Wohl bekomm's! Böllberger: Halle soll endlich wieder sein eigenes Bier bekommen
Halle (Saale) - Die Abfüllanlage steht schon gut verpackt im Lager, in den Werkstätten des Lebenshilfe-Vereins am Böllberger Weg werden bereits Dampfleitungen verlegt. „Halle giert nach einem Bier aus Halle“, sagt Fertigungsleiter Thomas Staude. Und diesen Wunsch will der Verein erfüllen: Vermutlich ab Anfang 2019 wird in Halle wieder eigenes Bier gebraut, das auch in den Handel kommt - nach dem Aus der volkseigenen Betriebe hat es das nicht mehr gegeben. Seitdem haben nur Gasthäuser die Jahrhunderte alte Tradition aufrechterhalten, für den Eigenverzehr sozusagen.
Eigenes Bier aus Halle: Amrin Brandt ist erfahrener Braumeister
Zum Bierbrauen braucht es neben dem Equipment natürlich einen Braumeister. Und der Lebenshilfe-Verein hat ihn: Armin Brandt, 61, der die süffige Handwerkskunst von klein auf gelernt hat. Bis 1990 arbeitete Brandt im VEB Brauerei Halle - ganz in der Nähe des heutigen Hauptsitzes des Lebenshilfe-Vereins im Böllberger Weg.
Ein gutes Omen? „Natürlich will man als Brauer auch brauen. Und in gewisser Weise machen wir das ja schon heute“, erzählt er. Vor acht Jahren war der Verein ins lokale Biergeschäft eingestiegen und hatte den guten Hopfen aus Wippra in Halle abgefüllt. Mittlerweile gibt es das eigene Böllberger Bier aus der Hand von Brandt in fünf Sorten schon zu kaufen: Pils, Dunkel, Edel, Bock und Red Ale. Nur wird es derzeit eben noch in Sachsen gebraut.
Böllberger Bier aus Halle: Herzstück der Brauerei kommt aus München
„Wir haben ein Sudhaus für uns gefunden. Noch steht es in München“, sagt Staude. Das gute Stück werde im Herbst noch mal für das Oktoberfest benötigt, bevor es demontiert und seine Reise nach Halle antreten kann. Am Böllberger Weg wird es unter einer Hülle aus Glas aufgestellt - eine Attraktion für Gäste, die die Werkstätten besuchen.
Das Sudhaus wird zur Zeit in einer Event-Gastronomie von Paulaner in München genutzt. „Paulaner hat für den Verkauf die Lebenshilfe als soziale Einrichtung favorisiert und bekundet damit auch die Verbundenheit zu Menschen mit Behinderung“, sagt Lebenshilfe-Geschäftsführerin Martina Staude.
Böllberger Bier aus Halle: Behinderte Menschen brauen mit
Das ist in der Tat bemerkenswert: Behinderte Menschen werden gemeinsam mit Armin Brandt das Böllberger kredenzen. „Unser Ziel und unser Auftrag ist es, Menschen mit einem Handicap für den ersten Arbeitsmarkt fit zu machen. Wir geben ihnen eine Perspektive. Und es macht großen Spaß, mit ihnen zu arbeiten“, sagt Thomas Staude.
380 Behinderte werden in den Werkstätten des Vereins von 260 Mitarbeitern betreut. Und das Repertoire ist groß: Wäscherei, Garten- und Landschaftspflege, Montage und Verpackung, Holz- und Metallverarbeitung, Werbung, Hauswirtschaft und demnächst das Bierbrauen.
Bald soll es auch Bier-Kurse geben
„Das Etikett für unser Bier haben wir selbst entworfen. Einen Großteil der Wertschöpfung bleibt bei uns“, sagt Staude. Und bei Braumeister Brandt, der nach dem Ende des VEB in die Historische Gasthausbrauerei „Zum Kaiser Napoleon“ nach Leipzig wechselte, bevor er wieder zurück nach Halle kam, sprudeln schon die Ideen.
Braukurse könnte man am Böllberger Weg zukünftig anbieten und alte hallesche Biersorten neu aufleben lassen. An Ideen mangelt es Brandt nicht, was auch wenig verwundert. Zu Hause, im Mansfelder Land, auf dem „Eulenbergschen Hof“, betreibt er eine kleine Privatbrauerei als Hobby. Das Bier, das er dort zapft und in Kleinstmengen an seine Fans verkauft, nennt er „Elbner Schafsschiffe“.
In Halle wird es beim Markennamen Böllberger bleiben. Und auch bei der Abfüllung in 0,3- oder 1-Liter-Flaschen. „Wir wollen die Genussmenschen ansprechen und auch gleich für Halle werben“, sagt Thomas Staude. Wohl bekomm’s! (mz)