1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Gräfenhainichen
  6. >
  7. Reiterhof in Strohwalde: Reiterhof in Strohwalde: Wieder in den Ritt kommen

Reiterhof in Strohwalde Reiterhof in Strohwalde: Wieder in den Ritt kommen

Von Paul Damm 03.06.2020, 08:18
Aufgereiht von klein bis groß: Kerstin Schulz steht mit der aufgeblasenen „5“ zwischen ihren Schützlingen.
Aufgereiht von klein bis groß: Kerstin Schulz steht mit der aufgeblasenen „5“ zwischen ihren Schützlingen. Paul Damm

Strohwalde - „Hier war gar nichts - nur eine Müllhalde“, sagt Kerstin Schulz und schaut sich um. Als sie vor mehr als fünf Jahren ein Grundstück in Strohwalde bei Gräfenhainichen erwarb, stand sie ganz am Anfang: einsturzgefährdete Ställe, meterhohe Müll- und Schuttberge, zugewucherte Wege. 28 Jahre Leerstand hatten deutliche Spuren hinterlassen. „Ich war zwischenzeitlich am Verzweifeln und hätte am liebsten alles hingeschmissen“, gibt Schulz zu. Doch sie wollte ihren Traum verwirklichen und einen eigenen Reiterhof aufbauen.

Viel auf die Beine gestellt

Inzwischen hat sich viel getan. Schon von weitem hört man die Pferde wiehern, es sieht aufgeräumt und ordentlich aus. „Ich kann es immer noch nicht so recht glauben, was wir allein auf die Beine gestellt haben“, sprudelt es aus Kerstin Schulz freudig heraus. Das eingestürzte Stalldach wurde wieder aufgebaut, der Paddock - ein umzäunter Auslauf für die Pferde - ist von mehr als 40 Holunderbüschen befreit worden. Auch mehrere Tonnen Sand waren nötig, um den Reitplatz herzurichten. Am 15. Mai feierte der kleine Reiterhof „Am Gremminer See“ nun sein fünfjähriges Bestehen.

„Es war ein unbeschreibliches Gefühl. Wir haben so viel Zuspruch für unsere Arbeit erhalten - das macht mich stolz“, berichtet die 50-Jährige gerührt. Denn in der bisherigen Zeit konnte die Trainerin schon viele Nachwuchsreiter für sich gewinnen. Anders als bei einem Reitverein fallen in Strohwalde keine monatlichen Mitgliedsgebühren an. „Hier bezahlt jeder pro Unterrichtsstunde und kann sich frei aussuchen, wann er das nächste Mal wiederkommen möchte“, berichtet die ausgebildete Reitlehrerin.

Etwa 30 Heranwachsende besuchen mehrmals pro Woche den Reiterhof, um ihre Fähigkeiten auf dem Pferd zu verbessern. Und die Regelmäßigkeit zahlt sich aus. Nur so kämen sie auch voran und würden wichtige Methoden im Bereich Dressur oder Springsport lernen.

„Je länger die Abstände zwischen den einzelnen Trainingsstunden, umso größer ist die Gefahr, dass vieles wieder vergessen wurde“, erklärt Kerstin Schulz. Vor allem sei wichtig, dass die Kinder nicht niedergeschlagen sind, wenn es an einem Tag mal nicht wie erwartet geklappt hat. „Die Pferde sind nun mal kein Sportgerät, das immer auf Knopfdruck funktioniert“, sagt die Trainerin mit einem Schmunzeln.

„Lächeln ist wichtig“

Die elfjährige Pia kommt regelmäßig nach Strohwalde. Sie gehört zu den ersten aktiven Reiterinnen auf dem Hof, lernte schnell das Handwerkszeug und entwickelte sich immer weiter. Mit dem Pferd „Sissi“ nahm sie schon an Turnieren teil. „Die Richter achten auf die Verbindung zum Pferd, Lächeln ist auch sehr wichtig“, sagt sie.

Neben den Reitstunden gibt es für die jungen Pferdefreunde auch noch andere Arbeiten auf dem Hof zu erledigen. Dazu zählen das Füttern der Tiere, das Aufkehren der Pferdeäpfel und die Fellpflege. „Ich beobachte immer, wer diese Arbeiten ohne Aufforderung erledigt - der hat sich dann nämlich eine Belohnung verdient“, sagt Schulz. Und darauf sind wohl alle scharf: mit dem Pferd eine ausgedehnte Runde im Wald oder auf Feldwegen reiten. „Das ist mal eine schöne Abwechslung, nicht immer nur auf dem Hof zu trainieren.“

Neben den klassischen Reitstunden bietet Kerstin Schulz auch Ferienkurse an. Für die Osterferien hatte sie eigentlich schon viele Anmeldungen, doch die Ausbreitung des Corona-Virus machte ihr einen Strich durch die Rechnung. „Das war eine schwere Zeit für uns“, konstatiert sie. Die Reitschüler fehlten, die Pferde konnten nicht genügend geritten werden - der Betrieb auf dem Reiterhof „Am Gremminer See“ stand still. „Wir hatten trotzdem viele Ausgaben. Unsere 25 Pferde brauchten weiterhin ihr Fressen, zudem standen tierärztliche Untersuchungen an“, sagt die Trainerin. Für einen Moment habe sie wohl schon mit dem Gedanken gespielt, einige Tiere abzugeben. Doch so weit hat es dann doch nicht kommen müssen.

Leonie, die Tochter von Kerstin Schulz, ist auch dem Reitvirus erlegen. Vor einer Woche feierte sie ihren 18. Geburtstag und erhielt von ihren Eltern ein ganz besonderes Geschenk. „Sie wollen, dass ich den Hof einmal übernehme. Das wird zwar eine große Herausforderung, doch ich weiß, sie werden mich auch weiterhin unterstützen“, erzählt die erfahrene Reiterin.

Im Sommer wieder Kurse

Für die Sommerferien sollen wieder Kurse angeboten werden. „Viele kommen sogar aus Brandenburg und Thüringen zu uns auf den Hof“, sagt Kerstin Schulz stolz. Am Gremminer See können die Reitschüler dann intensiv für mehrere Wochen die Reiterluft schnuppern. (mz)