Baustelle Große Steinstraße Baustelle Große Steinstraße: So laufen die Arbeiten trotz klirrender Kälte

Halle (Saale) - Der strahlend blaue Himmel hat etwas von Sommer, doch das Thermometer zeigt an diesem Morgen minus zwölf Grad Celsius an. Der leichte Wind lässt Gesichtszüge gefrieren. Heiko Michaelis ballt die Hände in den Handschuhen immer wieder zur Faust. „Bei so einer Kälte zu arbeiten, ist schwierig, weil die Finger steif werden“, sagt der Mann aus Naundorf im Saalekreis.
Auch bei dem heftigen Frost dieser Tage friert Halles wichtigste Baustelle in der Großen Steinstraße und auf dem Joliot-Curie-Platz nicht ein. „Die Firmen geben Vollgas, obwohl es bei diesem Verhältnissen nicht einfach ist“, sagt Gerd Blumenau, Prokurist bei der Halleschen Verkehrs AG (Havag), unter deren Regie eine der wichtigsten Achsen Halles im Rahmen des Stadtbahnprogramms ausgebaut wird.
Bauarbeiten an Großer Steinstraße in Halle liegen im Zeitplan
Seit dem 5. Februar wird gewerkelt. Aktuell verstärken die Arbeiter Baugruben, indem sie sechs Meter lange Stahlteile in den Boden rammen. Bevor nämlich die Gleisanlagen, die Fahrbahn und die Gehwege an der Reihe sind, muss ein über 100 Jahre alter Abwasserkanal in sechs Metern Tiefe erneuert werden. Michaelis schützt sich mit mehreren Schichten Kleidung gegen die klirrende Kälte.
Was ihm auf dem Bau wohl lieber ist? Minus zehn Grad im Winter oder plus 30 Grad Celsius im Sommer? Er zuckt mit der Schulter. „Sonnenbrand ist doch auch nicht schön.“ Tatsächlich behindert die aktuelle Witterung die Arbeiten weniger, als man allgemein wohl denken wird. „Es ist trocken, der Boden leicht angefroren. Verschlammt ist nichts. Das passt noch“, sagt Projektsteuerer Axel Wilhelm. Auch er lobt das Zusammenspiel aller Akteure. „Wir sind uns gemeinsam bewusst, wie eng die Zeitschiene ist. Das sieht man auch daran, dass Unternehmen zur Baustelle nachgeordert wurden, damit die Arbeiten zügig vorankommen.“
Prokurist der Großbaustelle: Was wir hier bauen, soll Jahrzehnte halten
Doch tückisch bleibt der Frost natürlich dennoch. Böden, Sand und Kies können nur eingebaut werden, wenn die Materialien trocken sind. „Egal, wie das Wetter auch ist: Die Qualität muss immer an erster Stelle stehen. Was wir hier bauen, soll Jahrzehnte halten“, sagt Prokurist Blumenau.
Ines Vahlhaus interessiert sich unterdessen für die Vergangenheit. Mit dem gelben Helm und der orangenen Weste und dick eingemummelt sieht sie selbst wie eine Bauarbeiterin aus. Tatsächlich ist sie Archäologin und begleitet mit Neugier den Tiefbau. „Die Arbeiten berühren einen archäologisch hochsensiblen Bereich. Uns interessiert vor allem, ob wir Spuren aus dem Mittelalter finden, also aus der Zeit zwischen dem 12. und 16. Jahrhundert.“
Überreste der alten Stadtmauer von Halle (Saale)
Vielleicht wartet in der Erde ja auch der Jackpot. Zwar ist bekannt, dass am westlichen Ende des Joliot-Curie-Platzes die alte Stadtmauer stand - ihre Überreste sind noch vorhanden. Allerdings weiß niemand genau, wo sich damals das Steintor befand. „Bruchstücke von Steinen könnten Hinweise geben“, erklärt die Archäologin.
Aber noch wurde nichts entdeckt, auch keine anderen Zeugnisse der Zivilisation. Das hat noch nicht zu sagen. Bestes Beispiel ist die Große Ulrichstraße. Als das Stadtbahnprogramm dort Einzug hielt, gab die Unterwelt neben Gefäßen und Münzen auch Gebeine frei, die möglicherweise vom alten historischen Friedhof der Ulrichskirche stammen.
Oberer Teil der Großen Steinstraße in Halle ab Ende März dicht
Man sei sich der Verantwortung für die Geschichte bewusst, betont Blumenau. Und eine Verantwortung ist es auch, eine große, die die Bauherren gegenüber Anwohnern und Gewerbetreibenden haben. Nach knapp einem Monat Baustelle ist Gerd Blumenau zufrieden. „Wir reagieren umgehend auf Bitten, wenn Zufahrten freigemacht werden sollen.“ Und man tue viel, um Verkehrsströme zu lenken: beispielsweise durch eine eigene Wege für Radfahrer.
Ab Ende März soll übrigens auch die obere Steinstraße für den Individualverkehr gesperrt werden - zunächst reicht das Baufeld vom Joliot-Curie-Platz bis zur Schimmelstraße. Allerdings soll immer gewährleistet bleiben, dass Rettungsdienste oder die Feuerwehr eine Gasse behalten. Das Ziel sei nach wie vor, Ende 2018 mit Halles wichtigster Baustelle fertig zu sein. Und deshalb wird auch jetzt gebaut, wenn selbst die harten Männer auf dem Bau bibbern. (mz)


