Weinanbau bei Rollsdorf Weinanbau bei Rollsdorf: Winzer in der Warteschleife

Rollsdorf - Jähe Wendungen sind im Leben nicht ausgeschlossen. Das muss jetzt auch der Winzer René Schwalbe erfahren. Das Haus an der Raststätte 1 in Rollsdorf, in dem er seit 1999 eine Kelterei betreibt, ist von den Besitzern zum Kauf angeboten worden. Dabei handelt es sich um eine Erbengemeinschaft, der auch ein Weinberg, Ackerland und eine kleine Kirschplantage am Kernersee gehört. Alles in allem sind das rund 3,5 Hektar. Land. 380 000 Euro wollen die Besitzer für alles haben.
„Ich habe damit gerechnet, dass es eines Tages so kommt“, zeigt sich Schwalbe wenig erschüttert von der überraschenden Nachricht. Und das hat seinen Grund. Zum einen besitzt er einen langfristigen Pachtvertrag für das Kellergewölbe, in dem seine Marke „Rollsdorfer Mühle“ lagert. Zum anderen befinden sich seine Weinberge, die rund fünf Hektar umfassen, in eigener Hand. Und zum dritten baut Schwalbe schon seit geraumer Zeit an einem Ausweichquartier.
Rund um den Süßen See wird seit mehr als 1 000 Jahren Wein angebaut. Vermutlich haben die Kelten die ersten Rebstöcke an den Hängen am See gepflanzt. Auf rund 84 Hektar erstreckt sich der Weinanbau heute. Außer der Winzergenossenschaft „auf der Platte“ in Höhnstedt gibt es mittlerweile ein Dutzend Winzer, die professionellen Weinanbau betreiben und den Rebensaft auch selber keltern und vermarkten. Neben dem Weingut „Rollsdorfer Mühle“ von René Schwalbe zählen dazu unter anderem die Weingüter Born und Hoffmann in Höhnstedt und Strohm in Seeburg. Die Weinbauorte rund um den Süßen See haben sich zur Weinstraße Mansfelder Seen zusammengeschlossen. Jedes Jahr laden sie zu zahlreichen Veranstaltung wie dem Tag des offenen Weingutes ein. Mehr Infos unter www.weinstrasse-mansfelder-seen.de
Es ist eine alte Wassermühle, die sich etwa einen halben Kilometer weiter auf dem Radwanderweg in Richtung Seeburg befindet. Dort wird Schwalbe bald mit seiner Lebensgefährtin Carmen Lemke und den zwei Kindern hinziehen, weil der Mietvertrag für seine Wohnung in dem alten Haus ausläuft. „Der Umzug steht bevor“, so Schwalbe.
In seinem neuen Quartier hat er für seine Familie ein paar Räume eingerichtet. „Alles denkmalgerecht“, wie er betont. Denn das Gemäuer stammt aus den Jahre 1475. Acht Jahre später sollte Martin Luther in Eisleben das Licht der Welt erblicken. „Da steckt schon eine Menge Geschichte drin“, schwärmt der 47 Jahre alte Winzer. Auf dem etwa einen Hektar großen Anwesen hält er auch eine Schafherde.
Aus Dornröschenschlaf geholt
Als der studierte Landwirt im Jahre 1999 gemeinsam mit Michael Nitzschke anfing, das mittelalterliche Gewölbe in Rollsdorf aus dem Dornröschenschlaf zu holen, hatte er noch andere Pläne. Er glaubte, das Haus, das einer alteingesessenen Familie gehörte, kaufen zu können. Mit dem Tod von „Tante Lenchen“, die ihnen den Weinkeller verpachtet hat, zerschlug sich dieser Wunsch.
In dem Kreuzgewölbekeller ist ursprünglich Höhnstedter Wein gekeltert worden, bis 1934 die Genossenschaft gegründet wurde. Danach gab es hier eine Brauerei mit Gasthof. Der Jungwinzer Schwalbe nahm sich der Anlage an. Mit seinen Weinen der Marke „Rollsdorfer Mühle“ hat er sich längst eine Namen weit über die Grenzen des nördlichsten Weinanbaugebietes in Europa gemacht. An schönen Wochenenden pilgern die Weinliebhaber in Scharen zu ihm, so wie beim traditionellen Winzerfest im September.
Das soll natürlich auch künftig so bleiben. Schwalbe hat zwar auch in seiner Wassermühle einen Verkostungsraum eingerichtet. Doch am liebsten würde er natürlich an der alten Adresse weitermachen. Er hat den Besitzern der Immobilie bereits eine Offerte auf ihr Angebot gemacht. Einer der Eigentümer bestätigt, dass der Winzer zu den Interessenten zählt, die sich bisher gemeldet hätten.
Das Haus habe seinen Charme, meint der Mann, über den der Hausverkauf läuft.
Und er würde sich freuen, wenn jemand den „Rohdiamanten erwirbt“, um das Objekt weiterzuentwickeln. Er hält den Verkaufspreis für angemessen, obwohl der Zahn der Zeit gehörig an dem Gebäude genagt hat. „Man muss jetzt abwarten, das ist auch eine Sache für Idealisten“, findet der Besitzer.

