Denkmalschutz Denkmalschutz: Obolus für Stadtgottesacker in Halle

Halle (Saale) - Es war nur ein Denkanstoß: „Sensibilisieren“, nennt man dergleichen: Ulrike Wendland, Sachsen-Anhalts Landeskonservatorin, hatte im Kulturausschuss des hiesigen Stadtrats kürzlich ein paar Minuten Redezeit bekommen, um über ein Problem zu sprechen, das - zum Glück - noch gar keins ist. (Ja, auch so was gibt’ in Halle!) Über eine Frage also, die - schneller als man denkt - ein Problem werden könnte, wenn man sich mit der unfassbar glücklichen Lösung des Vorgängerproblems allzu lange und allzu sorglos zufrieden gibt.
Kurz und gut, es ging um den Stadtgottesacker - jenen nördlich der Alpen einzigen Renaissance-Friedhof, der nach Entwürfen des berühmten halleschen Stadtbaumeisters Nickel Hoffmann seit 1557 und volle 30 Jahre lang erbaut wurde. Jenen Friedhof, der dann im Zweiten Weltkrieg beschädigt und - wie so vieles Wertvolle und Unwiederbringliche - in der DDR-Zeit seinem völligen Verfall überlassen wurde.
Rettung durch bürgerschaftliches Engagement
Über die Rettung des Stadtgottesackers ist seither viel gesagt und berichtet worden. Es war bürgerschaftliches Engagement, dem diese Rettung zu verdanken ist: Einerseits einem Engagement aus der aktuellen halleschen Bürgerschaft und anderseits - als schier unglaublicher Glücksfall - der Hilfe der einstigen Hallenserin Marianne Witte.
Die vor vier Jahren verstorbene Ärztin aus Mühlheim hatte als Jugendliche in Halle gelebt und hier studiert. Wohl deshalb hatte sie in den 1990er Jahren begonnen, mit Millionenspenden aus dem Vermögen ihres Vaters, des einstigen halleschen Professors und späteren Chemie-Nobelpreisträgers Karl Ziegler (1898-1973) - der unter anderem als Erfinder der Plastiktüte gilt - die Rettung des Stadtgottesackers in Form einer grundhaften Restaurierung zu ermöglichen.
Insgesamt mehr als sechs Millionen Euro hatte Marianne Witte, die 2003 die hallesche Ehrenbürger-Würde erhielt, für dieses Projekt aufgewendet. Und weitere Mittel wurden und werden durch die von Wittes Familie gegründete Marianne-Witte-Stiftung zur Verfügung gestellt.
Stadt soll sich finanziell beteiligen
Allerdings bahnt sich, wie den Worten der Landeskonservatorin zu entnehmen war, nun so etwas wie eine Bedingung an, die mit der Höhe künftiger Zuwendungen zu tun hat. Ulrike Wendland, die selbst dem Beirat der Witte-Stiftung angehört, trug den Stadträten des Kulturausschusses vor, dass die Witte-Stiftung eine feste jährliche Beteiligung der Stadt an den Instandhaltungskosten für den Stadtgottesacker angeregt habe. Die Rede war dabei von 10.000 Euro. Diesen - wohl eher symbolisch gemeinten - Betrag wolle die Stiftung dann aus eigenen Mitteln jeweils auf 50.000 Euro aufstocken. Mit diesem Geld könne dann auf kleine Schäden, etwa am Putz der Außenmauern, schnell und regelmäßig reagiert werden.
Aus der Sicht der Landeskonservatorin Wendland läuft die Anregung der Witte-Stiftung auf eine Art „Pilotprojekt“ hinaus. Die Frage laute nämlich: Wie bekommt man die Instandhaltung eines solchen Objekts mit einem „niedrigschwelligen, kontinuierlichen Aufwand“ hin? Auch um zu verhindern, dass ein derart gewaltiger Sanierungsstau wie in den 40 Jahren DDR erneut entstehen kann!
Zu den Geldern aus der Stiftung kommen bisher noch 360 000 Euro an Fördergeldern und Spenden hinzu - für das beispiellose Sanierungsprojekt an den Schwibbögen des „Camposanto“. Der Verein „Bauhütte Stadtgottesacker“ um Peter Dahlmeier und die Bildhauer Bernd Göbel, Martin Roedel, Marcus Golter, Maya Graber, Steffen Ahrens und Dirk Brüggemann realisiert es. (mz)
