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Pralinen und Verschwörungen Aktionärstreffen in Halle (Saale): Unruhe unter Halloren-Anteilseignern

Von Steffen Höhne 22.06.2016, 13:50
Ein Firmenfahrzeug der Halloren Schokoladenfabrik AG
Ein Firmenfahrzeug der Halloren Schokoladenfabrik AG dpa-Zentralbild

Halle (Saale) - Beim Aktionärstreffen der Schoko-Firma Halloren in Halle hat zunächst alles wie gewohnt ausgesehen: Vorstandschef Klaus Lellé stand  auf der Bühne der Händel-Halle: Blauer Anzug, braune Lederschuhe, offenes weißes Hemd, dazu ein Headset als Mikrofon. Lellé - der bekannte Schoko-Show-Master. Doch diesmal (leider) ohne Show. Sehr nüchtern präsentierte der Firmenchef die  Unternehmensentwicklung  2015. Erstmals rutschte die Firma in einem Gesamtjahr in die roten Zahlen, die Aktionäre erhalten daher keine Dividende. Betonte Lellé früher vor allem die Wachstumsaussichten für Deutschlands älteste Schokoladenfabrik, so klagte er am Mittwoch ungewohnt oft: Der Handel „verhaut unsere Produkte“, die Kunden gehen weniger einkaufen, die Rohstoffkosten steigen, der Schoko-Konsum stagniert, die Wettbewerber sind Giganten. An seine einstige Umsatzprognose von 300 Millionen Euro durch Zukäufe möchte Lellé lieber gar nicht mehr erinnert werden. „Olle Kamellen“, nennt er dies. Für 2016 stellt er  relativ vage ein Umsatzwachstum und ein ausgeglichenes Ergebnis in Aussicht.

Exporte deutlich erhöht

Positives hatte Lellé allerdings auch zu berichten: Bei der belgischen Pralinen-Tochter Bouchard, die durch den Verlust eines Großauftrages die Bilanz des gesamten Unternehmens verhagelte, sei die Wende geschafft.  Der Aufbau von Vertriebsaktivitäten für die  belgischen Pralinen in  Nordamerika und Asien gehe voran. Die langfristige Bilanz des Halloren-Chefs sieht nicht schlecht aus: Das Unternehmen exportiert inzwischen 34 Prozent seiner Produkte. Mit allen Auslands-Töchtern des Mittelständlers wird bereits mehr als die Hälfte der Produkte  außerhalb Deutschlands verkauft.

Dennoch: Auf der Hauptversammlung  konnte man den Eindruck gewinnen, dass das Aktionärslager  gespalten ist. Die einen, die die Erfolge der vergangenen zehn Jahre würdigen und auf ein boomendes Auslandsgeschäft hoffen. Bouchard ist für sie nur ein negativer Ausreißer. Die anderen, die verschreckt sind von nicht eingehaltenen Ankündigungen und stetig sinkenden Gewinnen.

So wollte Friedrich Franke von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger wissen, wie es um die Auslastung der Maschinen und die Stabilität der Finanzen steht sowie um Kurzarbeit bei Halloren. Finanzvorstand Andreas Stuhl, der die meisten der Aktionärsfragen beantwortete, erklärte, dass es in Halle einige Wochen Kurzarbeit gegeben habe. Derzeit würden in allen Firmenteilen die Maschinen voll ausgelastet arbeiten. Im vergangenen Jahr habe sich die finanzielle  Situation zudem verbessert. Das Eigenkapital sei gestiegen, die Verschuldung gesunken.

Sollen Kleinaktionäre rausgedrängt werden?

Der neue Großaktionär Charlie Investors hat Millionen von Euro in das Unternehmen gesteckt und hält nun  mehr als ein Viertel der Aktien. Hinter Charlie Investors steht der Ex-Investmentbanker und Immobilien-Unternehmer Darren Ehlert. Der  Amerikaner, der in Deutschland lebt, baut seinen Einfluss im der halleschen Firma aus. Am Mittwoch wurde mit  Christoph Schmid ein Vertrauter von Ehlert in den dreiköpfigen Aufsichtsrat gewählt. In diesem sitzt neben Ehlert noch Aufsichtsratschef und Großaktionär Paul Morzynski

Anwalt Daniel Dötsch von der Kanzlei Hengeler Mueller, der als Vertreter mehrerer Aktionäre auftrat, sagte: „Es sieht so aus, als ob Charlie Investors das Aktienvolumen weiter aufstocken will. Mit welchem Ziel?“ Ein anderer Kleinaktionär fragte zugespitzter: „Soll Halloren übernommen werden? Sollen die Kleinaktionäre rausgedrängt werden?“ Diese Fragen gehen in Richtung Verschwörungstheorie.

Was will der neue  Großaktionär?

Doch Darren Ehlert keilte ebenso zurück: Man müsse sich  fragen, warum  ein Anwalt einer der teuersten Kanzleien Deutschlands hier für Unruhe sorgt. Mit welchem Ziel solle ein Mittelständler durch  negative Presseberichte bedrängt werden? Auch diese Aussagen haben Verschwörungscharakter.

Kleinaktionärin  Helga Bock hält wenig von solchen Wortgefechten. Doch auch  sie würde gerne konkreter wissen, warum ein  Immobilien-Unternehmer sein Glück in der Schoko-Branche sucht. Ehlert hat dazu bisher immer gesagt, dass man gemeinsam den amerikanischen Markt  besetzen will. „Mein Investment ist langfristig angelegt“, so Ehlert.

  Der langjährige Aufsichtsratschef Morzynski versuchte, Bedenken zu zerstreuen. Er sieht in  Darren Ehlert einen Mann, „der  intensiv für den Erfolg von Halloren arbeitet“. Den Erfolg sieht Morzynski übrigens auch schon früher als der Vorstand zurückkehren: „Ich gehe davon aus, das wir bereits in diesem Jahr wieder  Gewinne erzielen.“ (mz)