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Betreuung Betreuung: Kinder sollen für ihre Eltern haften

Von Felix Knothe und Tina Schwarz 19.02.2013, 21:40

Halle/MZ - Wer über einen längeren Zeitraum nicht zahlt, kann sogar seinen Kita-Platz verlieren. Auch andere Träger von Kindereinrichtungen haben Probleme mit der Zahlungsmoral einiger Eltern.

Per Aushang ließ Anfang Februar Bodo Meerheim, Geschäftsführer der SKV Kita gGmbH und im politischen Leben Linksfraktionsvorsitzender im Stadtrat, die Eltern informieren: „Ab sofort werden Sie aufgefordert, die Teilnahme an der Essensversorgung bis zur Begleichung der Essensgeldschulden auszusetzen.“ Das Unternehmen könne es sich einfach nicht mehr leisten, für die aufgelaufenen Essensgeldschulden in Vorkasse zu gehen. Der Kita-Träger reagiert damit auf ein Problem, das auch bei anderen Betreibern immer akuter wird. Doch die Kinder vom Essen auszuschließen, ist umstritten.

Letzte Möglichkeit vor Kündigung

Rund 5 000 Euro schuldeten Eltern dem Träger Ende Januar - Geld, für das dieser bei den Caterern, die die elf SKV-Einrichtungen in Halle beliefern, in Vorkasse gehen musste. „Wir sind an eine Grenze gekommen“, so Meerheim zur MZ. Sein drastischer Schritt sei die letzte Möglichkeit, bevor der Kitaplatz gekündigt wird, und das Ende eines langen Diskussionsprozesses bei SKV. Denn die Frage, ob man die Kinder dafür bestrafen soll, dass die Eltern nicht zahlen, treibt nicht zuletzt die Pädagoginnen in den Einrichtungen um. „Die müssen das dem Kind erklären. Aber es sind die Eltern, die ihr Kind in diese Situation bringen“, so Meerheim. Essensgeldschulden hätten meist nicht die finanziell schwächsten Eltern: „Das geht durch alle Schichten und reicht von 40 bis 500 Euro.“

Die Debatte bei Eltern der betroffenen Kitas bleibt nicht aus. Stefanie Sachsenröder, deren Kind in die SKV-Kita „Am Moritzburgring“ geht, sagt: „Für die Kinder ist das blöd, aber ich kann auch die Kita verstehen.“ Laut Meerheim hat der Aushang zudem schnellen Erfolg gebracht, viele säumige Eltern hätten inzwischen bezahlt. „Es hat gewirkt, so viel steht fest.“

Bei anderen Kita-Trägern fallen die Antworten auf MZ-Nachfragen gemischt aus. Beim städtischen Kita-Eigenbetrieb, mit 45 Kitas größter Träger in Halle, sind Essensgeldschuldner kein akutes Problem, auch weil hier die Eltern direkt an die Caterer zahlen. „Wenn es akut wäre, hätten wir schon längst die Caterer hier im Büro“, sagt Eigenbetriebsleiter Jens Kreisel. Doch die Kinder für das Versäumnis der Eltern büßen zu lassen, „das geht nicht“, so Kreisel. Dennoch sieht auch er die Hauptschuld bei den Eltern: „Man kann nicht Leistungen in Anspruch nehmen und hinterher nicht zahlen.“

Handlungsbedarf sieht dagegen nach Angaben von Sprecherin Katja Raab auch die Jugendwerkstatt Frohe Zukunft, die drei Kitas betreibt. „Auch wir haben beim Essensgeld Außenstände, in ähnlicher Größenordnung wie SKV. Wir werden jetzt die Hilfe eines Dritten in Anspruch nehmen.“ Sprich: Ein Inkassounternehmen soll beauftragt werden. Denn, so Raab, auf dem Rücken der Kinder wolle man die Sache keinesfalls austragen.