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Burg-Gymnasium Burg-Gymnasium: Durchs Fenster in die Schule

19.07.2012, 16:11

Halle (Saale)/MZ/pm. - "Wir waren Versuchskaninchen, Schüler wie Lehrer", sagt der Fotograf Sebastian Bergner. Er war von 1992 bis 1994 in der ersten Kunstklasse des Burg-Gymnasiums Wettin, genau wie die Malerin Babette Weidner. Das Burg-Gymnasium ist Landesgymnasium für Kunst und bietet eine spezielle Ausbildung in den bildenden Künsten an. Es feiert dieses Jahr sein 20. Jubiläum.

Nach der Wende entstand erstmals ein Kunstzweig innerhalb des halleschen Sportgymnasiums, so Bergner. Während die Mitschüler Box- oder Lauftraining hatten, besuchten Babette Weidner und Bergner Seminare an der Burg Giebichenstein.

Lange ging das nicht gut: die eher konservativen Sportschüler im Internat schrien ihnen hinterher: "Künstler raus!" und hängten Plakate mit Sprüchen wie "Initiative gegen Künstler" auf. Es kam 1992 so weit, dass der Kunstzweig aufgegeben werden sollte. Aber da machten die Kunstschüler nicht mit. Die zehnte und elfte Klasse fuhren geschlossen zum Kultusministerium, um das Land um Hilfe zu bitten.

Und tatsächlich: Ihnen wurde das halbleere Gymnasium in Wettin angeboten. 1992 durften die ersten Schüler nach Wettin. Die erste Kunstklasse war eine elfte und bestand aus nur 16 Schülern. Trotzdem wurde ein vollständiges Kurssystem geführt. In Bergners Bio-Kurs waren sie zu viert, ein Schüler hatte sogar im Physik-Leistungskurs Einzelunterricht.

Vieles sei chaotisch gewesen, aber dafür hatten die Kunstschüler sehr viel Freiraum, meint Bergner. "Oft haben wir die Erzieher an der Nase herumgeführt und die verrücktesten Partys gefeiert." Babette Weidner ist nachts auch mal in die Kunstgebäude eingestiegen: "Wir haben einfach die Fester offen gelassen, um immer in die Werkstätten rein zu können."

Als sie um Mitternacht noch immer an einem Projekt arbeitete, brachte der Pförtner ihr einen Kaffee. Am nächsten Morgen war es vorbei mit dem Mitgefühl: Mathe-Test in der ersten Stunde. "In der Kunstklasse habe ich sehr viel gelernt", sagt Babette Weidner. Besonders den Unterricht bei Burghard Aust fand sie spannend. "Dort konnte man alles ausprobieren." Noch heute arbeitet Babette Weidner mit ihrem ehemaligen Lehrer an gemeinsamen Projekten und Ausstellungen.