk Skrzypczak mit dem Schauspieler und Autoren gesprochen.
Herr Brenner, bevor wir zum Esel kommen, interessiert mich die Fotogalerie. Dort hängt auch der frühere DDR-Staatschef Erich Honecker. Wie ist Ihr Verhältnis zu ihm?
Matthias Brenner (lacht): Wir haben das Verhältnis vollkommen umgekehrt. Ich rede hin und wieder mit ihm. Es ist nicht so, dass ich ihm Bericht erstatten würde. Aber er soll wissen, warum ich ihn an manchen Tagen ignoriere.
Als Sie nach Halle kamen: Kannten Sie den Preis?
Zunächst nicht. Aber schon im Vorbereitungsjahr stellte man mir die Frage, ob ich zum Esel da wäre. Esel? Das erklärt zunächst nichts. Und bei der Preisverleihung 2011 war ich tatsächlich nicht dabei, sondern Schauspieler Jörg Steinberg, der mit mir in Halle anfing. Er war begeistert.
Danach wurden Sie zu einem Gesicht der Initiative. Mussten Sie sich fügen?
Das habe ich freiwillig getan. Und ich wollte die Veranstaltung qualifizieren. Der Esel gibt uns Bühnen Halle die Möglichkeit, verschiedene Kunst- und Kulturgattungen zu präsentieren. 2012 wollte ich die Moderation selbst ausprobieren. Es hat viel Spaß gemacht. Und danach hat niemand gefragt, ob es mal ein anderer moderieren sollte. Die Story hinter dem Preis ist auch toll, da kann man in der Erzählweise und mit künstlerischen Beiträgen gut variieren.
Ist Ehrenamt überhaupt noch angesagt? Viele Menschen sind sich doch selbst am nächsten.
Das ist ja auch der Punkt in der Sage. Die Stadt, militärisch unterlegen, wird vor der Zerstörung bewahrt, weil ein König gnädig ist. Die Menschen in Halle haben verstanden, dass ihr Leben nicht selbstverständlich ist. Sie versammeln sich und wollen dem König danken. Doch als sich das Tor öffnet, kommt ein Junge mit einem Esel hindurch. Und die Masse bricht vor Heiterkeit zusammen. Die Menschen hatten damals auch keinen Grund, sich solidarisch zu verhalten, aber sie haben ihre Menschlichkeit entdeckt. Ob die Geschichte so stimmt, ist wurscht. Aber sie lehrt uns etwas. Dass man Leute ans Licht holt, die man sonst nicht sieht. Das hat etwas mit Würde zu tun.
Was ist das Besondere an diesem Ehrenamtspreis?
Dass es einen Esel als Preis gibt. Dahinter verbirgt sich eine doppelte Ironie und in diesem Fall eine sehr hohe Anerkennung. Es wird überall darüber gesprochen, Initiativen und Nominierte lernen sich gegenseitig kennen. Und danach folgt die Party, die nicht in einem Staatsakt mündet. Der Abend macht ganz viel Spaß.
Sind Ihnen in elf Jahren Esel spezielle Momente in Erinnerung geblieben?
Mich hatte ein junger Mann berührt, der eine Art Telefonseelsorge für Menschen anbot, die sexuell anders orientiert waren. Oder da war der Helfer aus einem Randgebiet in Halle, der Fahrräder reparierte. Und wir waren mit einem Preis nah am Krimi. Fußballfans kennen die Halle/S.-Fahne, die man bei TV-Übertragungen immer im Fernsehen sieht. Es war nicht leicht, einen anonymen Esel zu vergeben, denn die Menschen hinter der Fahne wollen unerkannt bleiben. Und doch setzen sie sich dafür ein, dass Halle bekannter wird.
2020/21 war es durch Corona schwierig. Einmal fiel die Preisverleihung aus, einmal gab es sie virtuell. Ist es dem Esel da ans Fell gegangen?
