Auf der Sonnenseite Auf der Sonnenseite: Solarpark-Betreiber aus Halle expandiert

Halle (Saale) - Wenn die Sonne strahlt wie in diesen Tagen, tut Holger Baumgärtel es ihr gleich. Denn ebenso wie Landwirte, Schwimmbadbetreiber und Eiscafés sind er und seine Firma vom Wetter abhängig. Baumgärtel ist Geschäftsführer des Solarpark-Betreibers „Encavis Technical Services“ mit Sitz in Halle. Von hier aus betreibt die Firma 48 Solarparks unterschiedlicher Größen in den östlichen Bundesländern. Allein ein gutes Dutzend davon steht in Sachsen-Anhalt, etwa in Köthen und Eisleben, aber auch direkt vor den Toren der Saalestadt in Lochau und Lettewitz.
Weil die Nachfrage nach erneuerbaren Energien immer größer wird und Baumgärtels Firma expandieren will, zieht das Unternehmen Mitte August von den jetzt eher beengten Räumen in der Magdeburger Straße in eine Gewerbeimmobilie nach Büschdorf.
„Wir haben so viele Anfragen nach neuen Aufträgen“
„Wir haben so viele Anfragen nach neuen Aufträgen, dass wir einige leider ablehnen müssen. Unsere Kapazität ist im Moment zu begrenzt“, sagt der gebürtige Hallenser, der mit seinen zehn Mitarbeitern derzeit wortwörtlich auf der Sonnenseite steht. Ab September will er nicht nur die eigenen Solarparks betreuen, sondern Betreibern anderer Parks die Verwaltung anbieten.
Die Solarbranche wächst seit Jahren und wird auch in Zukunft immer weiter wachsen, ist sich Carsten Körnig, Geschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft, sicher. „Solarparks sind die finanziell günstigste Art der Energiegewinnung“, sagt er.
Das liege etwa an der massenhaften Produktion der Solarmodule, die dadurch günstiger würden. Außerdem seien Aufbau und Wartung eines Solarparks günstiger als die eines Kohlekraftwerks. Zudem macht die Solar-Forschung Fortschritte. „Die Photovoltaik-Technologie wird stetig effizienter und gleichzeitig günstiger. Und die Entwicklung ist noch lange nicht am Ende“, sagt Körnig.
Wie viel Forschung ausmacht, zeigt ein Blick auf die Leistung eines durchschnittlich großen Solarpanels: Schaffte das im Jahr 1980 noch fast 148 Watt, leistet ein Panel heute rund 302 Watt - eine Steigerung um mehr als das doppelte. Firmen, unter anderem junge Startups im „Solar Valley“ bei Bitterfeld, tüfteln, wie sie die Solaranlagen noch effizienter bauen können.
Aussagen, die Solarbranche in Deutschland sei von der chinesischen Konkurrenz abgehängt worden, entgegnet Körnig: Der Markt sei hart umkämpft, und die Politik habe den Solartechnik-Heimatmarkt ausgebremst. Doch die Digitalisierung biete neue Chancen. Durch innovative Technologien könne die Solarbranche wieder wachsen und von immer günstigeren Panel-Preisen profitieren. Denn je günstiger die Solarmodule, desto mehr würden Käufer auf Transportkosten achten. Europäische Firmen könnten so wieder im Rennen sein.
Was das bedeutet, weiß Baumgärtel, selbst Energieelektroniker für Anlagentechnik und Diplomingenieur, nur zu gut. Er hat alle Berechtigungen, um an den Solarpanels zu arbeiten und wirft ab und an auch mal selbst einen Blick auf die komplexen Anlagen.
„Das ist lebensgefährlich. Die Solarpanele führen mehr als 700 Volt Gleichspannung“
An diesem Tag auf die in Lettewitz. Obwohl die Tausenden Solarfelder harmlos aussehen, warnen gelbe Schilder vor dem unbefugten Betreten des Solarparks am Rande der alten B6. „Das ist lebensgefährlich. Die Solarpanele führen mehr als 700 Volt Gleichspannung“, erklärt er.
Von den Dutzenden Reihen gehen Kabel in Stromkästen und von dort in sogenannte Wechselrichter ab. Die Kleiderschrank großen Kästen surren und sind nur mit einem Schlüssel zu öffnen. Eine Plexiglasscheibe verhindert zusätzlich, dass Techniker aus Versehen an Kabel oder Sicherungen kommen, was mit Sicherheit einen tödlichen Stromschlag zur Folge hätte. Doch zum Glück sei noch nie etwas passiert. „Das liegt auch daran, dass ich sehr hohe Sicherungsanforderungen an meine Mitarbeiter stelle“, sagt Baumgärtel.
Solaranlagen haben die Eigenschaft, immer Strom zu produzieren, wenn die Sonne scheint
Solaranlagen haben die Eigenschaft, immer Strom zu produzieren, wenn die Sonne scheint. Man könne zwar die Einspeisung ins Stromnetz unterbrechen. Aber an den Panelen würde immer noch Spannung anliegen, erklärt Baumgärtel. Deshalb würden bei zu viel überschüssiger Energie auch eher Windräder abgeschaltet. Die spielen im Vergleich zum Solarstrom ohnehin eine größere Rolle.
Die Lettewitzer Anlage mit Tausenden Solarpanelen etwa hat eine Leistung von rund 12,5 Megawatt, während ein einziges gewöhnliches Windrad vier Megawatt schafft. Kleinere Solaranlagen produzieren also nicht einmal so viel Strom wie eine einzige Windturbine. Dass für die Parks wertvolle Ackerfläche verloren geht, sei übrigens nur selten der Fall. „Die meisten sind auf Deponien errichtet, auf denen ohnehin kein Ackerbau möglich ist“, sagt Baumgärtel. (mz)
