1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Boxen in Halle: Boxen in Halle: Ein dauernder Kampf ums Überleben

Boxen in Halle Boxen in Halle: Ein dauernder Kampf ums Überleben

Von Petra Szag 23.05.2014, 20:25
Das Boxturnier um den Chemiepokal findet im noblen Ballsaal des halleschen Maritim-Hotels statt. Im Vorjahr war Stefan Härtel eines der Zugpferde. Der Mittelgewichtler ist mittlerweile ins Profilager gewechselt.
Das Boxturnier um den Chemiepokal findet im noblen Ballsaal des halleschen Maritim-Hotels statt. Im Vorjahr war Stefan Härtel eines der Zugpferde. Der Mittelgewichtler ist mittlerweile ins Profilager gewechselt. Archiv/Schulz Lizenz

Halle (Saale)/MZ - Alles neu macht der Mai. Diese viel zitierte Gedicht-Zeile passt in diesem Jahr zum Chemiepokal wie die Faust aufs Auge. Wenn das renommierte Boxturnier am Mittwoch im Ballsaal des halleschen Maritim-Hotels in seine 41. Auflage geht, dann ist nicht nur der Zeitpunkt ungewöhnlich - zuletzt wurde das Turnier im März vor den Saison-Höhepunkten ausgetragen. Neu ist auch, dass kein Lokalmatador durch die Ringseile klettert. Zudem liegt die Verantwortung nun ganz in den Händen des Deutschen Boxsport-Verbandes, nicht nur sportlich, sondern auch finanziell. Und genau da fangen die alten Probleme an.

Stadt beteiligt sich am Etat

Der Turnier-Etat in Höhe von 100 000 bis 110 000 Euro kann wieder nur mit einem immensen Kraftakt gestemmt werden. Lotto Toto, einer der größten Förderer, sprang komplett ab. Im Vorjahr hatte die Lotterie noch Feuerwehr gespielt und das in Turbulenzen geratene Turnier gerettet. Statt der erst vorgesehenen 50 000 gab es da kurzfristig sogar 70 000 Euro. 2014 gibt es aber gar nichts mehr. In einer Aufsichtsratssitzung Ende März wurde der Chemiepokal-Antrag abgelehnt. „Lotto Toto hatte sich letzten Sommer dazu bereiterklärt, eine Millionen Euro aus dem Fördertopf für die Hochwasserhilfe bereitzustellen“, begründete die Presseverantwortliche Astrid Wessler die Entscheidung. Eine nachvollziehbare Strategie angesichts der Tragweite der Flut.

Für die Boxer war die Absage ein schwerer Schlag. Dennoch hofft Sportdirektor Michael Müller, das Problem lösen zu können. „Die Stadt Halle ist in diesem Jahr mit 15 000 Euro eingesprungen“, erklärt er. Auch die Landesregierung hat Hilfe signalisiert. „Das Landesverwaltungsamt hat einen Antrag auf Projektförderung im sportlichen Bereich in Höhe von 15 000 Euro erhalten, geprüft und mittlerweile bereits den Zuwendungsbescheid versandt“, bestätigte die Pressesprecherin des Ministeriums für Inneres und Sport Sachsen-Anhalts, Anke Reppin.

Zudem hofft Müller auf Zuschauer-Einnahmen. Denn das Teilnehmerfeld ist erstklassig. Auch wenn die Kubaner wieder einmal fehlen: Mit den Kasachen Danijar Yeleussinov (bis 69 Kilo), Zhanibek Alimkhanuly (75), Adilbek Niyazymbetov (81) und dem Russen Misha Aloyan (52) kommen vier amtierende Weltmeister. 140 Boxer aus 20 Ländern stehen in den Meldelisten - beinahe schon zu viel des Guten.

Die Resonanz ist auch deshalb so groß, weil es in diesem Jahr keine internationalen Meisterschaften gibt. Halle wird zur Halbzeit des Olympia-Zyklus für viele damit zu einer wichtigen Standortüberprüfung, wenn nicht sogar zum Saisonhöhepunkt. Für viele, aber eben nicht für alle. Denn mit Kevin Künzel fehlt der derzeit beste Boxer aus der Region. „Er kämpft nahezu zeitgleich bei der Militär-WM in Almaty“, erklärt der Sportdirektor. Künzels Problem: Der Sportsoldat ist im Augenblick weder die deutsche Nummer eins noch zwei im Halbschwergewicht. Müller: „Es herrscht nun Mal das Leistungsprinzip. Nur die besten Zwei eines jeden Limits dürfen sich hier beweisen.“

Kein Lokalmatador im Aufgebot

Also kein lokales Zugpferd. Dafür sollen sich die WM-Dritten Erik Pfeifer im Superschwergewicht und Weltergewichtler Araik Marutjan vor den Karren spannen. Und das allein sagt viel aus über das grundsätzliche Problem des Chemiepokal und des Amateurboxens im Allgemeinen. Trotz ihrer Klasse kennt die Auswahlboxer kaum jemand. Ein Gesicht, wie es beispielsweise der Schwimmverband mit Paul Biedermann hat, fehlt den Faustkämpfern. Ein Vorboxer mit Charisma und einem spektakulären Erfolg. Dem Schwimmer aus Halle war das 2009 mit dem WM-Sieg über Rekord-Olympiasieger Michael Phelps gelungen.

Werbung in eigener Sache betreiben ist auch die Aufgabe des Chemiepokals. Immerhin: Erstmals konnte zumindest ein regionaler Fernsehsender gebunden werden. Brandenburg-Berlin-Mecklenburg-Vorpommern Regional TV will am Freitagabend und einige Finalkämpfe tags darauf übertragen. Und an den ersten beiden Tagen gibt es die Vorrunden- und Viertelfinal-Kämpfe zum Nulltarif.