Theorie im Bergbau Theorie im Bergbau: Kupferschiefer stammt nicht aus dem Meer

Eisleben/Halle - Wie ist der Mansfelder Kupferschiefer entstanden? Für Generationen von Bergleuten ist die Antwort klar: Der Kupferschiefer hat sich vor circa 250 Millionen Jahren im sogenannten Zechsteinmeer abgelagert, das sich vom heutigen Gebiet der Nordsee bis nach England, die Niederlande, Deutschland, Dänemark, Polen und Litauen erstreckte. Auf dem Meeresboden habe sich im schwarzen Faulschlamm des Kupferschiefer-Sediments zeitgleich das Erz gebildet.
„Diese Theorie hält sich hartnäckig, gerade hier in der Region“, sagt der Geologe Gregor Borg (59). In der internationalen Fachwelt sei man sich dagegen einig, dass das Kupfer erst viele Millionen Jahre später gekommen sei - und es habe sich auch nicht aus dem Meer abgelagert, sondern sei gelöst in heißen Flüssigkeiten, die aus großer Tiefe kamen, über Risse und Störungen in die Erdkruste gelangt.
„Das Mansfelder Land ist geologisch eine sehr spannende Region“
Borg ist seit 1993 Professor für Petrologie (Gesteinskunde) und Lagerstättenforschung an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und beschäftigt sich unter anderem mit der Entstehung und Ausbeutung von Erzvorkommen. „Das Mansfelder Land ist geologisch eine sehr spannende Region“, sagt der Wissenschaftler. „Ich bin hier oft mit Studenten unterwegs.“ Und er halte auch Vorträge in der Region.
Der 19. Internationale Bergbau- und Montanhistorik-Workshop findet vom 28. September bis zum 2. Oktober in Wettelrode statt. Dazu werden circa 150 Fachleute aus mehreren europäischen Ländern erwartet. Die jährlichen Treffen werden seit 1998 von der Grubenarchäologischen Gesellschaft ausgerichtet. Mansfeld-Südharz und Sachsen-Anhalt sind erstmals Gastgeber. Kooperationspartner sind hier das Landesamt für Geologie und Bergwesen, die Rosenstadt Sangerhausen GmbH und das Erlebniszentrum Bergbau Röhrigschacht Wettelrode.
Anliegen der Workshops ist, Wissenschaftler, Vertreter der Montanindustrie, Vereine, ehrenamtliche Forscher und interessierte Privatpersonen zusammen zu führen. In den Vorträgen geht es vor allem um die Bergbaugeschichte, die Geologie und kulturelle Besonderheiten in der Veranstaltungsregion. In Wettelrode wird deshalb der Mansfelder Kupferschieferbergbau ein Schwerpunkt-Thema sein. Auch Exkursionen sind geplant.
Für die Teilnahme am Workshop ist eine Anmeldung auf www.montanhistorik.de erforderlich. Ohne Anmeldung können die Vorträge am Sonntag, 2. Oktober, 9 bis 12.30 Uhr, in der Musikschule Sangerhausen besucht werden.
Wenn Borg dann über die Herkunft des Kupferschiefers spricht und die wissenschaftlichen Belege präsentiert, sei es schon passiert, dass danach ein alter Bergmann zu ihm gesagt habe: „Mein Weltbild bricht zusammen.“ Die meisten würden aber akzeptieren, dass die Fakten gegen das Meerwasser-Modell sprächen.
Dass diese Theorie trotzdem nach wie vor weit verbreitet ist, habe zum Einen historische Gründe. „Sowohl in West-, als auch in Ostdeutschland war das wie ein Dogma.“ Zum anderen halte sich das Meerwasser-Modell wohl auch aus psychologischen Gründen. „Es ist so schön einfach und nachvollziehbar“, so Borg.
Der gebürtige Bochumer hat an der dortigen Ruhr-Universität von 1977 bis 1983 studiert und schon während des Studiums auch für ein Bergbau-Unternehmen gearbeitet. „Ich habe dann immer wieder zwischen Wissenschaft und Industrie gewechselt“, sagt der Geologe, der unter anderem seit vielen Jahren in Afrika, dem Nahen und Mittleren Osten tätig ist. Aber auch in Polen, wo sich eine der weltgrößten Kupferlagerstätten befindet, ist er bereits er als Student auf Exkursion gewesen.
Ein Argument gegen das Meeres-Modell sei, dass das Kupfer nur an sehr wenigen Stellen so reichhaltig gefunden werde. „Wenn es aus dem Zechsteinmeer ausgefallen wäre, müsste es doch flächendeckend vorkommen“, so Borg. Auch die vorhandenen Kupfer-Mengen - allein in Polen seien es insgesamt 55 Millionen Tonnen - hätten unmöglich aus dem Wasser ausfallen können. Am überzeugendsten sind aber die Ergebnisse einer Altersbestimmung, die Borg und ein kanadisches Team in Wettelrode durchgeführt haben. 200 Kupfererzproben seien genommen und untersucht worden.
Geologen finden zwei Phasen der Vererzung
Was dabei gefunden wurde, sei „sehr überraschend“ gewesen, so Borg. „Wir haben zwei Phasen der Vererzung: vor 149 Millionen Jahren und vor 53 Millionen Jahren.“ Die unterschiedlichen Alter seien auch mikroskopisch erkennbar gewesen. Dieses „international anerkannte“ Ergebnis steht natürlich im Widerspruch zu der traditionellen Theorie, die für die Kupfervorkommen von einem Alter von circa 250 Millionen Jahren ausgeht.
Für das „Störungs-Modell“ spreche auch, dass in vererzten Regionen die Erdkruste viele Störungen und Risse aufweise. „Das waren die Wanderwege für die metallreichen Flüssigkeiten“, so Borg. Vor allem an „Störungskreuzungen“ seien deshalb oft die Bodenschätze zu finden. „Das ist auch heute interessant, wenn man nach Orten sucht, wo sich Explorationsbohrungen lohnen könnten.“ Im Mansfelder Land gebe es zum Beispiel um Sittichenbach und auf dem Hornburger Sattel mehrere vererzte Störungen, hier allerdings nicht wirtschaftlich verwertbarer Art.
Gregor Borg wird beim Montanhistorik-Workshop in Wettelrode einen Vortrag halten. Er spricht am Mittwoch, 28. September, 15 Uhr, über das Thema „Kupferschiefer in Mitteleuropa - Lagerstätte und wirtschaftliche Relevanz“. (mz)