Adventskalender Adventskalender: Dampf ablassen am Zigarillo
Halle/MZ. - Ein Ordnungsamtsleiter, egal in welcher Stadt, hat öfter Probleme mit seinen Bürgern. Frank Helmenstein geht es in Halle nicht anders. "Da kommt zum Beispiel eine Frau in mein Büro und beklagt sich heftig, dass ihr Auto abgeschleppt wurde", schildert der gebürtige Gummersbacher. Kann er ihr wegen der Kosten helfen? Wohl nicht, wenn der Wagen im Parkverbot stand.
Ein Amtsleiter muss Streit aushalten und höflich bleiben. Helmenstein - seit seinem Einzug ins Rathaus am 1. April 1994 bekannt für gute Manieren und absolut gepflegtes Äußeres - gelingt das in aller Regel. Seit 1. September 2002 sitzt der 38-Jährige nun auf diesem Ordnungsposten. Auf dem es schnell mal Ärger geben kann. Hat sich der Rauch verzogen und der (ungebetene) Besuch sein Zimmer im achten Stock des Neustädter Verwaltungsbaus verlassen, dann beginnt es erst richtig zu qualmen bei dem studierten Volljuristen. Dann nämlich greift Frank Helmenstein zum Zigarillo und zur Streichholzschachtel.
Das beruhigt ihn. Obwohl man von ihm den Eindruck hat, dass er Stress auch bewältigen könnte ohne zu paffen. "Das Rauchen ist eine Schwäche von mir. Ja, es ist eine Sucht", sagt er. Und es ziehen Bilder aus seiner Studentenzeit an ihm vorbei. "Vier Schachteln Zigaretten am Tag. Das war ein bisschen sehr viel. Das war kein Genuss mehr."
Diese Phase liegt hinter Helmenstein. Ein naher Verwandter verstarb damals in viel zu jungen Jahren an Krebs, verursacht durch das Rauchen. "Das hat mich schwer mitgenommen", sagt Helmenstein. Er schwor der Zigarette ab, überwand sich, weniger zu rauchen. Es gelang durch den Wechsel zum Zigarillo. Denn ein Zigarillo anzuzünden, das überlege man sich in aller Regel gut. Das tue man nicht auf die Schnelle, rasch mal zwischendurch, "denn man braucht Zeit und Ruhe, um es zu genießen."
Helmenstein redet unbefangen über seinen Lust am Tabak, gleichwohl rät er jedem davon ab. In einer noblen Holzschatulle mit eingelassener Glasscheibe bewahrt er zu Hause zahlreiche Stücke auf. Auch geschenkte Schachteln sind darunter, teure und weniger teure. Die Cohiba, eine von Hand gedrehte Sorte, die auch der Kanzler raucht, zählt zu den Edlen. "Eine Cohiba zu rauchen, muss man einen besonderen Anlass haben", sagt Helmenstein. Für alle Tage sei sie viel zu schade, da greife er auf Sumatra Biddies zurück, die gingen auch vom Preis her. "Holländische Sorten haben das beste Preis-Leistungs-Verhältnis", stellt er fest.
Doch egal welche Sorte - inhaliert wird der Qualm nicht, lautet ein Prinzip, an dem der beamtete Stadtverwaltungsdirektor (verheiratet, zwei Kinder) streng festhält. Und vor dem Frühstück wird auch nicht geraucht. Das erste Zigarillo gibt es erst morgens nach der Ankunft im Büro.
Im Verhältnis von Rauchern und Nichtrauchern wünscht sich Helmenstein Toleranz und Rücksichtnahme, zuerst seien aber die Raucher gefordert. Zu schaffen macht ihm, dass die - auch in Halle - überall ihre Kippen herumliegen lassen. Das stört ihn nicht nur als Amtsleiter, der geradezu exemplarisch auf Sauberkeit im Stadtgebiet achten muss, sondern schon vom Prinzip her. "Ich habe immer eine kleine Metallschachtel dabei, in die ich meine Reste hineintun kann."
Helmenstein, dem auch Halles Politessen unterstehen, wird also nicht erwischt werden beim Wegwerfen eines Stummels. Das wäre auch ärgerlich, ist er doch um ein gutes Verhältnis zu seinen insgesamt 200 Mitarbeitern bemüht. "Lieber Dampf ablassen an einem guten Zigarillo als an ihnen", sagt er.