Abwasserverband Queis/Dölbau Abwasserverband Queis/Dölbau: Polizisten versiegeln Büros

Landsberg - Im Örtchen Queis (Stadt Landsberg) unweit der Stadtgrenze von Halle tobt ein im Saalekreis seit Jahren beispielloser Streit zwischen Kommunalpolitikern. Der gipfelte am Donnerstag darin, dass Polizeibeamte die Büros des Abwasserzweckverbandes (AZV) Queis/Dölbau versiegelt haben. Vorerst darf dort niemand hinein. Die einzige Mitarbeiterin muss deshalb ungewollt frei machen.
Chef beurlaubt
Die Hauptakteure in dem Zwist: der ehrenamtliche Geschäftsführer des AZV, Holger Rupp, und der Vorsitzende der AZV-Verbandsversammlung, Georg Scheuerle. Die Verbandsversammlung, der sechs Vertreter der Mitgliedsgemeinden angehören, ist das höchste Beschlussgremium. Scheuerle wirft seinem Kontrahenten vor, dem Verband finanziell geschadet zu haben. Nachdem der Geschäftsführer von der Verbandsversammlung vergangenen Montag beurlaubt worden war, hatte Scheuerle Rupp zudem Hausverbot erteilt.
Rupp schickte sich gestern Vormittag trotzdem an, die Räumlichkeiten des AZV zu betreten. Scheuerle wollte das Hausverbot durchsetzen - mit Hilfe der Polizei. Weil die Beamten vor Ort nicht klären konnten, wer von den Widersachern im Recht ist, versiegelten sie kurzerhand die ganze Geschäftsstelle. Jetzt dürfen weder Rupp und Scheuerle noch die Mitarbeiterin und Bürger in die Büros.
Die Schließung der Geschäftsstelle durch die Polizei könnte den Abwasserzweckverband Queis/Dölbau auf unbestimmte Zeit handlungsunfähig machen. Denn wenn weder Führungsmitglieder noch Mitarbeiter in die Büros dürfen, können auch mögliche Anfragen und Probleme von AZV-Kunden nicht geklärt werden.
Laut Polizei werde die Versiegelung „bis zur Klärung der Verantwortlichkeit“ aufrechterhalten. Wann das so weit sein wird, ist unklar.
AZV-Geschäftsführer Holger Rupp kritisierte, Georg Scheuerle könne als Chef der Verbandsversammlung keine Hausverbote aussprechen. Beide wollen dies nun mit Hilfe der Kommunalaufsicht klären.
Zu den genauen Gründen, die zu Rupps Beurlaubung geführt haben, wollte sich Scheuerle nicht konkret äußern. „Das ist in nicht öffentlicher Sitzung erfolgt“, sagte er. Nach MZ-Informationen ist ein brisantes Schreiben der Kommunalaufsicht des Saalekreises an den AZV Anlass für die Entscheidung. In dem vertraulichen Papier, das der MZ vorliegt und in dem der AZV um Stellungnahme gebeten wird, kündigt die Behörde an, stellvertretend für den Verband von Rupp 20 623,50 Euro an Aufwandsentschädigungen zurückfordern zu wollen. Dieses Geld habe der Geschäftsführer zwischen Januar 2010 und März 2013 zu Unrecht und zusätzlich zu seiner monatlichen pauschalen Aufwandsentschädigung erhalten. Bei der Summe handele sich um Ausgleichszahlungen für Telefon- und Reisekosten sowie um Vergütungen von Arbeitsstunden, die Rupp geltend gemacht hatte.
Rupp, der auch Ortsbürgermeister im Landsberger Stadtteil Reußen ist und der über Jahre im Stadtrat gesessen hat, wies die Vorwürfe zurück. Gegen eine mögliche Rückforderung werde er Widerspruch einlegen. „Dann wird das alles geklärt“, sagte er zur MZ. Die Aufwandsentschädigungen seien auf Veranlassung der Verbandsversammlung sowie nach Prüfung durch ein Steuerbüro und durch die Kommunalaufsicht gezahlt worden, so Rupp. Seine Beurlaubung sei aus formellen Gründen rechtlich unzulässig.
Kontrahenten auch im Stadtrat
Der AZV entsorgt das Abwasser von tausenden Kunden in Teilen der Stadt Landsberg und der Gemeinde Kabelsketal. Dass sich die Aufsicht mit Rupp befasst hat, geht auf Scheuerle zurück. Der Landwirt aus Queis hatte die mutmaßlich unzulässigen Auszahlungen an den Geschäftsführer Mitte 2013 der Behörde angezeigt. Rupp meinte am Donnerstag, dass Scheuerle ihm aus persönlichen Gründen schaden wolle. In einem von Scheuerle ebenfalls angestrengten Strafverfahren sei er bereits freigesprochen worden, so Rupp. Scheuerle wiederum beteuerte, Transparenz im Verband durchsetzen zu wollen. Obwohl beide in der CDU, galten die Männer auch im Stadtrat über Jahre als politische Gegner. Rupp ist inzwischen aus der CDU ausgetreten. In den Stadtrat ist der Reußener - im Gegensatz zu Scheuerle - im vergangenen Mai nicht wieder gewählt worden. (mz)