Bühnen Halle Bühnen Halle: Christoph Werner ist der Herr der Puppen

Halle (Saale) - So klingt es, wenn einer mit sich und dem, was er tut, im Reinen ist: „Ich gehöre zu diesem Puppentheater - und das Puppentheater gehört zu mir“, sagt Christoph Werner. Seit 25 Jahren leitet er die kleinste der halleschen Bühnen, die im Jahr 2001 vom Mühlweg auf die von Peter Sodann begründete Kulturinsel umsiedelte und heute eine der Sparten in der 2009 etablierten Theater, Oper und Orchester GmbH Halle (TOOH) ist.
Ein Vierteljahrhundert - also fast sein ganzes Berufsleben hat der 1964 in Dessau geborene Werner dem halleschen Puppentheater gewidmet, das sich ungebrochener Beliebtheit bei seinem Publikum erfreut und auch dank großer internationaler Koproduktionen zum Exportschlager der TOOH geworden ist.
Ein mulmiges Gefühl
Das freut den Chef natürlich, wenn er auch einräumt, dass ihm bei Gastspielen etwa in Paris, zu denen sich genussfreudige und verwöhnte Theatergänger der französischen Metropole erwartungsfroh im Saal versammelten, schon mal ein bisschen mulmig geworden ist. Aber das Vertrauen auf die Stärken der verschworenen Truppe macht das Lampenfieber wett. Halles „Puppe“, wie das Theater zu Hause kurz und liebevoll genannt wird, kommt auch im Ausland bestens an.
Inszenierungen wie „Kannst Du pfeifen, Johanna“ oder „Die Werkstatt der Schmetterlinge“ waren weltweit erfolgreich, da stärkt der Mannschaft und ihrem Kapitän natürlich den Rücken. Und die heimischen Fans, die ihr Puppentheater wie die Kulturinsel überhaupt lieben, macht das ebenfalls stolz. Da bestellt man seine Tickets gern langfristig im Voraus, denn auf gut Glück an der Abendkasse sieht es, jedenfalls für Familien- oder Freundesgruppen, meist eher schlecht aus.
Natürlich sind 25 Jahre an der Spitze ein- und desselben Theaters auch ein ganz schöner „Kanten“. Da könnte man zwischenzeitlich schon mal auf die Idee gekommen sein, etwas anderes zu versuchen - an einem anderen Haus oder gar in einer fremden Branche. Christoph Werner leugnet nicht, solche Überlegungen angestellt zu haben. Gerade auch im vergangenen Jahr, als es in der TOOH ganz erheblich knirschte zwischen der Geschäftsführung und mehreren Intendanten.
Aber schließlich ist der Herr der Puppen seinem Ensemble dann eben doch treu geblieben. Und Ende 2019 hat der Aufsichtsrat der TOOH die Verträge von Christoph Werner und Schauspielchef Matthias Brenner bis zum Sommer 2026 verlängert.
Spannungsvolle Ruhe
Alles in Butter bei den sorgengeplagten halleschen Bühnen also, der große Frieden nach dem großen Theaterkrach? Nein, so ist es offenbar nicht. Wie dann? Herrscht so etwas wie ein spannungsvoller Waffenstillstand? Dieser Formulierung stimmt Werner zu. Und er sagt, schließlich sei das Entscheidende für den Entschluss, zu bleiben, aber gewesen, dass sein Job doch ein verdammt schöner sei. Allen Spannungen zum Trotz. Die werden wohl auch nicht gänzlich verschwinden, was nicht nur an den handelnden Personen liegt, sondern vor allem auch am „Webfehler“ der TOOH-Konstruktion, die einen Geschäftsführer mit Befugnissen ähnlich einem Generalintendanten ausstattet.
Doch Werner ist ja ein alter Bühnenhase, er hat seine Erfahrungen gemacht und dabei übrigens nicht nur Erfolge gesammelt. Aber er weiß, was er wert ist. Das gibt Sicherheit. Die brauchte er schon, als er nach dem Studium an der Berliner Schauspielschule „Ernst Busch“ und ersten Jahren am Theater Waidspeicher in Erfurt mit dem „harten Kern“ seiner Truppe nach Halle umzog. Dort wollten sie ihn haben, seine fantasievollen Regiearbeiten, das gleichberechtigte Spiel von Puppen und Menschen waren einem größeren Kreis rühmlich aufgefallen.
In Halle war das Puppentheater damals noch mit dem Kabarett „Die Kiebitzensteiner“ zusammengespannt. Bevor sich die Wege beider Ensembles trennten, hat Werner das Ganze noch für kurze Zeit geführt. Später war seitens der Stadt zunächst daran gedacht worden, die Puppenspieler dem Kinder- und Jugendtheater „Thalia“ anzugliedern. Werner zog jedoch die Anbindung an Sodanns Kulturinsel vor, wo das „Thalia“ später, nach dem Verlust seiner Eigenständigkeit, ebenfalls angedockt wurde.
Öffentliches Spektakel
Der Umzug des Puppentheaters vom Mühlweg ins Zentrum der Stadt war ein öffentliches Spektakel, die eigenen Leute verhielten sich allerdings zunächst ein bisschen reserviert, wie Werner erzählt. Ihm sei die Heimstatt im Hause Sodann durchaus vernünftig erschienen. Künstler müssen manchmal auch Pragmatiker sein. Und seine eigenen Stiefel behielt das eng miteinander verbundene Puppentheater-Ensemble ja auch am neuen Ort an, so war es verabredet. Werner blieb der künstlerische Leiter. Und „die Puppe“ mauserte sich zum Wohnzimmer der Kulturinsel.
Das verließ Werner zwar nicht, musste seine Aufmerksamkeit aber von 2005 bis 2011 als Nachfolger von Peter Sodann auch dem halleschen Schauspiel widmen. Das wären vielleicht nicht seine glücklichsten Jahre zu nennen, fiele nicht auch ein theatrales Großereignis in diese Zeit. 2005 wurde Werner vom Internationalen Theaterinstitut, der Stadt Halle und dem Land Sachsen-Anhalt zum Intendanten von „Theater der Welt“ bestellt.
Bis 2008 bereitet er gemeinsam mit dem erfahrenen Kurator Torsten Maß dieses Festival vor - und es wurde dann, der anfänglichen Skepsis mancher Auskenner zum Trotz, die die mitteldeutsche „Provinz“ glatt überfordert sahen von einer solchen Aufgabe, zu einem überwältigenden Erfolg: Die Hallenserinnen und Hallenser sowie ihre Gäste nahmen die große Theaterschau begeistert an.
Und was steht für das eben begonnene Jahr auf dem Zettel des Intendanten? Christoph Werner plant die Wiederaufnahme des Erfolgsstückes „Das Geheimnis des alten Waldes“, ein spannendes Projekt, wie er sagt: Denn zwar sind die Puppen noch die selben, „Puppen werden nicht älter“, aber Schauspieler schon. Im Mai soll Premiere gefeiert werden, 2021 eine Fortsetzungsgeschichte auf die Bühne kommen, an der Werner schon schreibt.
Eine große internationale Koproduktion, „Moby Dick“, soll ebenfalls im nächsten Jahr noch angegangen werden, die letzte erst einmal. Danach will Werner im eigenen Haus, unter dem Dach der TOOH, Neues versuchen. Er peilt gemeinsame Arbeiten mit dem Ballett Rossa und auch mit der halleschen Staatskapelle an. Das reizt ihn sehr. Und das Publikum wird ihm sicher gern folgen. (mz)