1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Gräfenhainichen
  6. >
  7. Sohn muss bei Regen aussteigen: Sohn muss bei Regen aussteigen: Warum sich ein Pfarrer mit der Busfirma Vetter anlegt

Sohn muss bei Regen aussteigen Sohn muss bei Regen aussteigen: Warum sich ein Pfarrer mit der Busfirma Vetter anlegt

Von Julius Jasper Topp 23.10.2019, 11:01
Busse der Vetter GmbH fahren zwischen Gräfenhainichen und Dessau.
Busse der Vetter GmbH fahren zwischen Gräfenhainichen und Dessau. [email protected]

Gräfenhainichen - „Es wird in letzter Zeit viel über das Klima geredet und dass man als Bürger vernünftigerweise öffentliche Verkehrsmittel nutzen soll. Der Wille dazu ist uns erst einmal wieder gründlich vergangen“, schreibt Ronald Kleinert. Er ist Pfarrer in der evangelischen Gemeinde Gräfenhainichen. Grund für den Ärger ist allerdings ein weltlicher Fall: Kleinerts 14-jähriger Sohn ist im strömenden Regen in Dessau-Mildensee aus dem Bus geworfen worden. Offenbar, weil er das falsche Ticket gelöst hatte.

Kein „Mutti-Taxi“

Der Junge habe einen Praktikumsplatz in Dessau ergattert und müsse deswegen täglich von Gräfenhainichen pendeln. „Um seine Selbstständigkeit zu fördern, wird er nicht von Mutti chauffiert, sondern nimmt den Bus“, schreibt Kleinert.

Nun hat sich der junge Mann offenbar von den verschiedenen Tickets, die es zwischen den beiden Kreisen gibt, das falsche ausgesucht. Er kaufte wohl ein Ticket der Dessauer Verkehrs GmbH (DVG), das aber nicht bis Gräfenhainichen reicht. Die richtigen Tickets gibt es - so erfuhr die Familie erst nachträglich - nur direkt im Bus, nicht aber am Fahrkartenautomaten. Der Preis hingegen - ist der exakt gleiche. 3,50 Euro kosten beide Tickets.

Das falsche Ticket hatte der Busfahrer laut Kleinert bereits in den ersten beiden Tagen des Praktikums bemerkt, er sagte aber wohl nichts. Am Mittwoch, dem dritten Tag des Praktikums, verwies er den 14-Jährigen in Dessau-Mildensee dann des Busses. „Muss er den 14-Jährigen bei heftigem Regen irgendwo auf der Strecke aussetzen, wo doch der Preis des gekauften Tickets genau der Höhe des Fahrpreises nach Gräfenhainichen entsprach?“, fragt Kleinert. Er kritisiert das Busunternehmen Vetter, dessen mangelnde Kulanz und auch den Umgang, den er und seine Frau dort nach ihrer Beschwerde erfahren hätten.

Vorher informieren

Bei der Vetter GmbH sieht man das hingegen anders. „Wenn ich eine Fahrt antrete, informiere ich mich vorher, welche Fahrscheine ich brauche“, sagt Elke Kraatz, Betriebsleiterin in Wittenberg bei Vetter. Schiefgelaufen sei seitens ihres Unternehmens hier nichts. Nicht jeden Tag könnten alle Fahrscheine kontrolliert werden. Der Junge sei mit dem falschen Fahrschein erst am Mittwoch aufgefallen. Vorher habe der Busfahrer das nicht bemerkt, widerspricht sie der Darstellung von Kleinert.

Und zum Rauswurf im Regen sagt sie: „Sein Fahrschein galt bis zum Strandbad Adria in Dessau. Der Busfahrer hat ihn aber lieber schon an der Haltestelle Mildensee abgesetzt, weil dort bessere Verbindungen erreichbar sind.“ Zudem hätte sich der Junge dort ja unterstellen können. „Wir sind schon oft kulant. Irgendwann geht das aber nicht mehr, auch weil wir zahlreiche Betrugsfälle hatten“, sagt Kraatz.

„Da wird gleich von Betrug ausgegangen. Dass der Fahrgast auch einfach einen Fehler gemacht haben könnte, wird da gar nicht in Betracht gezogen“, entgegnet Kleinert gegenüber der MZ. In der Zentrale von Vetter in Zörbig seien seine Frau und er zudem recht brüsk abgefertigt worden, beschwert er sich. „Ist das ein Verhalten, das von einem Dienstleistungsunternehmen und seinen Mitarbeitern erwartet werden kann?“, fragt er.

Das Beschwerdemanagement habe funktioniert, sie habe mit dem Fahrer gesprochen. In diesem Fall sei aber nichts schiefgelaufen, bekräftigt Elke Kraatz. Die Beschwerde der Eltern sei schließlich auch „nicht sehr nett“ vorgebracht worden. (mz)