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„Europa brennt“ Wie sich eine Schulklasse aus Hettstedt mit dem KZ-Außenlager in Wansleben auseinandergesetzt hat

Eine Schulklasse des Hettstedter Humboldt-Gymnasiums hat sich in einer Projektwoche mit dem KZ-Außenlager Wansleben beschäftigt und künstlerisch auseinandergesetzt.

Von Jörg Müller 07.09.2024, 14:15
Susanne Theumer, freischaffende Künstlerin und Leiterin der Kunstprojektwoche, mit den Schülerinnen Mary-Ann, Maja und Isabell (von links).
Susanne Theumer, freischaffende Künstlerin und Leiterin der Kunstprojektwoche, mit den Schülerinnen Mary-Ann, Maja und Isabell (von links). (Foto: Jürgen Lukaschek)

Wansleben/MZ. - „Europa brennt“ – das Thema der Kunstprojektwoche in der Gedenkstätte KZ-Außenlager Wansleben nimmt Bezug auf die aktuellen Krisen und Konflikte auf dem Kontinent. Es schlägt aber auch eine Brücke zu dem historischen Ort, wo Tausende Häftlinge 1944/45 unter unmenschlichen Bedingungen für die Rüstungsindustrie arbeiten mussten. Viele starben oder wurden ermordet. „Die Schüler sollen sich mit dem Ort auseinandersetzen“, sagt Susanne Theumer.

Die freischaffende Künstlerin aus Höhnstedt leitet die Kunstprojektwoche, die seit 2015 jedes Jahr in der KZ-Gedenkstätte stattfindet. Theumer ist auch stellvertretende Vorsitzende des Vereins zur Aufarbeitung der NS-Gewaltherrschaft Neu Mansfeld/Georgi. Der Verein, Vorsitzender ist Andreas Tautrim, betreibt die Gedenkstätte und organisiert Veranstaltungen und Forschungsprojekte.

›› Die Gedenkstätte ist auf Anfrage zu besichtigen. Informationen auf www.kz-wansleben.de.

Häftlinge leisteten Zwangsarbeit für die Rüstungsindustrie

In diesem Jahr hat die Klasse 10/1 des Hettstedter Humboldt-Gymnasiums an der Kunstprojektwoche teilgenommen, die durch die Initiative „Demokratie leben“ über den Kreis-Kinder- und Jugendring gefördert wird.

Die 22 Schülerinnen und Schüler erhielten zunächst eine Führung über das Gelände. Bis 1926 wurde hier Kali abgebaut. 1944 übernahm die SS die stillgelegten Schachtanlagen und richtete ein Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald ein.

Die Häftlinge mussten in den Schächten Neu Mansfeld und Georgi Teile für die Raketen V1 und V2 sowie für Flugzeuge fertigen. Kurz vor Kriegsende, im April 1945, wurden 2.000 Zwangsarbeiter auf einen Todesmarsch geschickt.

Entkräftete Häftlinge wurden erschossen. Seit 2007 engagiert sich der Verein für den Aufbau der Gedenkstätte mit Ausstellung und die Aufarbeitung der NS-Gewaltherrschaft in Wansleben.

Schüler setzen sich mit NS-Gewaltherrschaft in Wansleben auseinander

Nach der Einführung in den historischen Ort konnten sich die Schülerinnen und Schüler künstlerisch mit dem Thema auseinandersetzen. „Dabei ist ihnen alles freigestellt“, sagt Theumer. Sie selbst ist Grafikerin und arbeitet unter anderem mit der Technik der Kaltnadelradierung.

Diese hat sie auch der Klasse ans Herz gelegt. „Sie konnten aber auch mit Kohle oder Kreide zeichnen, malen, fotografieren, Collagen fertigen oder Texte schreiben.“ Auf dem Programm in der Projektwoche standen auch ein Schreibworkshop mit dem Schriftsteller André Schinkel aus Halle und ein Konzert des Musikers Jens Bühring.

Außerdem haben die Schülerinnen und Schüler den Friedhof in Wansleben, wo Häftlinge in Massengräbern liegen, und das Mahnmal besucht. Das 1946 von dem Bildhauer Richard Horn geschaffene Denkmal war das erste in Deutschland für die Opfer des Faschismus.

Die Gedenkstätte KZ-Außenlager Wansleben
Die Gedenkstätte KZ-Außenlager Wansleben
(Foto: Lukaschek)

„Es war sehr interessant und lehrreich“, sagt Jannik Schulz. Der Hettstedter, der sonst mit Kunst nicht so viel am Hut hat, wie er selbst sagt, hat unter anderem mit Druckgrafik gearbeitet. „Wir haben Karten zum Todesmarsch gezeichnet“, sagt er.

Außerdem haben er und seine Freunde ein Tagebuch der Projektwoche geschrieben. Maja Großmann hat sich mit Texten und Bildern beschäftigt und fotografiert. „Ich habe selbst Texte geschrieben und dazu gemalt“, sagt die Schülerin aus Arnstein. Da sie künstlerisch interessiert sei, sei die Projektwoche ein schönes Erlebnis gewesen.

Präsentation am Freitag

„Die Schüler waren unheimlich fleißig und konnten gar nicht mehr aufhören“, sagt Projektleiterin Theumer. Andrea Stüwe, Lehrerin für Deutsch, Ethik und Geschichte am Humboldt-Gymnasium, kann da nur zustimmen. „Ich bin mit dem Interesse und der Bereitschaft der Schüler sehr zufrieden“, sagt Stüwe, die das Kunstprojekt von Anfang an begleitet hat.

Die Ergebnisse der Projektwoche werden am heutigen Freitag ab 12 Uhr im Förderturmhaus präsentiert. Besucher sind dazu herzlich willkommen.