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Adressen und Namen Adressen und Namen: Stadt verkauft die Daten der Hallenser

Von Jan-Ole Prasse 23.04.2014, 20:52
Der Marktplatz in Halle
Der Marktplatz in Halle Silvio Kison Lizenz

Halle (Saale)/MZ - Die persönlichen Daten sind mittlerweile eine Währung geworden - auch in Halle. Und die Stadtverwaltung verdient mit der Weitergabe der Adressen und Namen ihrer Einwohner an Firmen und Vereine gutes Geld. Im vergangenen Jahr waren es 62.256 Euro - rund 4.000 Euro mehr als noch zwei Jahre zuvor. Ausgeschlossen von der Adressweitergabe durch das Einwohnermeldeamt sind aber Parteien. Der Stadtrat hatte dies nach einem Versuch der rechtsextremen NPD, ebenfalls an Adressdaten zu kommen, per Beschluss unterbunden.

Der Handel mit den Adressen und Namen der Hallenser ist rechtlich nicht zu beanstanden. Laut sachsen-anhaltischem Meldegesetz darf das Einwohnermeldeamt Auskünfte erteilen - auch an Adresshändler sowie Werbe- und Inkassofirmen. Insgesamt 10.376 mal wurden im vergangenen Jahr Daten weitergeben. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein leichter Rückgang um 900. Allerdings sind im gleichen Zeitraum die Gebühren pro Auskunft von fünf auf sechs Euro gestiegen. In diesem Jahr sind bisher rund 3.000 Anfragen beim Einwohnermeldeamt eingegangen. Wie viele Adresshändler Auskünfte haben wollen, ist nicht klar. „Darüber wird keine Statistik getrennt nach Bereichen geführt“, sagte Sprecher Drago Bock auf MZ-Anfrage.

Jeder Hallenser kann Widerspruch gegen die Weitergabe seiner Daten durch das Einwohnermeldeamt einlegen. Dabei können auch nur einzelne Bereiche - beispielsweise Unternehmen, Medien oder Kirchen - von der Nutzung der Daten ausgeschlossen werden. Die Formulare für den Widerspruch gibt es im Ratshof beim Bürgerservice oder auf der Internetseite der Stadt. Der Widerspruch gilt unbefristet. Eine Begründung, warum die Daten nicht weitergegeben werden sollen, ist nicht nötig.

Grundsätzlich können die Daten aller Hallenser durch die Stadt weitergegeben werden. Das Meldegesetz sieht vor, dass die Bürger ausdrücklich der Weitergabe widersprechen müssen. Dafür müssen sie ein Formblatt ausfüllen. Datenschützer kritisieren diese Praxis seit langem. „Die Einwilligung und nicht der Widerspruch müsste die Regel sein“, sagte der stellvertretende Landesdatenschutzbeauftragte in Sachsen-Anhalt Albert Cohaus auf MZ-Anfrage.

Halle ist allerdings die Hauptstadt der Widersprüche in Sachsen-Anhalt. Derzeit haben rund 37.000 Bürger, 16 Prozent der halleschen Einwohner, die Weitergabe ihrer Daten untersagt. Das sind 3.000 mehr als noch vor zwei Jahren. Zum Vergleich: In Wittenberg und in Quedlinburg sind es beispielsweise nur etwa fünf Prozent der Einwohner.

Künftig wird sich diese Praxis ändern. Nach dem neuen Bundesmeldegesetz, das am 1. Mai des kommenden Jahres in Kraft tritt, müssen Adresshändler und Werbefirmen die Einwilligungen der Bürger zur Weitergabe ihrer Daten vorlegen. Für Cohaus ist das ein Schritt in die richtige Richtung: „Das ist immerhin besser als die alte Regelung.“