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Theater Eisleben Theater Eisleben: Sprachliche Herausforderungen bei der Inszenierung "Die Hose"

Von Detlef Liedmann 30.06.2017, 14:00
Christian Hellrigl, Almut Liedke und Annette Baldin (von links) sind drei der Akteure in der Komödie „Die Hose“.
Christian Hellrigl, Almut Liedke und Annette Baldin (von links) sind drei der Akteure in der Komödie „Die Hose“. Detlef Liedmann

Eisleben - Darf man Carl Sternheims Komödie „Die Hose“ mit Herbert Grönemeyer und Helene Fischer aufpeppen? „Sicher dat“ würde der Kölner antworten. Denn dem Publikum gefällt es, wie der überaus herzliche Beifall Mittwoch im Foyer des Eisleber Theaters gezeigt hat. Sogar Szenenapplaus gab es mehrfach. Ungewöhnlich für eine Inszenierung des Schauspielgenres.

Uraufführung Carl Sternheims Komödie „Die Hose“ war 1911

Die fünf Akteure spielten sich in der zweiten Vorstellung allesamt hervorragend durch die teilweise schwierigen Textpassagen, deren tieferer Sinn (Uraufführung war 1911) sich dem Uneingeweihten nicht in jedem Fall gleich beim ersten Hinhören erschließt. Und wenn man bedenkt, dass zwischen Premiere und zweiter Vorstellung unter anderem wegen des Sachsen-Anhalt-Tages fast drei Wochen Zeit gelegen haben und der Spannungsbogen neu aufgebaut werden musste, verdient das erst recht: Chapeau.

Vor 106 Jahren hat die Uraufführung noch zu einem Skandal geführt, das Stück des 1878 in Leipzig geborenen Sternheim wurde zeitweilig verboten. Dabei geht es doch gerade mal um ein gerissenes Bändchen und ein deshalb ins Rutschen geratenes Unterhöschen, das Luise Maske (Almut Liedke), ein knappes Jahr mit dem Beamten Theobald (Christopher Goetzie) verheiratet, zwei Verehrer beschert. Aber es geht freilich und vor allem auch um die Moral der wilhelminischen Zeit. Und da hat Sternheim seinen Zeitgenossen den Spiegel vorgehalten. Denn während Theobald Maske seine Frau wegen des gerissenen Hosenbändchens maßregelt, kommen ihm der noble Dichter Scarron (köstlich: Christian Hellrigl) und der schwächliche Friseur Mandelstam (wandelbar: Christopher Wartig), die seiner Frau eben wegen dieses Anblicks nachstellen, gerade recht, lassen sie doch als Untermieter die Kasse klingeln.

Nächste Aufführung der Komödie findet am 6. Juli statt

Und die Affäre hat am Ende nicht Maskes Frau Luise, Almut Liedke spielt hervorragend das zwischen Leidenschaft und Abscheu hin und her gerissene Mädchen, sondern er selbst. Und zwar mit Nachbarin Gertrud Deuter (wunderbar neugierig und schwatzhaft: Annette Baldin), die trotz ihrer schon mehr als 30 Lenze offenbar genau so unberührt ist wie Luise und nur darauf wartet, erobert zu werden. Es ist gewissermaßen Maskes Probeschuss. Denn nachdem er alle Miteinnahmen durchgerechnet hat, eröffnet er seiner Frau, jetzt könne er seiner Verantwortung, mit ihr ein Kind zu zeugen, gerecht werden. Und als hätte jemand nach zwei Stunden den Resetknopf gedrückt, ist die Stimmung bei Maskes so wie zu Beginn dieser Komödie: Bonjour Tristesse.

Für großes Kino hatte zuvor noch einmal Christopher Wartig mit zwei Kurzauftritten gesorgt. Im Original wird die Figur als Fremder bezeichnet. In der Inszenierung von Regisseurin Sonja Wassermann bekommt sie den Namen Stangelhöh - ein Wink.

Sonja Wassermann hat sich zwar weitgehend an die Vorlage gehalten, alles andere wäre auch nicht glaubhaft gewesen, ihre Akteure aber regelrecht von der Leine gelassen. Und damit nichts ablenkt, hat sich Ausstatter Eckhard Reschat auf das nötigste beschränkt. Lilli Möckel, die zurzeit ein Freiwilliges Soziales Jahr am Theater absolviert, sagte: „Es macht wahnsinnig viel Spaß, hier zuzuschauen.“ Und Recht hat sie. (mz)

Nächste Vorstellung findet am 6. Juli, 19.30 Uhr, im Theatergarten statt.