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Affäre um Jobcenter-Chefin in Halle Affäre um Jobcenter-Chefin in Halle: Tempel ist ihren Job los

Von Felix Knothe 14.11.2014, 22:08
Schild «Agentur für Arbeit»
Schild «Agentur für Arbeit» dpa/Symbol Lizenz

Halle (Saale) - Sylvia Tempel, die als Behördenchefin jahrelang für zehntausende Langzeitarbeitslose in Halle zuständig war, ist nun selbst arbeitslos. Die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg hat der früheren Geschäftsführerin des halleschen Jobcenters fristlos gekündigt. Entsprechende MZ-Informationen bestätigte ein Sprecher am Freitag in Halle. Die Bundesagentur hat damit am Donnerstag auch arbeitsrechtlich die Konsequenzen gezogen aus der Affäre um die umstrittene Beschäftigung von Ein-Euro-Jobbern auf dem Privatgrundstück Tempels.

Agenturinterne Antikorruptionsermittlungen

Bereits am 26. September hatte die 51-Jährige ihren Posten als Jobcenter-Chefin verloren, war aber zunächst weiter Angestellte der Bundesagentur geblieben. Seit Monaten hatte es agenturinterne Antikorruptionsermittlungen gegen sie gegeben.
Tempel wird unter anderem eine zu große Nähe zu einem halleschen Bildungsträger vorgeworfen, der seit Jahren Weiterbildungs- und Eingliederungsmaßnahmen für das Jobcenter organisiert. Dazu zählen auch die beliebten Gartenschauen in der halleschen Neuen Residenz. MZ-Recherchen hatten ergeben, dass im Jahr 2012 mehrere Ein-Euro-Jobber Gegenstände einer Gartenschau nach deren Ende auf Tempels Grundstück im Landkreis Mansfeld-Südharz wieder aufbauen mussten. Zwar gab Tempel hinterher an, für die Gegenstände bezahlt zu haben. Von Ein-Euro-Jobbern auf ihrem Grundstück habe sie nichts gewusst.

Weitere Details zum Fall Tempel lesen Sie auf Seite 2.

Doch die Träger des Jobcenters, die Stadt Halle und die hallesche Dependance der Arbeitsagentur, entbanden sie mit Blick auf das gestörte Vertrauensverhältnis von ihren Aufgaben. Tempel, die daraufhin auf einen anderen Posten innerhalb der Bundesagentur versetzt werden sollte, war seither krankgeschrieben.

Seit Wochen ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Halle in der Affäre. Dennoch wird es wohl Monate dauern, ehe klar ist, ob die Vorwürfe gegen Sylvia Tempel auch juristisch relevant werden. „Wir stehen erst am Anfang der Ermittlungen“, sagte Staatsanwältin Heike Geyer zur MZ. Es gebe einen engen Austausch zwischen den Ermittlern und der Bundesagentur, heißt es von beiden Seiten.

Fristlose Kündigung gerechtfertigt

Nach MZ-Informationen hielt man in der Zentrale der Bundesagentur die Vorwürfe gegen Tempel nun aufgrund der Ermittlungen für so stichhaltig, dass eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sei. Tempel habe den hohen Anspruch an die Integrität einer Führungsperson in der Bundesagentur verletzt und gegen die gebotene Sensibilität als Agenturmitarbeiterin verstoßen. Sie hätte aus ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin heraus kein Geschäftsverhältnis mit einem Bildungsträger eingehen dürfen - also die Gegenstände der Gartenschau nicht privat erwerben dürfen. Zudem gehen die Ermittler nach MZ-Informationen davon aus, dass Tempel für die Gegenstände keinen marktüblichen Preis bezahlt hat.

Für die Kontrolle des Jobcenters ist die Trägerversammlung zuständig. Diese besteht lediglich aus zwei Personen: dem städtischen Beigeordneten für Arbeit Wolfram Neumann und der Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit Halle Petra Bratzke. Die Stadt, also Neumann, hat in der Trägerversammlung formal die Stimmenmehrheit. Entscheidungen zur Geschäftsführung müssen einstimmig fallen.

Beide Träger entsenden zudem zu ungefähr gleichen Teilen Mitarbeiter ins Jobcenter. Der Großteil der Vermittler und anderen Beschäftigten ist also nicht beim Jobcenter angestellt, sondern nur dorthin abgeordnet oder zugewiesen.

Die Stadt ist übrigens wiederum ebenfalls Vertragspartner des Jobcenters. Im städtischen Eigenbetrieb für Arbeitsförderung sind zahlreiche Ein-Euro-Jobber beschäftigt. Sie hatten unter anderem beim Hochwasser 2013 einen großen Anteil an den Deich- und Aufräumarbeiten. (xkn)

Sylvia Tempel hatte seit Anfang der 1990er Jahre in der Bundesagentur für Arbeit auf verschiedenen Stationen Karriere gemacht. Seit 2011 war sie alleinige Geschäftsführerin des halleschen Jobcenters. Die Behörde, die in der Saalestadt für rund 25 000 Hartz-IV-Empfänger zuständig ist, zählt zu den größten Jobcentern bundesweit. Sylvia Tempel geht juristisch gegen ihre Abberufung als Geschäftsführerin vor. Zur Kündigung durch die Bundesagentur wollte sie sich auf MZ-Nachfrage nicht äußern.

Ausrisse aus der Mitteldeutschen Zeitung zur Berichterstattung über Sylvia Tempel
Ausrisse aus der Mitteldeutschen Zeitung zur Berichterstattung über Sylvia Tempel
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Sylvia Tempel
Sylvia Tempel
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Ein Schild der "Agentur für Arbeit"
Ein Schild der "Agentur für Arbeit"
dpa Lizenz