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Ärger an der Waldorfschule in Halle Ärger an der Waldorfschule in Halle: Drei Schüler müssen gehen

Von Silvia ZÖLLER 18.10.2014, 14:14
Die Tür zur Waldorfschule ist offen - aber nicht für drei Schüler.
Die Tür zur Waldorfschule ist offen - aber nicht für drei Schüler. Schlüter Lizenz

HALLE (Saale) - Von der ersten Klasse an besuchte der 15-jährige Harry die Waldorfschule in Halle. Der heutige Zehntklässler lernte gut und war beliebt. Aber plötzlich darf er nicht mehr am Unterricht teilnehmen: Der Schulvertrag wurde von der Waldorfschule fristlos gekündigt. Ebenso erging es zwei weiteren Schülern der zehnten Klasse. Der Grund, zumindest aus Sicht der Eltern ist, dass ihre Kinder im September nicht an einem vierwöchigen Austausch nach Russland teilgenommen haben. „Ohne eine Vorinformation erhielten wir per Post die fristlose Kündigung“, sagt Sabine Saupe, die Mutter von Harry. Sie ist, wie auch die Eltern der anderen beiden Kinder, empört.

Vertrauensverhältnis sei gestört

Auf die MZ-Anfragen hat sich der Vorstand des Trägervereins zwar geäußert, seine wörtlich wiedergegebenen Zitate zu den Gründen der Kündigungen allerdings trotz wiederholter Nachfrage nicht autorisiert. In der verfügbaren offiziellen Verlautbarung, den gleichlautenden Kündigungsschreiben an die drei Schüler, berufen sich der Trägerverein und das Kollegium - eine Schulleitung im klassischen Sinne hat die Waldorfschule nicht - darauf, dass durch ein „wirksames Ablehnungsverhalten“ gegen das pädagogische Konzept der gemeinsame Erziehungsauftag nicht mehr auszuführen sei. Das gegenseitige Vertrauensverhältnis sei gestört.

Kündigung wegen nicht angetretener Reise

Nicht nachvollziehbar ist diese Entscheidung auch für Manuela Langer. „Die Zeugnisse waren gut, mein Sohn hat sich nichts zu schulden kommen lassen“, sagt sie. Wie Sabine Saupe hatte sie Bedenken, die Kinder in das politisch instabile Russland zu schicken. Dennoch bezahlte sie für ihren Sohn die Reisekosten und hätte ihn auch nach Sankt Petersburg mitfahren lassen - doch der Junge wurde zwei Tage vor der Reise krank. Ein Arzt attestierte ihm Schulunfähigkeit. Völlig schockiert war Manuela Langer auch über einen Anruf eines Lehrers, der trotz vorliegender Krankmeldung gefordert habe, den Jungen per Flugzeug nach Sankt Petersburg nachzuschicken. Nach Erhalt der Kündigung wollte Manuela Langer die Sache in der Schule klären: „Mir wurde klar zu verstehen gegeben, dass die Kündigung ausschließlich wegen der nicht angetretenen Russland-Reise erfolgte“, so die Mutter. Doch in der Kündigung wurde ebenfalls nur auf das „wirksame Ablehnungsverhalten“ und das zerstörte Vertrauensverhältnis abgestellt.

Kein Weg zurück

„Es wurde nie explizit gesagt: Wer nicht am Austausch teilnimmt, fliegt von der Schule“, betont Yves Richter. Auch er berichtet von einem Anruf, dass die Kündigung erledigt sei, wenn er seinen Sohn mit dem Flugzeug nachschickt. Alle drei Jungen besuchen nun staatliche Schulen in Halle, beziehungsweise im Saalekreis. Einen Weg zurück gibt es für sie momentan nicht. Theoretisch wäre eine Einigung über die Schlichtungsstelle beim Bund der Freien Waldorfschulen möglich gewesen. Das hatte Familie Langer versucht. Und dort eine Absage kassiert, da hierfür die Teilnahme eines Vertreters der Waldorfschule an der freiwilligen Schlichtung notwendig gewesen wäre. Und die, so die schriftliche Info des Bundes, wurde abgelehnt. Letzte Möglichkeit wäre nun eine Ombudsstelle des Waldorfverbandes. „Aber dafür haben wir keinen Mumm mehr“, so Manuela Langer. (mz)