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Untersuchung zur Rettungswache Eisleben Untersuchung zur Rettungswache Eisleben: Viele Fehler bei Vergabe, Genehmigung und Bau

Von Joel Stubert 06.12.2017, 12:00
Die Eisleber Rettungswache ist seit über einem Jahr in Betrieb.
Die Eisleber Rettungswache ist seit über einem Jahr in Betrieb. Jürgen Lukaschek

Eisleben - Der Bau der neuen Rettungswache in Eisleben stand unter keinem guten Stern. Schon allein die Kosten überstiegen mit 5,8 Millionen Euro deutlich die vor Baubeginn angegebenen 3,5 Millionen Euro.

Seit rund einem Jahr ist die Rettungswache fertiggestellt, zur Ruhe kommt das Thema allerdings nicht. Der Landkreis hatte im März 2016 beschlossen, einen Akteneinsichtsausschuss zu bilden, der nun seine Untersuchung abschloss. Das Ergebnis ist mehr als deutlich: Bei Vergabe, Genehmigung und Bau wurde vieles falsch gemacht. Das Ergebnis des Akteneinsichtsausschuss, das der MZ vorliegt, liest sich wie eine Liste des Scheiterns.

Fachleute? Fehlanzeige! - Bei der Vorbereitung der Baumaßnahme Rettungswache gab es viele Versäumnisse

So fehlte im Vorfeld der Baumaßnahme eine ausreichende Vorbereitung, das heißt, die beim Landkreis vorhandenen Fachleute wurden „völlig unzureichend“ in die Maßnahmen einbezogen, wie es heißt. Dass ein Neubau errichtet werden soll, wurde nicht im Kreistag beschlossen, obwohl es das gemusst hätte. Zudem fehlte es an einer klaren Aufgabenstellung für die beteiligten Fachbereiche, ein Gesamtablaufplan für die Erstellung des Objektes war nicht vorhanden.

Schriftliche Anforderungen hinsichtlich Flächen, Zufahrts- und Abfahrtsmöglichkeiten sowie Erreichbarkeit oder Erweiterungsmöglichkeiten wurden nicht an die Architektin übergeben, die darüber hinaus keine Vorkenntnisse zu solch einem komplexen Vorhaben besaß.

Das heißt im Klartext: Der später erfolgte Baustopp wegen Planungsfehlern sowie etliche Verzögerungen und damit verbundene Mehrkosten waren beinahe zwangsläufig.

Auch die Rolle des damaligen Landrates Dirk Schatz (damals CDU) ist mehr als zweifelhaft. „Von der Planung über die Ausschreibung bis zur Abnahme einzelner Bauabschnitte beim Bau der Rettungswache agierte der ehemalige Landrat sehr eigenwillig und beratungsresistent“, heißt es im Bericht. „Zu einer fachlich fundierten Einflussnahme auf das Vorhaben fehlten ihm notwendige Fachkenntnisse und eine Ausbildung.“

Architektin hatte offenbar mehr Kompetenzen erhalten, als es rechtlich zulässig ist

Vor allem scheint er die Architektin, die insgesamt vier Verträge unterzeichnet hat, mit Kompetenzen ausgestattet zu haben, die gesetzeswidrig oder mindestens äußerst ungewöhnlich sind. Die Planungsaufgaben seitens der Architektin, die Schatz am 18. April 2012 unterzeichnete, hätten ausgeschrieben werden müssen, heißt es.

Zudem habe die Architektin auch Aufträge an Firmen vergeben, was eine Vertragsverletzung bedeutete - beim Bau der Rettungswache Eisleben war dies in der Anfangsphase der Fall. Der ehemalige Fachbereichsleiter und der ehemalige Landrat Schatz wiesen die Zahlung der für die Aufträge anfallenden Rechnungen dennoch an - trotz besseren Wissens.

Zentrale Vergabestelle des Landkreises bezeichnete die Ausschreibungen als „total fehlerhaft“

Die zentrale Vergabestelle des Landkreises bezeichnete die Ausschreibungen als „total fehlerhaft“. Begründet hat Schatz seine Einflussnahme mit einer Überlastungsanzeige eines Mitarbeiters. Laut Prüfung des Ausschusses hat es eine solche Anzeige aber nie gegeben. Es ist ein vernichtendes Urteil, das das Untersuchungsgremium fällt. „Als Folge der aufgeführten Mängel entstanden umfangreiche Mehrkosten“, heißt es dazu. Zur Erinnerung: Die Kosten beliefen bei Fertigstellung auf 5,8 Millionen Euro statt der vor Baubeginn veranschlagten 3,5 Millionen.

Als Konsequenz fordert der Akteneinsichtsausschuss nun, ein Kontrollsystem gegen Korruption einzuführen und künftig sicherzustellen, dass alle Kontrollgremien in entscheidende Vorgänge mit einbezogen werden. Zudem soll die Verwaltung die strafrechtliche Relevanz der Verstöße prüfen und gegebenenfalls zur Anzeige bringen. Die Mitglieder hoffen nun, dass die Kreisverwaltung diese Maßnahmen umsetzt, die der Kreistag im November mit großer Mehrheit bestätigte. (mz)

Dirk Schatz
Dirk Schatz
Archiv/Lukaschek