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Boxen Boxen: Schmerzhafte Bilanz für Robert Woge

Von Petra Szag 05.02.2013, 20:37

Halle (Saale)/MZ. - Die Tonlage trifft Robert Woge bis ins Mark. Als die kleine Paula von Bauchweh geplagt zu schreien anfängt, verzieht auch ihr Vater schmerzverzerrt das Gesicht. Der Boxer, der in der Nacht zum Sonntag seinem Namen als Haudrauf wieder einmal alle Ehre gemacht hatte, ist gerade überempfindlich, was Lautstärke angeht. Da hilft selbst der schützende Verband am linken Ohr nicht viel.

Noch sind Woges Wunden zu frisch, die OP ist keine 24 Stunden her. Und überhaupt, sein geschundener Körper sehnt sich einfach nur nach Ruhe. "Ich bin froh, zu Hause zu sein", sagt der Profi. In seinem Eigenheim in Schiepzig, bei seiner Steffi und den beiden Mädchen, auch wenn die Kleine gerade einen Magen-Darm-Erkrankung auskuriert und die Große, die vierjährige Lea, rücksichtslos ihren Tribut an Aufmerksamkeit einfordert.

Dass das Ohr ihres Papas "repariert" werden musste und auch die geschwollene rechte Hand, der linke Ellbogen, das lädierte rechte Augenlid und der abgebrochene Backenzahn noch einige Zeit brauchen, um wiederhergestellt zu sein, versteht sie noch nicht.

Zwei Handicaps behindern

Zweifellos, der Preis ist hoch, den Robert Woge für seinen jüngsten Sieg bezahlt hat. "Ich weiß", bestätigt der Box-Profi, "dafür habe ich aber jetzt den Gürtel." Für ihn ist dieser mehr als ein kunstvoll verziertes Stück Leder.

Er zeichnet ihn als Intercontinental-Meister des Weltverbandes IBF aus. Es ist sein erster Titel im bezahlten Sport. Bekommen hat der Halbschwergewichtler aus dem Boxstall von Wilfried Sauerland den nach einer blutigen Ringschlacht gegen den Franzosen Hakim Zoulikha.

Doch bei dem offenen Schlagabtausch teilte er nicht nur kräftig aus, sondern musste auch so einiges einstecken, bis ihm in der elften Runde der finale Treffer gelang. Sieger durch technischen K.o. - sein zehnter Knockout im elften Kampf.

Doch es hätte auch anders herum ausgehen können. Es war ein Duell auf Augenhöhe, eine Keilerei, wie Woge selbst zugibt. Das wirft die Frage auf, wie lange Woges Körper Ringschlachten wie diese verkraften kann. "Ich weiß, dass ich meine Deckungsarbeit verbessern muss. Und ich arbeite ja da auch schon im Training daran", sagt Woge.

Doch dass er diesmal offen wie ein Buch war, offener als sonst, hatte mehrere Gründe. "Ich war durch meinen linken Arm gehandicapt", erklärt er. Bei einem Schlag ins Leere habe er seinen Ellbogen wohl zu sehr durchgestreckt. Überdehnt also. "Danach habe ich die Linke einfach nicht mehr hochhalten können", gibt Woge zu. Dazu kam das Problem mit dem Ohr gleich zu Beginn. Ein Schlag Zoulikhas wirkte wie ein Kompressor und hatte ihm das Trommelfell zerrissen.

"Das fühlt sich danach an, als hätte jemand eine Glocke über dich gestülpt", sagt Woge. Auch sein Gleichgewichtssinn war beeinträchtigt. Dennoch hat er weitergeboxt. Nicht aufgegeben. "Nie im Leben", sagt Woge. "Das wird nie passieren, und wenn ich rauskriechen muss aus dem Ring."

Vielen mag das unvernünftig vorkommen. Woge nennt es Berufsehre. Die Chance, um den Titel boxen zu dürfen, hat er sich hart erarbeitet, die wollte er durch eine Verletzung nicht aus der Hand geben. Im Ring hat er den Schmerz ausschalten können: "Ich war voller Adrenalin." Gleich danach hat ihn der Ringarzt untersucht und zugestimmt, dass er am nächsten Morgen sein Auto - über Fürstenwalde, wo die Kinder bei den Schwiegereltern warteten - selbst nach Hause fährt.

Den Rest des Sonntags verbrachte der Boxer dann in der Notaufnahme, ließ die Hand röntgen und sich auf die Ohren-OP vorbereiten. Seine HNO-Ärztin Juliane Schock, die ihm 2010 schon das rechte Ohr wiederhergestellt hatte, war durch die Fernseh-Übertragung des Box-Kampfes vorgewarnt.

"Sie hat die kaputte Haut durch ein Stück Knorpel aus der Ohrmuschel ersetzt", berichtet Woge. Alles sei gut verlaufen, die Hörfähigkeit nicht beeinträchtigt. Nach einer Nacht in der Klinik durfte er schließlich nach Hause.

Promoter ist begeistert

Nun will sich Woge Zeit nehmen, um sich richtig auszukurieren. Das hat er vor seiner Heimreise mit Trainer Ulli Wegner so besprochen. Auch wenn dieser seinen Schützling in den Ringpausen immer wieder eindringlich ermahnt hatte, doch endlich die Fäuste hoch zu nehmen, hat er, so beteuert der Coach, um seinen Mann keine Angst gehabt.

"Das ist nun einmal sein Stil", sagt Wegner. Und: "Den Leuten gefällt's, das Publikum sieht solche Kämpfe gern." Sobald sein Schützling wieder fit ist, werden sie das Training aufnehmen und an der Verteidigung arbeiten - schließlich soll auch der Titel erfolgreich verteidigt werden.

Das Management sieht das genauso. "So ein TV-Debüt habe ich noch nie gesehen", sagte Junior-Chef Kalle Sauerland in der Pressekonferenz nach dem Boxabend und versprach: "Das wird auf jeden Fall nicht das letzte Mal gewesen sein, dass wir Robert gesehen haben. Er kennt nur einen Gang - und das ist vorwärts. Sein Stil würde auch in England und in den USA gut ankommen."