450 Pferde unter der Haube
MERSEBURG/MZ. - Drückt der 22-Jährige aufs Gas und lässt die Sinter-Kupplung schnipsen, rächt sich jedes Körpergramm. Unter Begleitung von dumpfjaulendem Motorsound wird man erst derb in den Beifahrersitz gedrückt, bei jedem Bremsen wiederum ruckartig und entgegengesetzt in den Gurt gezogen.
Keine Frage, Nils Kloss hat ein Geschoss. Unter der Motorhaube seines Skoda Oktavias schlummern 450 Pferde. "Es dürfte weltweit der stärkste Oktavia sein", sagt der Tuner. Nur einmal habe er Vollgas geben können. "Die Höchstgeschwindigkeit wurde per Satellit gemessen. Das Maximum liegt bei 288 Stundenkilometern", ist er stolz. Weder im Internet und Fachzeitschriften noch auf diversen Automessen sei er auf ein derartiges tschechisches Kraftpaket gestoßen.
Nur bei der Kfz-Breite muss er dann doch passen. Sein Oktavia, der mit 2,20 Metern fast Lkw-Breite erreicht, konnte von einem italienischen Autotuner getoppt werden. Um aus einem serienmäßigen Oktavia einen solchen Boliden zu machen, hat Kloss im Autohaus seines Vaters vier Jahre lang geschraubt. "Was ich investiert habe, möchte ich lieber nicht nachrechnen", sagt der Bad Lauchstädter, der sein Wägelchen nur bei Schönwetter und auf Automessen präsentiert.
Der Wagen in "Red-to-Gold"-Lackierung besitzt alles, was Tunerherzen höher schlagen lässt: Flügeltüren, 19-Zoll-Tiefbett-Felgen, einen Ladeluftkühler, ein Blow-Off-Ventil sowie eine Zwölf-Kolben-Bremsanlage. Allerdings ist sein Auto jetzt kein waschechter Skoda mehr. Seinen Leistungsschub hat er einer Einspritzanlage vom Audi S3 und einem 2,8 Liter-Sechszylinder-Motor vom Golf 4 mit Turbolader zu verdanken.
Kraft und Geschwindigkeit - das hat Menschen zu jeder Zeit gereizt. Auch Nils Kloss. "Ich wollte immer Jet-Pilot werden", sagt er. Doch leider sei er beim Eignungstest an der Offiziers-Prüf-Zentrale als nicht tauglich eingestuft worden. Trotzdem landete er bei der Luftwaffe. "Ich absolviere jetzt als Zeitsoldat eine Ausbildung zum Fluggerät-Mechaniker für Helikopter. Da stehen die Chancen gut, dass ich doch noch meinen Pilotenschein machen darf. Allerdings nicht für Jets, sondern für Hubschrauber".
Wöchentlich fährt Nils Kloss jetzt zur Bundeswehrschule nach Cuxhaven. Der Super-Skoda bleibt daheim. Aus Vernunft. "Der schluckt auf 1 000 Kilometer 400 Euro Benzin", sagt Kloss. Für den Alltag habe er sich mit einem Dieselfahrzeug angefreundet. Und an diesem Gefährt ist auch noch alles serienmäßig vorhanden.