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Kandidaten im Gespräch Bundestagswahl 2017 - Kandidaten im Gespräch - Christoph Bernstiel (CDU)

04.09.2017, 13:21
Christoph Bernstiel geht entspannt auf die Zielgerade seines ersten Anlaufs Richtung Berlin.
Christoph Bernstiel geht entspannt auf die Zielgerade seines ersten Anlaufs Richtung Berlin. Lutz Winkler

Halle (Saale) - „Nur wer eine Chance bekommt, kann sie nutzen“, steht auf einem Wahlplakat der Grünen an einer Laterne in der Innenstadt. Das Plakat direkt darunter zeigt kurioserweise das Gesicht eines Kandidaten der Konkurrenz, auf den dieser Spruch seines jungen Alters wegen bestens zu passen scheint: Christoph Bernstiel, der erstmals für die CDU ins Rennen um das Direktmandat geht. Das Interview mit ihm führt Detlef Färber.

Halles CDU-Urgestein Christoph Bergner tritt nicht wieder bei der Wahl fürs Berliner Parlament an: Hat er damit Platz gemacht für einen der typischen Senkrechtstarter in die Berufspolitik?
Christoph Bernstiel: Eher nicht. Nach meinem Studium bin ich zunächst einen anderen Weg gegangen. Mir war wichtig, erstmal zu arbeiten und berufliche Erfahrungen zu sammeln. Nebenher habe ich noch ein berufsbegleitendes Studium absolviert. Ehrenamtlich engagiert war ich übrigens schon als Schüler, mit 14, doch mit meiner Wahl in den halleschen Stadtrat ging’s dann richtig los.

Dort sitzen sie gleich in mehreren wichtigen Ausschüssen. Was liegt Ihnen mit Blick auf die Stadt derzeit besonders am Herzen?
Bernstiel:  Ich möchte, dass Halle sicherer und wirtschaftlich stärker wird. Wir müssen die Innenstadt revitalisieren, und dazu gehört auch, dass wir endlich verstehen, dass das Konzept einer autoarmen Innenstadt gescheitert ist. Die Folgen erleben wir jetzt, wenn Läden dichtmachen.

Politik ist zeitlich begrenzte Machtausübung. Ist das für die CDU und für Angela Merkel gar kein Thema mehr?
Bernstiel:  Darüber entscheiden einzig die Wähler. Niemand ist unfehlbar, aber ich bin froh, dass die Kanzlerin mit ihrer abgeklärten Art unser Land regiert. Sie ist authentisch. Überdies haben sich Kabinett und CDU-Parteispitze verjüngt: Man denke an Jens Spahn, Peter Tauber oder Dorothea Bär.

Am Saalestrand, wenn auch nicht in der Stadt, die auch künftig seine Heimat bleiben soll, ist er geboren: Christoph Bernstiel, ein Bernburger, der zum Studium nach Halle kam - und blieb.

Erst 33 Jahre alt, ist er schon zwölf Jahre CDU-Mitglied und sitzt für seine Partei seit 2014 im halleschen Stadtrat. Nach dem Abitur hat er als anerkannter Kriegsdienstverweigerer Zivildienst in einem Kindergarten geleistet, später seine Haltung zur Bundeswehr geändert - und ist nun Mitglied in deren Reservistenverband.

Studiert hat Bernstiel Politikwissenschaft und Soziologie und später Kommunikationsmanagement an der Deutschen Presseakademie. Seit 2010 ist er im Hauptberuf Mitarbeiter in Halles Multimediazentrum. Er lebt mit seiner Partnerin in einer festen Beziehung, ist noch kinderlos und konfessionslos.  

Aktuelle Frage: Was sagen Sie Leuten, die sich erst vor zwei, drei Jahren ein neues Auto mit Dieselantrieb gekauft haben?
Bernstiel:  Sie sollen den Diesel weiter fahren können. Ich bin strikt gegen Dieselfahrverbote. Für Halle ist der einzig richtige Weg zur Feinstaubreduzierung, endlich mal die A 143 fertigzubauen, dann würde die Belastung etwa in der Paracelsusstraße schlagartig um 40 Prozent sinken. Zudem: Umweltschutz darf nicht nur „Verbote, Verbote, Verbote!“ bedeuten.

Ihr Schwerpunkt ist die Innenpolitik? Viele Leute sind fassungslos, dass mutmaßliche Flüchtlinge sich Namen, Alter und Herkunftsland hier quasi aussuchen konnten und wie viele bei dieser Art Tombola gleich mehrere Identitäten gezogen haben. Wie ist dem zu begegnen?
Bernstiel:  Man hätte gleich eindeutig registrieren müssen. Dass Leute ihre Smartphones retten konnten, nicht aber ihre Papiere, sollten wir ihnen nicht einfach durchgehen lassen. Auch die Altersangabe muss bei vielen, die als unbegleitete Minderjährige gelten, überprüft werden. Nötig ist es, Fingerabdrücke abzunehmen und ein Iris-Scan durchzuführen. Zudem dürfen die Themen Asyl, Flüchtlinge und Zuwanderung künftig nicht mehr durcheinandergeworfen, sondern müssen endlich getrennt und differenziert betrachtet werden.

Können wir künftig aller Welt ein Asyl-Casting anbieten?
Bernstiel:  Nein. Wir können nicht allen helfen. Wir sind ja im Vergleich schon weit vorn mit der Hilfe. Wir brauchen sichere Zonen außerhalb Deutschlands, von denen aus man auch Asylanträge stellen kann. Zudem gehört es zur Souveränität, die eigenen Grenzen zu schützen. Die Schleuserkriminalität muss eingedämmt werden, auch darf es nicht sein, dass einige Organisationen illegale Einwanderung unterstützen. Für Deutschland selbst gilt übrigens: Ohne innere Sicherheit wird es auf Dauer keine Freiheit geben. Und ohne Freiheit können wir unseren Wohlstand nicht halten.

Bei einer Links-Demo in Halle kurz nach dem Terror von Hamburg  ist ihr Name per Lautsprecher in einer Aufzählung der Hassfiguren für die linke Szene mit ausgerufen worden. Schlimm für Sie?
Bernstiel:  Nein, solche Anfeindungen bin ich gewohnt, seit ich eine Internetplattform zur Extremismusprävention mit aufgebaut habe. Ich denke, die Polizei braucht wieder mehr Achtung. Angriffe auf Polizisten gehen gar nicht, auch Gesetzesbrüche wie Hausbesetzungen nicht.

Nach der Wahl könnten erstmals vier Hallenser in den Bundestag einziehen?
Bernstiel:  Wäre schön: Drei meiner Mitbewerber sind über die Landesliste ihrer Parteien ja gut abgesichert. Ich nicht, deshalb müsste man mich mit der Erststimme wählen.

Und wenn’s nicht kappt? Der CDU fehlt noch ein OB-Kandidat für 2019. Keine Lust?
Bernstiel:  OB ist ein reizvolles Amt - aber nein, ich möchte unsere Region im Bundestag vertreten.

Was macht denn Christoph Bernstiel, wenn er keine Politik macht? Sport oder Party?
Bernstiel:  Beides. Und Kultur, ich bin Mitglied im Freundeskreis des Neuen Theaters. Aber beim Sport habe ich den längeren Atem, laufe Halbmarathon, habe aber auch die ganze Distanz schon absolviert. Das alles ist perfekt als Ausgleich zum Teamsport Politik.

Klingt alles nach Gesundheit und hoher Selbstkontrolle.
Bernstiel:  Gut, ich rauche nicht, aber auch mal ein Bier und Gegrilltes muss trotz Sport möglich sein. (mz)