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Amtsgericht Halle Amtsgericht Halle: Größter Posten: Kleinigkeiten

Von Silvia ZÖLLER 02.03.2014, 21:07

Halle (Saale)/MZ - Ein Lastwagenfahrer, der länger als erlaubt hinter dem Steuer gesessen hat. Ein Bauherr, der das Bauschild nicht sichtbar an der Baustelle angebracht hat. Ein Bootsführer, der zu schnell auf der Saale gefahren ist. Immer häufiger muss das Amtsgericht Halle auch über Einsprüche gegen solche Ordnungswidrigkeiten entscheiden und nicht nur wegen Falschparkens oder anderer kleiner Verkehrsdelikte. 2012 machten die Bußgeldverfahren gut ein Drittel aller Verhandlungen am Amtsgericht aus. Zahlen von 2013 liegen noch nicht vor.

Gab es 2010 genau 1 208 Bußgeldverfahren am Amtsgericht Halle, so stieg die Zahl im Jahr 2011 auf 1 267. Und auch 2012 gab es wieder mehr Einsprüche gegen Bußgelder wegen Ordnungswidrigkeiten: 1 297 Mal waren Bürger nicht damit einverstanden. Die Zahl der Strafverfahren sank in der gleichen Zeit von 3 121 (2010) auf 2 944 im Jahr 2012.  (szö)

Zwei Richterinnen für Bußgeldsachen

„Diese Verfahren aus dem Sozialrecht, Baurecht, Lebensmittelrecht oder Medizinrecht haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen“, sagt Richterin Ulrike Liebsch. Grund dafür ist, dass das Amtsgericht Halle zuständig geworden ist für alle Verfahren, die von Behörden mit Hauptsitz in Halle ausgehen - so etwa das Landesverwaltungsamt oder die Agentur für Arbeit. Zwei Richterinnen gibt es für Bußgeldsachen: 2012 haben sie in fast 1 300 Verfahren entschieden. Im Vergleich dazu: Neun Strafrichter und vier Jugendrichter urteilten im gleichen Zeitraum in rund 3 000 Fällen.

Zügige Bearbeitung

Doch während die Prozesse um Raub, Diebstahl oder Körperverletzung in der Regel mit der Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen sehr zeitaufwendig sind, geht es meist in Bußgeldverfahren sehr zügig im 30-Minuten-Takt voran. Nur in wenigen Fällen sind Zeugen notwendig. Die Palette der Verstöße ist breit: Ein Mann soll ein Bußgeld von 250 Euro zahlen, weil er dem Jobcenter Halle nicht ausreichend Auskunft über seine Unterhaltsverpflichtungen gegeben hat. Er legt Einspruch ein, denn in der fraglichen Zeit litt er unter psychischen Problemen, weshalb ein Betreuer seine Behördengänge erledigen sollte - was dieser nicht getan hat. Die Entscheidung der Richterin: Eine Verwarnung reicht und der Rat, sich künftig schneller Hilfe zu holen. Sie reduziert das Bußgeld auf 35 Euro. Ein Hauseigentümer hat gegen die Gefahrenabwehrordnung der Stadt Halle verstoßen, weil er die Hausnummer nicht angebracht hat. Das Bußgeld von 100 Euro will er nicht zahlen, da das Nummernschild angeblich gestohlen worden sei. Die Entscheidung fällt ohne den Betroffenen, der trotz des Widerspruchs erst gar nicht zum Verhandlungstermin im Gericht erscheint. Der Einspruch wird verworfen.

Ein Autofahrer ist auf der Autobahn mit Tempo 101 durch eine Baustelle gerast - 60 Kilometer pro Stunde sind dort erlaubt. Er hat Widerspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt; vor allem, weil er mit dem einmonatigen Fahrverbot nicht einverstanden ist. Als selbstständiger Computerfachmann ist er auf seinen Führerschein angewiesen. Da der Mann bisher keine Punkte in Flensburg gesammelt hat, will die Richterin einen Härtefall prüfen. Wenn die Staatsanwaltschaft zustimmt, kann der PC-Experte seinen Führerschein behalten. Dafür wird aber die Geldbuße in der Regel verdoppelt. „Denn ein Bußgeldverfahren soll auch immer einen erzieherischen Charakter haben“, so Richterin Liebsch.