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100 Jahre Backhandwerk Bäckerei Neubauer bäckt in vierter Generation Leckereien

Vor 100 Jahren gründete Emil Neubauer die gleichnamige Bäckerei. Mittlerweile führt sie der Urenkel und Hallenser stehen Samstags Schlange.

09.04.2021, 11:00

Halle (Saale)

100 Jahre Bäckerei Neubauer: Kleine Juliäumsfeier aufgrund der Pandemie

Eine offene Backstube und viele, viele Gäste - so hat sich Tobias Neubauer das Jubiläumsfest vorgestellt. Wie zum 90. und zum 95. Geburtstag seiner Bäckerei sollte reichlich Trubel in der Adam-Kuckhoff-Straße 31 herrschen, wenn die Bäckerei Neubauer stolze zehn Jahrzehnte alt wird.

Angesichts der Pandemie muss nun alles deutlich kleiner ausfallen. Neubauers haben für ihre Kunden Broschüren mit der Unternehmensgeschichte zum Nachlesen vorbeireitet. Dass am Freitag, wenn sich die Betriebsgründung zum 100. Mal jährt, Zwiebelkuchen im Sortiment sein wird, hat mit dem Jubiläum nichts zu tun: So wie Mittwoch Speckkuchentag ist, wird freitags traditionell Zwiebelkuchen gebacken.

Bäckerei Neubauer in Halle wird bereits in vierter Generation geführt

Dass der inzwischen 44-jährige Tobias Neubauer die von seinem Urgroßvater Emil in der Großen Märkerstraße 16 gegründete und später von dessen Sohn Arno weitergeführte Bäckerei in vierter Generation führt, hat viel mit seiner Liebe zum Handwerk zu tun und ein wenig damit, dass eine Lehrstelle zu finden Anfang der 1990er-Jahre einem Lottogewinn gleichkam.

Schon als Schüler habe er viel im Betrieb geholfen, erzählt er, „in den Ferien und hin und wieder auch frühmorgens vor der Schule“. Als es um seine berufliche Zukunft ging, bot sich die Lehre im väterlichen Betrieb an. Gemeinsam mit Vater Bernd in der Backstube, das habe meistens gut geklappt, wie beide erzählen: Auf jeden Fall so gut, dass Tobias Neubauer, den Gesellenbrief in der Hand, blieb und 2018 schließlich das Geschäft übernahm.

Kunden schätzen wieder das Handwerk und stehen Schlange

Weil das keine Selbstverständlichkeit ist, freuen sich Senior Bernd (69) und seine Frau Karola Neubauer (65) um so mehr über dessen Fortbestand. Der Handwerkskammer zufolge gibt es derzeit noch zwei weitere Bäckereien und eine Konditorei mit einer mindestens 100-jährigen Tradition in Halle. Ende 2020 waren stadtweit noch 15 Bäckereien in die Handwerksrolle eingetragen, sechs weniger als im Jahr 2000.

In derselben Zeit haben sich viele Supermärkte mit Backstationen ausgestattet, und vielen Kunden kommen deren Angebote zupass. Aber es gibt auch die anderen, stellen traditionelle Bäcker wie Neubauers fest - jene, die das Handwerk zu schätzen wissen. Nach der Wende sei das Überleben nicht einfach gewesen, blickt Bernd Neubauer zurück. Beirren lassen hat er sich davon trotz aller Schwierigkeiten nicht, sondern darauf gesetzt, dass sich Bewährtes langfristig durchsetzt.

Bäckerhandwerk kein leichter Beruf: „Es ist schon sehr viel Arbeit“

Das sollte sich nach einer Hängepartie bewahrheiten: Sonnabends stehen die Kunden inzwischen oft Schlange, und das nicht nur in Corona-Zeiten. Ines und Michael Koch, die Neubauer als ihre Lieblingsbäckerei bezeichnen, haben die MZ darauf und auf das Jubiläum hingewiesen. „Die Angestellten nehmen sich immer Zeit für ein kleines Schwätzchen und kennen die Gewohnheiten und Vorlieben ihrer vielen Stammkunden sehr genau“, schreiben sie.

Die hätten sich im Laufe der Jahrzehnte gar nicht so sehr geändert, sagt Karola Neubauer. Brötchen, und zwar solche wie vor der Wende seien gefragt, erzählt sie. Auch Pfann- und Prasselkuchen gingen oft über den Ladentisch - oder Streuselschnecken. Die nennt der Junior nach alter hallescher Art Streuselmaulschellen, und sie gehören zu seinen Favoriten aus eigener Produktion.

Die Liebe zum Beruf hat Tobias Neubauer in allen Jahren nicht verloren, auch wenn sein Wecker nachts um eins klingelt, früher noch als einst bei seinem Vater. Ob er jungen Leuten zum Bäckerhandwerk raten würde? „Es ist schon sehr viel Arbeit“, sagt er zögernd. Drängen will er Sohn (16) und Tochter (12) deshalb auf keinen Fall. Aber wenn die Tradition fortgeführt würde, hätte wohl niemand bei Neubauers etwas dagegen. (mz/Annette Herold-Stolze)