Der Esel ist nicht totzukriegen. Ins Wanken hatte ich ihn aber mal gebracht. Ich hatte überlegt, ob es nicht wertvoller wäre, den Preis nur noch aller zwei Jahre zu verleihen. Das Nein kam prompt und die anderen Initiatoren fragten sich, was mit mir los sei. Auch mir ist nun klar, dass sich dieses Format jedes Jahr wiederholen muss, damit die Vielfalt erhalten bleibt.
Der Esel lebt von dem wunderbaren Flair zur Preisverleihung im nt. Was dürfen wir denn dieses Jahr erwarten?
Der Rosenregen ist gesetzt. Der gehört zu dem Preis wie der Reichsapfel und das Zepter als Insignien der Macht. So viel kann ich ansonsten verraten. Wir werden dieses Mal Faulheit und Fleiß miteinander in Beziehung setzen.
Neu wird dieses Jahr ein Publikumspreis sein, für den ausschließlich online gevotet werden kann. Warum das Format?
Wir wollen die Aktion breiter fächern, mehr Leute auf den Preis aufmerksam machen. Die Ehrenamtlichen wachsen zum Glück nach, das Publikum soll es auch.
Warum sollte ich mich dafür interessieren und voten?
Der Esel ist ein Teil der Natur. Und es sollte auch zu unserer Natur gehören, dass wir uns bedanken. Wir zeigen außerdem so oft mit dem Finger auf andere. Das muss doch nicht immer negativ sein. Ich zeige auf dich, weil ich dich schätze. Außerdem wird man auf heitere Weise informiert, wie man anderen helfen kann.
Ihre Intendanz endet. Wie geht es mit dem Esel weiter?
Also der Esel läuft in seinen Bahnen. Und ich möchte ihn auch künftig gern begleiten und ihm manchmal sagen, wo es langgeht.
Das ist der „Esel“ - und so machen Sie mit
Der Ehrenamtspreis „Der Esel, der auf Rosen geht“ wird seit 2003 an engagierte Menschen und Initiativen aus Halle und dem Saalekreis verliehen.
Auszeichnungen: In diesem Jahr werden sechs Eselskulpturen aus Bronze vergeben: Drei Bürgerpreise, der Preis der Initiatoren und der Preis der Jury. Neu ist der Publikumspreis, für den online gevotet werden kann. Die Wahl startet nach dem 25. Mai, wenn die Jury die zehn Teilnehmer an dem Voting bestimmt hat. Auch die Bürgerpreise werden durch die Jury vergeben.
Jury: Über die Preisträger beraten Matthias Brenner (nt), Sascha Gläser (Volksbank), Bob Dauer (MZ), Antje Häge (Volksbank), Hans-Jürgen Kant (Kirchenkreis Halle), Karen Leonhardt (Freiwilligenagentur), Judith Marquardt (Beigeordnete Stadt Halle), Angela Papenburg (Papenburg AG), René Walther (Geschäftsführer Stadtwerke) sowie Petra Wernicke (Direktorin Polizeiinspektion Halle).
Modus und Vorschläge: Wenn Sie, liebe Leser, engagierte Bürger, Vereine oder Initiativen kennen, die sich für das Gemeinwohl einsetzen, dann können sie diese Personen oder Gruppen vorschlagen. Dazu müssen Sie online ein Formular auf der Internetseite esel-auf-rosen.de ausfüllen. Im oberen Feld der Seite findet sich dazu ein extra Button. Sie bekommen danach eine Mail als Bestätigung. Die Nominierungsphase startet sofort und endet am 6. Mai.
Preisverleihung: Höhepunkt ist eine bunte Festveranstaltung am 1. Juli im „neuen theater“. An diesem Abend sind nicht nur alle Nominierten eingeladen, sondern auch alle, die Ehrenamtliche vorgeschlagen haben. Im großen Saal werden die Preise übergeben. Ehrengast ist Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Die Preisverleihung wird mit viel Kultur und Musik umrahmt.
Informationen: Gebündelt werden alle Infos auf der Internetseite esel-auf-rosen.de Die MZ wird multimedial die 19. Auflage des „Esels, der auf Rosen geht“ begleiten. Dazu gehören Porträts der Kandidaten, Blicke hinter Kulissen sowie Audio- und Videobeiträge.