Bürgerpreis "Esel der auf Rosen geht" Bürgerpreis "Esel der auf Rosen geht" in Halle (Saale): Denkmalpfleger Gotthard Voss ist unglaublich engagiert

Halle (Saale) - Für das Porträtfoto von Gotthard Voß, dem Halles Roter Turm als der selbst gewählte Hintergrund dienen soll, hat sich der 78-Jährige auf einen Terrassenstuhl gestellt, unmittelbar neben der Brüstung, hinter der es steil hinunter in die Tiefe geht. „Ich bin gelernter Zimmermann - die Höhe macht mir nichts aus“, sagt Gotthard Voß lachend. Beneidenswert leicht bewältigt er die zahllosen, engen Stufen hinauf bis in die Laterne des Roten Turms.
In rund 65 Meter Höhe hängen dort die fünf Uhrenglocken, die seit dem vergangenen Jahr den Hallensern wieder die Stunde schlagen. Als die Stadt das gewaltige Glockenspiel im Turm sanieren ließ, wurden vor allem auf Betreiben von Gotthard Voß hin auch wieder diese Uhrenglocken angeschlossen, die Jahrzehnte stumm geblieben waren.
Im zweiten Weltkrieg zerstört: Denkmalpfleger baute Haube des Roten Turms wieder auf
Der Rote Turm, Halles 500 Jahre altes Wahrzeichen, ist ganz sicher das Baudenkmal, an dem Gotthard Voss seit 1965 als Denkmalpfleger und Architekt die sichtbarsten Spuren hinterlassen hat: Ganz ohne Auftrag hat er Anfang der 1970er Jahre gemeinsam mit einem Bauingenieur der Denkmalpflege aus Berlin den Wiederaufbau der Turmhaube geplant - ehrenamtlich.
Im Jahr 1945 war die Turmhaube nach einem Granatentreffer brennend herabgestürzt. Den gewaltigen Helm 1975 neu zu bauen, dies war eine einmalige baudenkmalpflegerische Leistung in der DDR.
„Diese Aufgabe bis hin zur baufachlichen Begleitung war sicher einer meiner beruflichen Höhepunkte“, sagt Gotthard Voß heute. Und der Turm hat den Denkmalpfleger los: „Das Wahrzeichen soll wieder stärker in das Bewusstsein der Hallenser rücken. Der Rote Turm war der einzige frei stehende Glockenturm nördlich der Alpen. Dennoch hat dieses bedeutende Denkmal keine Lobby“, findet Voß.
Förderkreis Roter Turm: „In diesem Jahr sollen sieben Glockenspielkonzerte stattfinden.“
Ein von ihm initiierter „Förderkreis Roter Turm“ will das ändern. Vor allem auf bürgerschaftliches Engagement der Hallenser setzt Voß dabei. Und auf Musik: „In diesem Jahr sollen sieben Glockenspielkonzerte stattfinden.“ Für sein ehrenamtliches Engagement ist Gotthard Voß nun für den MZ-Bürgerpreis „Der Esel, der auf Rosen geht“ vorgeschlagen worden. „Der Mensch, der mich im zurückliegenden Jahr am meisten mit seinem Engagement beeindruckt hat ist Gotthard Voß, Landeskonservator a.D. und seitdem im äußerst engagierten Unruhestand“, so Melanie Holtemöller, selbst engagiert für die junge Evangelische Grundschule in Halle.
Mehr als 120 Arbeitseinsätze freiwilliger Helfer hat Voß organisiert
Das Ehrenamt hat auch schon für den behördlichen Denkmalpfleger Voß immer eine große Rolle gespielt. Beim Roten Turm wie beim Wiederaufbau der Laurentiuskirche etwa, die 1984 durch Brandstiftung bis auf die Umfassungsmauern zerstört wurde.
Mehr als 120 Arbeitseinsätze freiwilliger Helfer hat Voß seinerzeit organisiert. Streitbar, aber immer lösungsorientiert und stets im Interesse des Denkmals, hat Gotthard Voß auch ab 1991 als Landeskonservator, also als „oberster“ Baudenkmalpfleger Sachsen-Anhalts, gewirkt. Großen Anteil hat er etwa daran, dass die „Fahne“ am Hansering nicht abgerissen wurde. Und auch das marode „Mägdeleinhaus“ in die Franckeschen Stiftungen gäbe es ohne seinen Einspruch nicht mehr - heute ist es saniert. Voss’s neuestes Projekt ist es, für die leerstehende Kirche auf dem Weinbergcampus eine angemessene Nutzung zu finden.
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