Waffengeklirr auf Mansfeld
Mansfeld/MZ. - Tatsächlich scheinen hinter den Mauern der Burg die Uhren anders
zu ticken. Alle möglichen Händler haben altertümlich wirkende Stände aufgebaut. Der Besucher taucht ein in das 8. Internationale Mittelalterliche Spektakulum. Yvonne Weber aus Bennstedt ist mit dabei. Sie beschmiert Brote mit Kräuterbutter oder Fett. Vom Nachbarstand frotzelt ein junger Bursche: "Das ist die Kräuterzicke."
Yvonne Weber lacht, sie mag das altertümliche Treiben. Wie die anderen Teilnehmer des Spektakels ist sie fasziniert von dem Ambiente, das die Mansfelder Mauern bieten. Detlef Adolf, alias Graf Hoyer II. von Mansfeld, aber auch Vorsitzender des Vereins der Mansfelder Germanen, hat wieder Urlaub genommen, weil sonst die Organisation des Ganzen unmöglich zu bewerkstelligen wären. Viele Helfer haben sich mit Begeisterung engagiert, um den Gästen etwas zu bieten, was in dieser Form nur ganz selten zu finden ist.
Uwe Müller aus Mansfeld hantiert an einer altertümlichen Drechselbank. Die Maschine wird mit Muskelkraft angetrieben, die Technik ist über 1 000 Jahre alt. Sie wurde in der Grafschaft York im 8. Jahrhundert verwendet, lange bevor der erste Graf von Mansfeld die Bühne der Geschichte betrat. Uwe Müller hat eine solche Maschine voriges Jahr in England im Museum gesehen und war so begeistert, dass er sie nachbaute. Müller drechselt einen hölzernen Becher und gibt seiner zehnjährigen Tochter Lisa Hilfestellung, die auch mal mit dem Werkzeug hantieren will.
Ist er Tischler oder Drechsler von Beruf? "Nein", schüttelt er den Kopf. Er ist Tiefbauer, die Beschäftigung mit mittelalterlichem Handwerk ist einfach nur Hobby. Die ganze Familie hat, wie es scheint, Spaß daran. Müllers Bruder Jürgen, ebenfalls Tiefbauer von Beruf, betätigt den Blasebalg fürs Schmiedefeuer und wird von Sohn Christian (17) abgelöst, der ausstaffiert ist, als gehörte er mit zu Robin Hoods Mannen. Nach Abbruch des Lagers wird er sich wieder in einen Elektrikerlehrling verwandeln und brav die Schulbank drücken. Heute jedoch ist er im Mittelalter und hat Spaß daran.
Andreas Krämer schwingt den Schmiedehammer. Nebenan gibt es Abkühlung. Beim Bierkrugstoßen bekommen Neugierige, die sich zu nah heranwagen, schnell mal ein paar Spritzer ab. Jeanette Marquardt ist Schiedsrichterin. Wer es schafft, dem Bierkrug auf einer Rutschbahn einen solchen Schubs zu verpassen, dass er am Ende der Bahn stehen bleibt, ohne in eine mit Wasser gefüllte Wanne zu plumpsen, wird mit einer Flasche Wein belohnt. Zum Glück schaffen das nur wenige, weil man sonst um den Weinvorrat fürchten müsste. Die neunjährige Olivia strahlt, als ihr das Kunststück gelingt. Kinder beteiligen sich außer Konkurrenz am Wettbewerb, sie bekommen keinen Wein, für sie steht Süßes als Anreiz bereit.
Die Stimmung auf dem Schlosshof ist ausgezeichnet. "Mansfeld ist fast das Beste, was es gibt", versichert Heike Becker aus Frankfurt am Main, deren Tonfall sie jedoch als Thüringerin verrät. Der 19-jährige Sohn Dominic versucht die Leute für ein Bad im großen hölzernen Zuber zu gewinnen. Allerdings nur aus Spaß. Wegen der Hygiene. Im Zuber gibt es keine Umwälzpumpe, das ist einfach nur blankes Wasser ohne Chlorzusatz. Aber ein Schwapp mit der Kelle kann bei der Hitze nicht schaden.
Die Rittersleute, die sich bei brütender Hitze die eisernen Rüstungen verbeulen, lechzen jedenfalls nach Abkühlung. Ralf Okunick, ein Rittersmann aus Hildesheim, ist nach einem Gefecht schweißgebadet. Im Kampf ist es ordentlich zu Sache gegangen. Er und seine Mitstreiter üben, wie er versichert, im Alltag ganz normale Berufe aus. Er selbst arbeitet als Erzieher, allerdings ohne Rüstung und Schwert. "Wir waren voriges Jahr zum ersten Mal in Mansfeld. Es hat uns so gut gefallen, dass wir wiedergekommen sind", sagte er.
Ritter aus Dänemark und Tschechien haben diese Erfahrung schon vor Jahren gemacht. Sie kommen immer wieder gern, um ihre Schwerter sprechen zu lassen.