2004: Leiche in der Saale 2004: Leiche in der Saale : Betongewichte an den Füßen

Halle (Saale)/MZ - Der Ratswerder und die Genzmer Brücke in Halle sind beschauliche Orte, an denen die Hallenser gerne spazieren gehen. Und ein Spaziergänger war es, der am 26. Juni 2004 um 17.20 Uhr an dieser Stelle einen grausigen Fund machte: eine Leiche in der Saale.
Der Mann war augenscheinlich hingerichtet worden. Der Kopf des Toten waren mit Klebeband umwickelt, seine Hände ebenfalls mit Klebeband auf dem Rücken gefesselt. Und die Füße waren mit Ketten an zwei Beton-Verkehrssockel befestigt.
„Schon die Situation, in der der Tote aufgefunden wurde, machte klar, dass hier ein Selbstmord nicht möglich ist“, sagt Staatsanwalt Klaus Wiechmann. Durch die schweren Betonsockel konnte die Leiche aber auch nicht weit getrieben sein, sondern muss schon in der Nähe der belebten Stelle in die Saale gebracht worden sein. Rätsel gab den Ermittlern damals aber auch auf, dass keine sogenannten Fremdspuren an der Leiche gefunden wurden: keine Hinweise auf Schüsse, Erwürgen oder Kopfverletzungen. Trotz umfangreicher Ermittlungen konnte dieser Fall nie geklärt werden - bis heute ist der Mörder nicht bekannt. 22 Aktenbände füllen die Vernehmungen, Tatortarbeit, die Berichte der Gerichtsmedizin und anderes. Gegen mehrere Personen gab es einen Anfangsverdacht, der aber nicht bestätigt wurde - alle hatten ein Alibi, berichtet Staatsanwalt Wiechmann.
Wer der Getötete war, das konnte leicht festgestellt werden. An der Leiche wurde eine Brieftasche mit Papieren gefunden: ein 47 Jahre alter Mann aus Sachsen. Die Überprüfung ergab, dass der Mann auch tatsächlich derjenige war, der auf dem Ausweis abgebildet war - denkbar wäre schließlich auch gewesen, dass dem Toten eine falsche Identität von dem Täter untergeschoben wurde. „Der Mann aus Radeberg war arbeitslos, aber eine Art Lebenskünstler“, berichtet Wiechmann von den Ermittlungen. Der allein lebende Mann hatte eine tschechische Freundin, die im Nachbarland als Prostituierte arbeitete. Auch sie schied als Täterin aus. Das zumindest hatte die Vernehmung der Frau vor Ort ergeben, zeigt ein Blick in die Akten von damals.
Eine wichtige Spur in dem Fall war eine ganz andere: Es könnte bei dem Mord um viel Geld gegangen sein. Der 47-Jährige, so die Vermutung der Polizei, hatte offenbar von einem Konto erfahren, auf dem zwölf Millionen Euro liegen sollen. Nach Unterlagen, die zu diesem Konto führen, soll er gesucht haben - vielleicht auch über einen Mann aus Halle, den er hier den Ermittlungen zufolge besucht hatte.
„Ob die Sache mit dem Konto Spinnerei oder Wichtigtuerei war, wissen wir nicht“, sagt der Staatsanwalt. Denn trotz der Rechtshilfe der tschechischen Behörden wurde dieses Konto nie ausfindig gemacht. Aber die Vermutung bleibt, dass mit diesem Konto Geldwäsche betrieben worden sein könnte und die organisierte Kriminalität am Werk war. War die Mafia verantwortlich für den Tod des 47-Jährigen? Die Obduktion der Leiche brachte die Ermittler jedenfalls nicht weiter: Die genaue Todesursache konnte nicht ermittelt werden, da die Leiche hierfür schon zu lange im Wasser lag - vielleicht schon bis zu drei Wochen, mindestens aber einige Tage. Und auch das wirft Fragen auf: Durch die Betongewichte an den Beinen konnte die Leiche kaum weit weg treiben und blieb lange an der belebten Stelle an der Saale unentdeckt.
Selbst toxikologische Untersuchungen und die Überprüfung der Fingerabdrücke brachten keine weiteren Hinweise. Der Fall, für den sogar eine Mordkommission „Saale“ installiert worden war, ist bis heute ungeklärt.