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Kinderbetreuung in Halle Das muss sich in den Kitas ändern - Träger reichen Petition im Landtag ein

Halle will etwas gegen die gestiegene Jugendkriminalität tun. Laut den freien Trägern könnten die Kitas eine Stellschraube sein. Doch dafür müsste das Land nachbessern.

Von Tanja Goldbecher 08.03.2024, 06:00
Jan Förster von der Ersten Kreativitätsschule Sachsen-Anhalt (links), Tobias Heinicke vom DRK und Beate Gellert vom Kinder- und Jugendhaus haben im Landtag eine Petition von den freien Trägern in Halle eingebracht.  Sie wollen, dass sich die Arbeit in den Einrichtungen verbessert.
Jan Förster von der Ersten Kreativitätsschule Sachsen-Anhalt (links), Tobias Heinicke vom DRK und Beate Gellert vom Kinder- und Jugendhaus haben im Landtag eine Petition von den freien Trägern in Halle eingebracht. Sie wollen, dass sich die Arbeit in den Einrichtungen verbessert. Foto: Goldbecher

Halle (Saale)/MZ. - Ein Erzieher kümmert sich um drei Krippenkinder. Diesen Personalschlüssel empfiehlt die Bertelsmann-Stiftung. Ab dem Kindergartenalter sollte ein Erzieher statistisch betrachtet dann maximal 7,5 Kinder betreuen. Während Bundesländer wie Baden-Württemberg diesem Ideal recht nahekommen, ist Sachsen-Anhalt weit davon entfernt.

Hier gilt das Ziel, dass ein Erzieher für 5,5 Krippenkinder oder 13 Kindergartenkinder verantwortlich ist. „In der Praxis verstoßen wir aber jeden Tag gegen diese Vorgabe“, sagt Beate Gellert vom Trägerverein „Kinder- und Jugendhaus“ und Hauptsache-Halle-Stadträtin. Sie hat mit der Interessengemeinschaft „Freie Träger von Kindertageseinrichtungen Halle (Saale)“ nun eine Petition im Landtag eingereicht, um den Personalschlüssel zu verbessern.

Urlaub, Krankheit und Elterngespräche einkalkulieren

Ändert sich an der aktuellen Situation nichts, befürchten die Träger erhebliche Nachteile für die Kinder und Erzieher. Jan Förster, Geschäftsführer in der neu eröffneten Kita „Onkel Uhu“ in Halle-Neustadt, kann das Problem ganz praktisch erklären. So berichtet er, dass das Land weder Urlaub noch Krankheit in den Personalschlüssel einkalkuliert. Auch die Zeit für Elterngespräche, die Arbeit an neuen Konzepten und das Anlegen eines Ordners pro Kind spiele keine Rolle. „Dabei stellen wir fest, dass uns solche Aufgaben immer stärker fordern“, sagt Förster.

Auch durch die erhöhten Krankentage müssten sich Erzieher oft um mehr Kinder kümmern, als es vorgesehen ist. So komme es in den verschiedenen Einrichtungen vor, dass ein Erzieher in den Spitzen plötzlich für zehn Krippenkinder oder 18 Kindergartenkinder allein verantwortlich ist. Eine pädagogisch wertvolle oder individuelle Arbeit sei dann kaum noch möglich. „Dabei können wir gerade in der Kita-Zeit die Grundsteine für den späteren Bildungsweg legen“, betont Förster.

Als wichtige Aufgabe betrachten es die Kitas zum Beispiel, dass alle Kinder Deutsch lernen. Damit werde ihnen der Start in der Grundschule erheblich erleichtert. Förster ist überzeugt, dass Kinder, die schon dort gut mitkommen, später weniger wahrscheinlich kriminell werden. Zugleich fänden in der Kita-Zeit viele niederschwellige Begegnungen mit den Eltern statt. Sozialarbeit könne leicht erste Impulse setzen. „Die frühkindliche Bildung in den Kitas muss mehr wertgeschätzt und gefördert werden“, sagt der Geschäftsführer.

Träger wollen Debatte im Landtag anstoßen

Die zentrale Forderung der freien Träger ist deshalb, den Personalschlüssel anzupassen. Die Interessengemeinschaft habe jedoch schon die Rückmeldung vom Land bekommen, dass das schwer umsetzbar sein wird. Doch die Träger lassen sich davon nicht beirren. Sie fordern zudem, dass die Erzieherausbildung verbessert wird. Inhaltlich, aber auch beim Punkt Bezahlung müsse sich etwas ändern. Dass die Interessengemeinschaft etwas bewegen kann, davon ist Beate Gellert überzeugt: „Wir haben vor allem auf kommunaler Ebene schon viel erreicht.“

So konnten die Träger durchsetzen, dass die Kita-Leitung von der Betreuungsarbeit freigestellt wird. Prozentual werde in Halle auch anerkannt, dass die Erzieher Zeit für organisatorische Arbeiten brauchen. Für mehr Personal in den Einrichtungen sei jedoch das Land zuständig. Die Petition der freien Träger aus Halle soll demnächst im Sozialausschuss im Landtag diskutiert werden.